Erstes Praxisforum Geothermie.Bayern zeigt: Intelligente Vermarktung von Strom und Wärme wird der Schlüssel zum Erfolg sein

11.10.2013 | Veranstaltungen | Marcus Brian

Am Mittwoch ging das erste Praxisforum Geothermie.Bayern mit rund 130 Teilnehmern erfolgreich zu Ende. Viele der Besucher zeigten sich begeistert von den Networkingmöglichkeiten, die die Veranstaltung im Haus der Wirtschaft bot und freuten sich, dass die bayerische Geothermiebranche nun eine adäquate Präsentations- und Diskussionsplattform hat.

Bild entfernt.Eine der Innovationen, die im Rahmen des Forums vorgestellt wurde, war der interkommunale geothermische Fernwärmeverbund zwischen Unterhaching und Grünwald, der inzwischen in Betrieb ist und den beiden Gemeinden erlaubt, sich im Bedarfsfall, etwa wenn ein Werk in Revision geht, mit geothermischer Wärme auszuhelfen statt mit Gas zu heizen. Helmut Eichinger von der BMW Group stellte die Pläne des Autobauers für sein Werk in Dingolfing vor. Dort soll der Untergrund in rund 500 bis 600 Metern Tiefe als Wärmespeicher für überschüssige Wärme aus dem Werk genutzt werden. Nur wenig der Energie scheint dabei verloren zu gehen: „Nach aktuellen Berechnungen gehen wir davon aus, dass rund 90 Prozent der in den Untergrund eingetragenen Wärme im Winter wiedergewonnen werden kann“, so Eichinger in seinem Vortrag. Für Gemeinden, die in einer ähnlichen geologischen Region liegen wie das BMW-Werk, könnte diese Speicher-Option ebenfalls interessant sein – so ließen sich dezentrale Energiestrukturen weiter stärken.

Auch die Inbetriebnahme neuer Anlagen zeigt, dass die tiefe Geothermie in Bayern eine interessante Option ist für Kommunen, die ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen wollen: „Sowohl das Kraftwerk in Dürrnhaar, als auch die Anlage in Kirchstockach sind am Netz und haben inzwischen den Probebetrieb beendet“, so Thomas Jahrfeld vom Unternehmen Süddeutsche Geothermie-Projekte. Peter Lohr, Geschäftsführer der Geovol in Unterföhring zeigte in seinem Vortrag, das bestehendes noch besser gemacht werden kann: Ab kommendem Jahr soll eine zweite geothermisch betriebene Wärmezentrale neue Kunden mit umweltfreundlicher Wärme beliefern. Die Planungen die neue Dublette sind abgeschlossen, bis Ende des Jahres soll mit der Bohrung begonnen werden. Interessant: Perspektivisch will Lohr die Geothermie nutzen, um seinen Kunden mit Hilfe von Adsorptionsanlagen auch Kälte zu liefern.

Ein immer wiederkehrendes Thema der Veranstaltung war die Unsicherheit bezüglich des EEG und der Einspeisevergütung für Geothermiestrom. Nach einer überschlägigen Kalkulation des WFG wurden Investitionen in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro aufgrund der Unsicherheit über den Kurs der neuen Regierung und nicht zuletzt auch der Äußerungen von Bundesumweltminister Peter Altmaier hinsichtlich des Vertrauensschutzes verschoben. Immerhin: Vielfach wurde auf der Tagung in Aussicht gestellt, dass sich zumindest kurzfristig nichts an der Vergütung für Geothermiestrom ändern werde. Mittelfristig wird sich aber auch die Geothermiebranche mit der Direktvermarktung von Strom beschäftigen müssen, sagt Cornelia Viertl vom Bundesumweltministerium. Davor muss ihr gar nicht unbedingt bange sein, sagt Oliver Eifertinger von der Sozietät Becker Büttner Held. Im Gegenteil, denn der Verkauf zum Beispiel an die Bürger vor Ort wäre bei den aktuellen Strompreisen nicht nur lukrativ sondern würde auch die Wertschöpfung in der Region halten und damit für mehr Akzeptanz sorgen.

