IGC 2015 zeigt das enorme Potenzial geothermischer Energie in Europa

Thema im Fokus 2-2015 | Jochen Schneider

Mehr als 200 Teilnehmer besuchten die diesjährige IGC, die zum ersten Mal in Offenburg direkt vor der GeoTHERM stattfand. Das Interesse, vor allem von internationalen Besuchern, war in diesem Jahr besonders hoch. Zusätzlich zu den zahlreichen Teilnehmern aus der Türkei, besuchten vor allem französische Gäste die Veranstaltungen. Von besonderem Interesse war für sie das 4. Oberrhein Forum, da im deutsch-französischen Grenzgebiet zahlreiche Projekt in Vorbereitung sind.

Der Kongress der diesjährigen IGC 2015 in Offenburg endete am 4. März mit einem Highlight: Die geothermische Entwicklung in der Türkei – dies wurde in verschiedenen Vorträgen im abschließenden Forum thematisiert. In der Türkei hat sich in den letzten zehn Jahren die installierte Leitung fast verdreißigfacht und weitere Projekte sind im Bau. Tevfik Kaya von Schlumberger zeigte in seinem Vortrag, dass momentan 410 MW installiert und 30 Bohrgeräte im Einsatz für den Bau weiterer Kraftwerke sind. Und die Entwicklung nimmt weiter Fahrt auf. Adonai Herrera Martinez von der European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) stellte ein neues Programm vor, dass in Kürze gestartet werden soll. In diesem Programm wird die Entwicklung von geothermischen Projekten in der Türkei ab der ersten Machbarkeitsstudie finanziert. Darüber hinaus finanziert die EBRD auch Projekte wie beispielsweise Germencik oder Pamukören, das von Onur Serin von Atlas Copco vorgestellt wurde.

Jedoch gibt es auch in der Türkei auch Probleme bei geothermischen Projekten in der Betriebsphase. So werden Inhibitoren eingesetzt , um Ausfällungen zu verhindern, wie Prof. Füsun Hakklidir von der Bilgi Universitesi verdeutlichtete. Die Tiefengrundwässer von zahlreichen geothermischen Anlagenenthalten aber auch sehr viel CO2. Hierfür sucht die EBRD auch für Lösungen, um den Betrieb der Anlagen zu verbessern.

Aber auch die anderen Foren zeigten interessante neue Perspektiven. Kris Marnette von Transmark Services, einer der Gold Sponsoren der IGC, präsentierte die Anwendung von Magneto Tellurics in der Exploration im ersten Forum. Marnette verdeutlichte, dass es eine relativ günstige Methode ist, die auch in den Dehnungssystemen (extensional play type nach Moeck) der Türkei angewendet wird. In einem weiteren Vortrag betonte Dr. Eva Schill (KIT), dass auch hydrochemische Methoden in der Exploration genutzt werden sollten und zeigte dass basierend auf Schweremessungen, Rückschlüsse auf Kluftporosität im Untergrund gezogen werden können. Ein weiterer interessanter Beitrag von Kemal Erbas (Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ) stellte die Messungen natürlich vorkommender Seismizität in Island vor, mit der Untergrundstrukturen erfasst werden sollen.

Parallel zu dem Forum über Exploration wurden über die bisherigen Verbesserungen aber auch die Herausforderungen von Tauchkreiselpumpen (ESPs) diskutiert. Es wurde deutlich, dass vor allem bei den Hochleistungspumpen schon viel weiterentwickelt wurde. Jedoch gibt es immer noch Herausforderungen denen sich die Hersteller stellen müssen.

ESP Systeme mit geringerer Leistung und Förderraten, die in Wärmeprojekten Thermalwasser fördern, laufen nahezu ohne Probleme und haben Standzeiten von bis zu zehn Jahren. Aber die leistungsfähigeren Pumpen, die bis zu 150 Liter pro Sekunde fördern sollen, haben momentan noch zu kurze Standzeiten auf Grund von Ablagerungen. Dies bestätigt Dr. Hartwig Schröder von enpros: "Es scheint, dass sich das Problem mit den Pumpen auf eine Ursache fokussiert, worauf die Hersteller jetzt reagieren können."

