Interview mit Thomas Kölbel zur Nutzung von EGS

08.05.2012 | EGS

Alex Richter hat im Vorfeld der International Conference on Enhanced Geothermal Systems (ICEGS) am 25. Mai 2012 in Freiburg auf thinkgeoenergy.com ein Interview mit Dr. Thomas Kölbel von der EnBW Energie Baden-Württemberg geführt. Thomas Kölbel wird im Rahmen der ICEGS über das Thema Kostentreiber und Wirtschaftlichkeit von EGS-Projekten sprechen.

thinkgeoenergy: EnBW ist einer der großen Stromerzeuger in Deutschland, in welchem Maße sieht die EnBW die Geothermie als ein Geschäftsfeld in Deutschland und wo ist sie aktiv?

Kölbel: Geschäftsfeld Deutschland: EGS ist ein klassisches R&D-Thema, hydrothermale Anlagen schaffen es bereits heute vor allem im Großraum München unter den Maßgaben des EEG auch wirtschaftlich zu sein.
Der Fokus der EnBW liegt auf dem Oberrheingraben, aber natürlich beobachten wir auch internationale Aktivitäten.

thinkgeoenergy: EGS wird oft als die grosse Zukunft der Geothermie gesehen, inwiefern schaut sich die EnBW EGS an?

Kölbel: Die Option mit EGS weitgehend losgelöst von geologischen Vorgaben Erdwärme zu nutzen, ist sehr attraktiv. Die EnBW schaut sich EGS daher nicht nur an, sondern gestaltet die Entwicklung dieser Technik im Projekt Soultz aktiv mit.

thinkgeoenergy: Noch gilt EGS als zu teuer für die breite Entwicklung. Was sind die wichtigsten Kostentreiber für EGS-Projekte?

Kölbel: Tatsächlich sind EGS-Projekte auf der technischen Seite kaum teurer als hydrothermale Projekte. Als zusätzlicher Kostenfaktor kommt lediglich die hydraulisch-chemische Stimulation hinzu. Die Umsetzung weiterer EGS-Projekte hängt daher weit weniger vom Invest als vielmehr von der sozialen Akzeptanz ab. Ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt der EnBW liegt daher in diesem Themengebiet. Beispielhaft sind hier das EU-Projekt GEOELEC, aber auch verschiedene BMU-Initiativen zu nennen, an denen wir uns gezielt beteiligen.

thinkgeoenergy: Bis wann wird nach ihrer Ansicht erstmals kommerziell Energie durch ein wirtschaftliches EGS-Projekt produziert?

Kölbel: Der wirtschaftliche Erfolg von EGS-Projekten hängt vor allem von der lokalen Geologie ab. In Regionen mit besonders guten Bedingungen, kann EGS schon heute einen sehr wesentlichen Beitrag zur Profitabilität eines Geothermiekraftwerks leisten. Hier denke ich vor allem an klassische Dampflagerstätten. Für Niederenthalpiegebiete, wie sie in Mitteleuropa typisch sind, legen gemeinsame Untersuchungen der Universität Stuttgart und der EnBW den Schluss nahe, dass der wirtschaftliche Einsatz der EGS-Technik bei der Wärmebereitstellung in Abhängigkeit von lokalen Gegebenheiten – etwa der Existenz eines entsprechenden Wärmeverteilnetzes – bereits heute denkbar ist. Bei der Stromerzeugung ist dagegen ein besonderer Rahmen, wie ihn das EEG in Deutschland bietet, eine ganz wesentliche Voraussetzung.

thinkgeoenergy: EGS Technologien kann auch fuer konventionelle Projekte angewendet werden, z.B. um "trockene" Projekte erfolgreich zu machen. Wie sehen Sie die Chancen dafür in den nächsten Jahren?

Kölbel: Ich sehe EGS nicht als „Plan B“ für konventionelle Geothermieprojekte. Tatsächlich verlangen EGS-Projekte einen weit höheren Planungsaufwand, die technikspezifische Ermittlung aller relevanten geologischen Vorbedingungen und eine entsprechende Ausführung der Bohrungen. Ein Upgrade von konventionell zu EGS wird daher nur selten von Erfolg gekrönt sein.

thinkgeoenergy: Welche Märkte haben die Chance EGS am schnellsten voranzubringen?

Kölbel: Die Zwischenergebnisse des EU-Projekts GEOLELEC zeigen an, dass hier insbesondere Nationen in Frage kommen, die durch eine hohe Nachfrage an Energie aus erneuerbaren Quellen gekennzeichnet sind. Parallel dazu wird EGS nach meiner Meinung sicherlich zunehmend in Regionen mit natürlichen Dampflagerstätten zur Effizienzsteigerung zum Einsatz kommen.

thinkgeoenergy: Wie steht Deutschland im Hinblick auf EGS da?

Kölbel: Deutschland hat sich beim Prototyp in Soultz bereits sehr früh mit Wissenschaftlern, aber auch mit finanzieller Unterstützung durch den Bund und verschiedene Energieversorger wie die EnBW engagiert. Die dort gesammelten Erfahrungen garantieren heute einen wesentlichen Knowhow-Vorsprung. Nicht umsonst ist das Soultz-Team auf internationalen Tagungen ein sehr gefragter Ansprechpartner.

Quelle: thinkgeoenergy.com, www.icegs.eu