Auf großes Interesse war auch der Workshop zum Thema „Pumpen in der Geothermie“ gestoßen. Rund 50 Teilnehmer diskutierten mit Vertretern von Flowserve, Bestec, Canadian Advanced und KSB über die Spezifikationen der jeweiligen Pumpen und die Herausforderungen großer Einbautiefen und Fördermengen. Dabei zeigte sich, dass die Hersteller mit ganz unterschiedlichen Konzepten an das Problem herangehen. Anhand einer Matrix, die das Leistungsspektrum der verschiedenen Pumpen für hohe Förderleistungen abbildet, arbeitete der Moderator des Workshops, Dr. Hartwig Schröder vom Kraftwerksplaner enpros, die Einsatzmöglichkeiten der einzelnen Technologien heraus. „Dabei hat sich gezeigt, dass Gestängepumpen eine Alternative für das Bayerische Molessebecken sein können“, so Schröder. Laut Herstellerangaben seien Einbautiefen bis zu 760 Metern möglich. Als Problem machte Schröder fehlende Referenzen für alle Pumpentypen in der höchsten Leistungsklasse aus. Projektinitiatoren empfiehlt er deshalb, Projekte so zu kalkulieren, dass der "Base-Case" mit marktgängigen und verfügbaren Pumpen realisiert werden kann.

Auch die Feldes- und Reservoirentwicklung ist weiterhin ein Kernthema der Geothermiebranche. Das Praxisforum zeigte sich, dass sowohl in den Erschließungsmethoden, der geologischen Datenbewertung als auch in der technischen Risikoabsicherung neue Impulse nötig sind, um weiterhin erfolgreich Geothermieprojekte zu etablieren. Beispielsweise könnte über multilaterale Bohrungen das Fündigkeitsrisiko bei tiefen Geothermiebohrungen deutlich minimiert werden, erklärte Stefan Steininger von Erdwärme Bayern. Trotz steigender Anzahl von Geothermieprojekten im Großraum München innerhalb der letzten Jahre sei nach wie vor mit keiner hydraulischen Beeinträchtigung der einzelnen Projekte untereinander zu rechnen, prognostizierte Michael Dussel vom Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, im Hinblick auf die Reservoirnutzung in den kommenden 50 Jahren. Am Ende des Tages war sich die Branche einig: Um die Geothermie für die Zukunft in ihrer Entwicklung zu stärken, ist eine Bündelung der Daten und Informationen aus den heute bereits laufenden und in Umsetzung befindlichen Projekten nötig.

Einig war man sich auch, dass die Rahmenbedingungen zur Nutzung der tiefen Geothermie in Bayern sowohl geologisch als auch politisch gut sind: Viele Kommunen wären bereit, sich verstärkt um den Einsatz erneuerbarer Energie und auch der tiefen Geothermie zu kümmern, machte Josef Steigenberger vom Präsidium des Bayerischen Gemeindetag in seinem Grußwort deutlich. Und auch die Landespolitik weiß die Geothermie hinter sich: Professor Dr. Josef Neiß vom Bayerischen Wirtschaftsministerium hob in seiner Begrüßung insbesondere die Bedeutung der Geothermie für die umweltfreundliche Wärmeversorgung des Freistaats hervor.

Das Praxisforum Geothermie.Bayern wird von der Agentur Enerchange veranstaltet und fand dieses Jahr zum ersten Mal statt. Schirmherr war das bayerische Wirtschaftsministerium, der bayerische Gemeindetag trat als Unterstützer auf. Als Kooperationspartner konnten das Wirtschaftsforum Geothermie und der GtV-Bundesverband Geothermie sowie die Technische Universität München mit den Lehrstühlen für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie, Bayern Innovativ und das Bayerische Energie-Forum gewonnen werden. Das nächste Praxisforum Geothermie.Bayern wird im kommenden Jahr voraussichtlich wieder im Oktober stattfinden, der genaue Termin steht noch nicht fest. Weitere Informationen und die Möglichkeit, die Vortragsunterlagen zu bestellen unter www.praxisforum-geothermie-bayern.de
 

Quelle:

Pressemitteilung Enerchange

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