Erste Ergebnisse des Projekts GeoTief Wien

25.11.2021 | Erkundung & Analyse | Rachel McRae

Im Rahmen des 2016 gestarteten Projekts GeoTief Wien wurde der Untergrund des Großraums Wien auf dessen geothermischen Potenzials hin untersucht. Das erstellte geologische 3D-Modell liefert nun erste Erkenntnisse.

Bis 2040 soll die Wärmeversorgung der Stadt Wien vollständig dekarbonisiert werden. Etwa 56 Prozent des Wärmebedarfs sei dabei über Fernwärme und der Rest über Wärmepumpen zu decken. Neben der Abwärmenutzung und der Müllverbrennung liegt der Fokus insbesondere auf der Erschließung und Nutzung Tiefer Geothermie. Genau mithilfe dieser möchte der Energiedienstleister Wien Energie die Wärmewende in der Region Wien realisieren. „Damit Klimaschutz in Wien erfolgreich ist, müssen wir unsere Wärmeversorgung noch umweltfreundlicher aufstellen. In der Tiefen Geothermie – also Heißwasservorkommen mehrere tausend Meter unter der Stadt – liegt dabei großes Potential“, so Michael Strebl von dem Energieversorger Wien Energie.

Projekt „GeoTief Wien“

In einem interdisziplinären Forschungsteam mit Fachleuten aus Wissenschaft und Industrie wurde 2016 diesbezüglich das Energie-Forschungsprojekt „GeoTief Wien“ gegründet mit dem Ziel einer detaillierten Erfassung des geologischen Untergrunds im Großraum Wien. Neben Wien Energie sind zudem zahlreiche weitere Institutionen und Firmen am Projekt beteiligt, darunter das Unternehmen AIT, die Geologische Bundesanstalt, Geo5, Heinemann Oil, die Montanuniversität Leoben, die OMV, die RAG Austria, die Universität Wien, die Universität Salzburg, das GFZ Potsdam sowie die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Die Zuwendung erfolgt dabei vom Klima- und Energiefonds.

Zu Beginn des Projekts wurden bereits vorliegende Bestandsdaten der Kohlenwasserstoffindustrie ausgewertet und analysiert. Zusätzlich wurde 2017 eine umfassende 3D Seismik-Messung mit insgesamt 16.000 Messpunkten auf einem Erlaubnisfeld von etwa 175 km² durchgeführt. Das auf Grundlage dessen entwickelte geologische 3D-Modell liefert nun erste Hinweise.

Ergebnisse des geologischen 3D-Modells

In einer Tiefe von ca. 3.000 Meter wird ein vielversprechendes Thermalwasservorkommen erwartet, welches sich innerhalb des Aderklaaer Konglomerats befindet. Dabei handelt es sich um die miozäne Auffüllung des Wiener Beckens, welche vor rund 20 Millionen Jahren abgelagert wurden.

Die konkrete Lage, Ausbreitung, Geometrie, Tiefenlage und Mächtigkeit des Aderklaaer Konglomerats sowie das Vorhandensein eventueller geologischer Störungssysteme konnten mithilfe des Untergrundmodells im Untersuchungsgebiet bestimmt werden.

Laut des Forschungsteams seien sowohl die Geometrie als auch die hydraulischen Eigenschaften des Reservoirs vielversprechend. Beispielsweise rechne man in einer Tiefe von 3 Kilometer mit Wassertemperaturen von bis zu 100 °C, welche eine Nutzung für die Wärmeversorgung Wiens ermöglichen würden. Innerhalb des Potentialgebiets von Donaustadt bis Simmering wird schätzungsweise bis zu 120 Megawatt thermische Leistung erwartet. Laut Strebl, können somit bis 2030 rund 125.000 Haushalte mit geothermischer Fernwärme versorgt werden.

Endgültige Gewissheit ließe sich aber erst mithilfe einer Erkundungsbohrung feststellen.

Weiterer Projektverlauf

Bis zum Frühjahr 2022 gilt es neben der anfänglichen Planung zur Umsetzung einer Geothermie-Anlage weitere Forschungsarbeiten durchzuführen. „GeoTief Wien ist das umfassendste Geologie-Forschungsprojekt, das es in Österreich jemals gegeben hat. Nachdem wir nun ein Potentialgebiet identifiziert haben, werden wir uns dessen Eigenschaften mit einer Untersuchung eines alten Bohrlochs noch genauer ansehen. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, haben wir alle Vorarbeiten geleistet, die zur geologischen Risikominimierung möglich sind“, so Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber.

Seit Oktober bis Ende des Jahres werden aktuell am Standort Essling einige Untersuchungen durchgeführt, um nähere Informationen zu den Gesteinseigenschaften des Aderklaaer Konglomerat Reservoirs zu erhalten. Dabei steht besonders die hydraulische Durchlässigkeit des Gesteins als auch die chemische Zusammensetzung des Tiefenwassers im Vordergrund.  

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