Alexander Richter ist neuer Geschäftsführer der CanGEA

21.02.2011 | Finanzierung, Internationale Projekte

Der Stuttgarter Alexander Richter war sechs Jahre lange für die Islandsbanki tätig. Zum 1. Februar 2011 wechselte er als Geschäftsführer zum kanadischen Geothermie-Industrieverband CanGEA. Darüber hinaus betreut er mit der Webseite www.thinkgeoenergy.com eine der wichtigsten Informationsportale für internationale News aus der Geothermie-Branche. Enerchange sprach mit ihm über seine neue Herausforderung und die Perspektiven des kanadischen Geothermie-Marktes.

Herr Richter, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Herausforderung als Geschäftsführer von CanGEA. Wie kam es zu dieser beruflichen Veränderung von einem weltweit agierenden Banker im Bereich der Finanzierung von geothermischen Projekten zu der alleinigen Konzentration auf den kanadischen Geothermiemarkt?

Vielen Dank für Ihre Glückwünsche. In der Tat ist der Wechsel von der Bank in einen Industrieverband ein gewisser Schritt. Ich habe jedoch in meiner Rolle für Islandsbanki über die Jahre sehr aktiv die Geothermie beworben, dies nicht nur außerhalb der Bank, sondern auch innerhalb der Bank. So ist im Prinzip der Wechsel eine nicht so große Veränderung. Durch zwei Studienaufenthalte habe ich einen Bezug zu Kanada aufgebaut und so freue ich mich sehr auf meine Aktivitäten für die kanadische Geothermie-Branche.

Wie ist die Branche bisher aufgestellt und was sind Ihre Ziele im Verband?

Die Industrie in Kanada ist in vielen Dingen gut aufgestellt, jedoch fehlt es an der breiteren Akzeptanz, vor allem im politischen Bereich. Dies ist daher ein Hauptaugenmerk in meiner Rolle für CanGEA in Kanada. Mit einer größeren Unterstützung durch die Provinzen und die kanadische Bundesregierung könnten Anreize für mehr und auch größere Projekte in Kanada geschaffen werden. Die Erfahrungen der kanadischen Bergbau-, sowie Öl- und Gasindustrie sind eine gute Basis für die Geothermie-Aktivitäten in Kanada. Im Moment jedoch sind die kanadischen Projektentwickler und Service-Firmen hauptsächlich in den USA aktiv. Dies werden wir jedoch versuchen zu ändern, so dass kanadische Firmen auch Projekte in Kanada entwickeln.

Kanada verfügt im Westen des Landes unter anderem auch über Hochenthalpie-Lagerstätten. Inwieweit werden diese Potenziale schon genutzt beziehungsweise wie viel geothermische Leistung ist in Kanada installiert und sehen sie auch Entwicklungspotenzial für die Niederenthalpie-Lagerstätten und EGS?

Es gibt einige Projekte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, jedoch momentan keinen geothermisch erzeugten Strom. Dies wird sich hoffentlich bald ändern mit Projekten in den Northwest Territories, im Yukon und in British Columbia. Im Moment sind rechtliche Unsicherheiten bezüglich der Feldvergabe und Nutzungsrechte ein großes Hindernis, insbesondere in British Columbia. Hier sind viele Ressourcen in Landgebieten von First Nations zu finden und die Eigentumsfrage ist kompliziert.

Es gibt einige Ansätze für die Entwicklung von Niederenthalpie-Lagerstätten und auch EGS-Projekten, zum Beispiel in der Provinz Saskatchewan - es gibt also auf jeden Fall Entwicklungspotenzial. Um dieses jedoch zu nutzen und zu entwickeln, benötigt es staatliche Unterstützung wie es auch andere Erneuerbare Energien in Kanada erhalten, beispielsweise durch das Einspreisetarif-Programm in der Provinz Ontario.

Wie finanziert sich die kanadische Geothermie-Branche?

Leider haben in Kanada bis jetzt keine der großen Banken ein großes Interesse an der Geothermie gezeigt. Zwar gibt es ein paar Anzeichen, dass sich das ändert, jedoch hat die Branche in Kanada ähnliche Schwierigkeiten wie anderswo. Für Projekte unserer Mitgliedsfirmen in den USA sieht es etwas anders aus, sollten sie die Konstruktions- und Bauphase erreicht haben.

Vier unserer Mitglieder sind an der Börse in Toronto notiert und einige andere sind in den Startlöchern. Dies hängt nicht zuletzt mit dem erfolgreichen Börsengang von Magma Energy und Ram Power zusammen. Zwei kleinere Entwickler, Nevada Geothermal Power und U.S. Geothermal, haben auch die Börse in Toronto genutzt, um Eigenkapital für ihre Projektentwicklung in den USA zu sammeln. So man kann sagen, dass es durchaus ein gewisses Investoreninteresse und auch Verständnis für die Geothermie gibt, was es der kanadischen Branche etwas einfacher macht. Inwiefern sich dies auf Projekte in Kanada selber projizieren lässt, müssen wir sehen, aber wir sind diesbezüglich optimistisch.

Da Ihr Spezialgebiet die Finanzierung von Geothermie-Projekten ist, zum Abschluss die Frage, ob es hier in Kanada Defizite gibt oder stehen die Investoren Schlange?

Wir glauben, dass durch die erfolgreiche Notierung von Unternehmen an der Börse in Toronto eine gute Basis für die Finanzierung von Geothermie-Projekten und Entwicklungsfirmen vorhanden ist. Im Moment ist es jedoch so, dass die an der Börse notierten Geothermie-Unternehmen vorwiegend im Ausland, zum Beispiel in den USA, Nicaragua und Chile tätig sind, das heißt kanadische Investoren investieren ihr Geld nicht in kanadische Projekte. Dies ist natürlich etwas, was wir ändern wollen. Von Vorteil ist aber auf jeden Fall, dass Investoren Interesse an der tiefen Geothermie zeigen, was ein großer Vorteil ist. Wir glauben auch, dass durch den angekündigten Zusammenschluss der TMX Gruppe (Mutterkonzern des Toronto Stock Exchange) mit dem London Stock Exchange Synergien für den Europäischen Markt gegeben sind und vielleicht können auch europäische Geothermie-Firmen und Investoren dadurch leichter den nordamerikanischen Markt erreichen oder auch kanadisches Investoreninteresse wecken.

Vielen Dank Herr Richter für das aufschlussreiche Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihre Tätigkeiten bei der CanGEA und thinkgeoenergy.com.

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