GeneSys-Projekt auf dem Prüfstand

22.02.2012

Mit der Geothermiebohrung Groß Buchholz Gt1 (Projekt GeneSys) will die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover über ein Einbohrlochkonzept das Geozentrum mit Wärme versorgen.

Ziel von GeneSys ist es, in einer Tiefe von ca. 3.700 Metern Gesteine des Mittleren Buntsandstein mithilfe entsprechender Wasser-Fracs aufzuschließen, in einer ca. 0,5 Quadratkilometer großen Bruchfläche (Wärmetauscher) das Wasser zu erwärmen und anschließend über die gleiche Bohrung wieder an die Erdoberfläche zur Wärmenutzung zurück zu fördern. Im Mai 2011 konnte der Wärmetauscher erfolgreich realisiert werden, ohne dass es zu messbaren seismischen Ereignissen gekommen ist. Im November 2011 musste die Rückförderung des injizierten Frischwassers infolge massiver Salzausfällungen jedoch nach wenigen Tagen gestoppt werden. Enerchange sprach mit dem BGR-Projektleiter Dr. Johannes Peter Gerling über die aktuellen Ereignisse und die weiteren Perspektiven des Projekts.

Enerchange: "Herr Dr. Gerling, Sie konnten in Ihrem Projekt GeneSys im Norddeutschen Becken erfolgreich einen Wärmetauscher im Untergrund herstellen. Nachdem Sie Ende des letzten Jahres erstmals Wasser rückfördern wollten, kam es zu Problemen. Was ist passiert?"

Gerling: "In dem artesisch aus dem Buntsandstein zutage geförderten Wasser wurden wichtige Parameter wie Temperatur, Gasgehalt und Chemismus gemessen sowie ggf. mitgeförderten Sedimentpartikel herausgefiltert. Unmittelbar danach haben wir das Wasser über den Ringraum, wie geplant wieder in den Wealden-Sandstein reinjiziert. Mit Rücksicht auf die Verhältnisse im ca. 1.200 m tiefen Wealden mussten wir das System mit gedrosselter Förderleistung fahren. Infolgedessen kühlte das im Buntsandstein etwa 160°C heiße Fracwasser bis zur Erdoberfläche auf weniger als 50°C ab. Dabei fielen aus dem im Frac total aufgesalzenen, ursprünglichen Frischwasser große Mengen Salz aus. Diese haben den Ringraum und den Förderstrang an zwei neuralgischen Punkten verstopft. Daraufhin mussten wir den Rückfördertest abbrechen."

Enerchange: "Waren diese Probleme nicht vorhersehbar?"

Gerling: "In Bohrkernen im Buntsandstein sowie aus den Bohrlochmessungen wurden Durchlässigkeiten von weniger als 0,1 Millidarcy gemessen bzw. ermittelt – wir sprechen also von dichten Gesteinen. Außerdem haben wir weder anhand der Bohrlochmessungen noch durch die mikroskopischen Bohrkernuntersuchungen nennenswerte Indikationen für Halit gehabt – nur in der REM-Analyse einer einzelnen Detfurth-Sandsteinprobe wurde Halit als Spurenelement identifiziert. Wir hatten meines Erachtens also keine Veranlassung mit derart hohen Salzgehalten zu rechnen."

Enerchange: "Wie ist die weitere Vorgehensweise?"

Gerling: "Wir verfolgen zwei Hauptstoßrichtungen: Wissenschaftlich wichtig zu klären ist, woher das Salz kommt. Dazu haben unsere Geochemiker und Hydrauliker die notwendigen Analysen und Modellierungen auf den Weg gebracht. Von einem externen Gutachter lassen wir uns zudem hinsichtlich des weiteren Nutzungskonzeptes für das Bohrloch technisch und wirtschaftlich beraten."

Enerchange: "Ist damit das Einbohrlochkonzept gescheitert?"

Gerling: "Definitiv nicht. Wir müssen natürlich zur Kenntnis nehmen, dass aufgrund der lokalen geologischen Bedingungen am Standort Hannover eine Realisierung des Einbohrlochkonzepts deutlich erschwert ist. Die gemachten Erfahrungen und die noch ausstehende endgültige Beurteilung der geologischen Situation an unserem Standort werden viele wichtige Erfahrungen für zukünftige Projekte liefern."

Enerchange: "Welche Ergebnisse lassen sich aus dem Projekt für die Geothermie im Norddeutschen Becken ableiten?"

Gerling: "Das können wir im Augenblick noch nicht abschließend beurteilen. Dazu äußern wir uns gerne nach Abschluss der bereits vorher genannten wissenschaftlichen Arbeiten sowie nach Vorlage des externen Gutachtens."

Enerchange: "Herr Dr. Gerling wir danken Ihnen für das Interview."