Im Forum über die Bohrkosten, wurde dieses Mal aus der Sicht der Bohr-Contractoren das Thema beleuchtet. Es gäbe jedoch nicht viel Möglichkeiten für Kostensenkungen. In der Diskussion, führte jedoch Tevfik Kaya an, dass in der Türkei dieses Jahr die Bohrkosten sinken. Dies ist lauf Kaya auf die niedrigen Kosten der Bohrgeräte, des Bohrmanagements und Services, sowie auf die vertikal erstellten Bohrungen zurückzuführen.

Das Forum über die Perspektiven der Wärmeerzeugung zeigte vor allem die ambitionierten Pläne der Stadtwerke München, die von Dr. Christian Hecht vorgestellt wurden, geothermische Energie in das bestehende und neu zu bauende Wärmenetz einzuspeisen. Für dieses Jahr ist der Bohrbeginn für eine neue Anlage im Stadtgebiet geplant – darüber hinaus wird auch an einem intensiven Ausbaukonzept im Süden von München mit Strom- und Wärmenutzung im Rahmen eines Forschungsprojektes untersucht.

Aber auch in anderen Ländern gibt es interessante Projekte zur Nutzung geothermischer Wärme in Städten. Hier hat vor allem Reykjavik sehr viel Erfahrungen gesammelt, die Alexander Richter von thinkgeoenergy vorgestellte. Für das Projekt Geothermie 2020 in Genf, das Nathalie Andenmatten- Berthoud vom Kanton Genf präsentierte, sollen alle möglichen Reservoire bis ins Grundgebirge für die geothermische Nutzung untersucht werden. Das EGS-Projekt ECOGI im Elsass, wurde von Clément Baujard (ÉS Géothermie) vorgestellt. Die Bohrungen sind fertig, gerade wird die 15 Kilometer lange obertägige Wärmeverbindungsleitung gebaut, über die Ende des Jahres die Wärmeversorgung des Stärkeproduzenten Roquette Frères beginnen soll.

Der Bohrplatz mit den Bohrungen des Projekte ECOGI war das Ziel der Exkursion am nächsten Tag im Rahmen des 4. Oberrhein-Forums, das von TRION-climate in Zusammenarbeit mit Enerchange organsiert wurde. Vor der Exkursion wurde intensiv über das Thema Akzeptanz diskutiert, hier waren neben Industrievertretern auch Politiker zugegen, die sich der Diskussion stellten. Neben den Projekten rund um Straßburg stand das Projekt Neuried im Fokus der Diskussion mit dem Bürgermeister Jochen Fischer aus Neuried, Josef Daldrup (Daldrup & Söhne AG) und Vertretern der Bürgerinitiativen im Publikum. Im zweiten Teil des Oberrhein-Forums stellten sich Experten mit den Themen Monitoring der Thermalwasserzusammensetzung, Seismizität und Absicherung des Haftpflichtrisikos der Diskussion.

Die parallel stattfindende Exkursion nach Bruchsal führte zu einem Geothermiekraftwerk im Betrieb. Die EnBW, Betreiberin des Kraftwerkes, will die Anlage jetzt aus dem Forschungsstadium in die Wirtschaftlichkeit führen, dafür werden die Betriebsstunden kontinuierlich erhöht. Forschungsthemen der letzten Jahre, waren die Betriebssicherheit, die Wasserzusammensetzung und die Seismizität. Eine Besonderheit in Bruchsal ist die Gasbrücke, die vor allem das CO2, den Hauptbestandteil des Gases vor dem Wärmetauscher abführt und nach dem Wärmetauscher und vor der Injektion wieder dem abgekühlten Thermalwasser zugeführt.

Zusammenfassend zeigte die diesjährige IGC das große Potenzial der Tiefengeothermie in Europa. Hartwig Schröder von enpros formulierte dies wie folgt: „Erstmals konnte man auf einer deutschen Konferenz wieder Aufbruchsstimmung feststellen. Das ist auch den positiven Meldungen der türkischen Referenten über die dortige Marktentwicklung anzurechnen“. Vor allem die Internationalisierung, war für enpros besonders interessant an der diesjährigen IGC. Schröder verdeutlicht weiter: "Es war ein wichtiges Zeichen für die Weiterentwicklung der Geothermie, die Erfolge in der Türkei zu verdeutlichen und als Schwerpunktland war es aus unserer Sicht eine sehr gute Entscheidung für die IGC".

Die Vorträge zum Kongress können bei agentur [at] enerchange.de (Enerchange) für 125 € (zzgl. MwSt.) für den Dowonload-Zugang bzw. für 175 € (zzgl. MwSt.) als USB-Stick bestellt werden.

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