E.ON gefährdet flächendeckend Geothermiepotenziale - Untersuchungen für CO2-Endlager in Schleswig-Holstein beantragt

15.06.2009 | Marktentwicklung | Enerchange

Im Elbe-Weser-Dreieck in den Landkreisen Wesermarsch und Cuxhaven hat die E.ON Gas Storage GmbH, beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal-Zellerfeld (LBEG) insgesamt vier Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis gem. §7 Bundesberggesetz (BBergG) zur Aufsuchung von Sole gestellt. Die Erlaubnis soll zunächst für fünf Jahre befristet gelten. Die Nordsee-Zeitung vom 10.06.2009 spricht sogar von Anträgen beim LBEG für geologische Untersuchungen in 17 Landkreisen im Wesergebiet.

Der Deutsche Bundestag wird über das im Entwurf vorliegende CCS-Gesetz möglicherweise in dieser Woche entscheiden. Dazu Hartmut Gaßner, Präsident des GtV – Bundesverbandes Geothermie: "E.ON zeigt keinen Respekt vor dem Gesetzgeber. Das LBEG sollte den Versuch der Gesetzumgehung zurückweisen. Wenn E.ON-Vertreter tatsächlich behaupten sollten, Geothermie sei nur in Oberflächen-Schichten bis 200 m Tiefe sinnvoll, dann arbeiten sie mit Fehlinformationen. Der Deutsche Bundestag muss die Geothermie durch ein Gesetz wirksam schützen und den Vorrang der Erneuerbaren Energien absichern!"  Wie vom GtV-Bundesverband Geothermie in den vergangenen Wochen wiederholt hervorgehoben, zielen die großen Energieversorgungsunternehmen auf weitflächige Untersuchungsräume für CO2-Ablagerungen ab, die die Geothermienutzung ausschließen werden.
 
Die E.ON Gas Storage GmbH plant, in den genannten Bereichen den Untergrund auf seine Eignung für die "dauerhafte Einlagerung“ von CO2 zu erkunden. Damit eine Erlaubnis gem. §7 BBergG erteilt werden kann, muss der Antrag u. a. ein entsprechendes Arbeitsprogramm enthalten, aus dem hervorgeht, welche Arbeiten in den benannten fünf Jahren ausgeführt werden sollen. Das LBEG hat als zuständige Bergbehörde für die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen die durch die E.ON Gas Storage GmbH vorgelegten Arbeitsprogramme als "angemessen" beurteilt, so dass die Erteilung der Erlaubnis im beantragten Umfang befürwortet werden könne.

Derzeit diskutiert der Deutsche Bundestag eine Gesetzesvorlage zur Einspeicherung von CO2 aus Kohlekraftwerken (CCS-Gesetz). Der Ausgang ist offen. Die E.ON Gas Storage GmbH greift einer Beschlussfassung vor, in dem sie bereits jetzt Aufsuchungserlaubnisse nach BBergG stellt und so versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen.

Geologisch betrachtet gehört die Region, wie ein großer Teil der niedersächsischen Landesfläche zum Norddeutschen Becken. Dieses zeichnet sich u. a. durch das großflächige Vorkommen salzhaltiger Thermalwasserlagerstätten in tiefliegenden, porösen Sandsteinschichten aus. Bei dem salzhaltigen Thermalwasser handelt es sich um die in den Anträgen genannte Sole. Thermalwasseraquifere eignen sich hervorragend für die Erschließung von geothermischer Wärme. Sie gelten aber auch als eine der wichtigsten Formationen für die Endlagerung von CO2.

Der Antrag auf Erteilung einer bergrechtlichen Erlaubnis zur Aufsuchung von Sole ist unzulässig, weil die Erkundung offensichtlich nicht der Versorgung mit Sole dient, sondern einer Kohlendioxidablagerung. Hierfür müssen die rechtlichen Voraussetzungen erst noch vom Gesetzgeber geschaffen werden.

In den beantragten Erschließungsgebieten könnte das geothermische Potenzial nicht erschlossen werden. Die Erlaubnis ist zwar zunächst für fünf Jahre beantragt, sie kann jedoch verlängert werden und bei erfolgter Einleitung von CO2 in die Aquifere für alle Zeiten tiefe Geothermienutzungen ausschließen. Den betroffenen Regionen würde letztendlich für immer die Möglichkeit genommen, die geothermischen Ressourcen in ihrem Untergrund zu nutzen. Auch ein späteres Durchteufen der Lagerstätten, um z. B. in tieferen Schichten Wärmetauschflächen für petrothermale (Heiz)Kraftwerke zu schaffen, verbietet sich dann aus Sicherheitsgründen. Ein enormes regeneratives Energiepotenzial ginge für alle Zeiten verloren. Die betroffenen Kommunen und Landkreise würden in Hinsicht auf diesen Bodenschatz quasi enteignet. Und das zugunsten von vergleichsweise kurzlebigen Kraftwerksprojekten in weit entfernten Gebieten, aus denen das CO2 erst mit Pipelines herangeschafft werden müsste. Dabei hat der Bundestag mit der Novelle des EEG zum 01.01.2009 mit einer speziellen Einspeisevergütung für petrothermale Systeme gerade erst die Voraussetzungen geschaffen, solche Anlagen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu errichten, nachdem nach zwei Jahrzehnte dauernden, intensiven Forschungsanstrengungen dafür die technischen Voraussetzungen geschaffen worden sind.

Auf den Nutzungskonflikt zwischen Geothermie und CO2-Einlagerung hat in den vergangenen Tagen auch das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) verwiesen. In der Nordsee-Zeitung vom 10.06.2009 behauptete E.ON Gas Storage GmbH-Projektleiter Dr. Klaus Peter Röttgen dagegen, "aus technischen und wirtschaftlichen Gründen sei Geothermie nur in Oberflächen-Schichten bis 200 Metern Tiefe sinnvoll." Doch oberflächennahe geothermische Systeme in Verbindung mit Wärmepumpen sind nur eine der vielen Optionen geothermischer Nutzungen.  

Landkreise und Kommunen haben zwei Möglichkeiten, diesen Bestrebungen entgegenzutreten: Sie können gegen die Erteilung der Erlaubnisse beim LBEG protestieren. Schon im Vorfeld können sie sich über regionale Planungsträger dafür einsetzen, dass die Möglichkeit der Geothermienutzung durch Festsetzung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in Raumordnungsplänen gesichert wird.