GDMB-Fachausschuss bekräftigt großes Potential für Geothermie im Oberrheingraben

18.11.2022 | Marlene Käppler

Lithium, Sicherheit und ein umfassender Dialog mit Bürger:innen. Diesen Kern- und vielen weiteren Themen nahm sich der diesjährige Fachausschuss Geothermie der Gesellschaft der Metallurgen und Bergleute e.V. (GDMB) in Bruchsal an. Der strategische Veranstaltungsort in Mitten des Oberrheingrabens stand dabei symbolisch für die großen Erfolgschancen der Geothermie im Südwesten.

Der mit gut 50 Teilnehmenden aus den verschiedensten Branchen gut besuchte, zweitägige Geothermie-Fachausschusse der GDMB ermöglichte einen umfangreichen Austausch zu für die Geothermie im Oberrheingraben relevanten Themenbereichen.

Lithiumgewinnung als weiterer Anreiz für den Ausbau der Tiefengeothermie im Oberrheingraben

Zu Beginn der Veranstaltung lag der Fokus auf der Frage ob und in welchem Umfang Lithium aus den im Oberrheingraben geförderten Tiefenwassern gewonnen werden kann. Da die Nachfrage nach dem für die Mobilitätswende unverzichtbaren Rohstoffs stark ansteigt und der Bedarf mittelfristig nicht mehr aus bestehenden, ausländischen Quellen gedeckt werden kann, wird die Gewinnung von Lithium in Deutschland immer lukrativer. Valentin Goldberg, der am KIT zur Geothermie und Reservoir-Technologie forscht, stellte dem Ausschuss Berechnungen vor, nach denen Deutschland bei idealen Bedingungen 40.000 Tonnen Lithium aus rund 37 Dubletten im Oberrheingraben gewinnen könnte. Gleichzeitig müsse jedoch bedacht werden, dass die Konzentration des wertvollen Metalls bei einer Förderung stark abnimmt und nur bedingt aus dem umliegenden Gestein nachproduziert werden kann. Der chemische Durchbruch zwischen den beiden Bohrungen erfolge deutlich schneller als der thermische, weshalb bei zukünftigen Anlagen anders geplant werden müsse.

Dr. Jochen Schneider, Geschäftsführer der Hydrosion GmbH, welche unter anderem am Forschungsprojekt UnLimited in Bruchsal beteiligt ist, nahm unmittelbar Stellung zur dieser Aussage. Nach Ansicht des Geologen solle beim Ausbau der Geothermie nicht auf Lithium gewartet werden, eine spätere Ergänzung sei jedoch anzustreben. Eine weitere Erkenntnis des UnLimited-Projekts sei, dass Mangan-Oxid derzeit das geeignetste Absorbentium ist. Ob bei dessen Einsatz radioaktive Stoffe an das Material binden und wie mit dem aus dem Anwesendenkreis eingebrachten Problem der Säureknappheit umgegangen werden kann, werden die nächsten Untersuchungen zeigen.

Ebenfalls Partner des UnLimited-Projekts ist Herr Dr. Thomas Kölbel, der für die Energie Baden-Württemberg (EnBW) mitverantwortlich für die Geothermieanlage in Bruchsal ist. Kölbel stellte die Forschungsanlage, die seit 12 Jahren im überwiegend störungsfreien Betrieb ist, vor und lud im Anschluss zur Besichtigung des Geothermiekraftwerks ein. Die Besonderheit ist hier unter anderem die sich nach wie vor im Betrieb befindende Kalina-Anlage, welche mit rund 500 kW installierter Leistung seit Anbeginn des Projekts Strom produziert. Derzeit sind in Bruchsal zwei weitere Bohrungen geplant, wobei die Extraktion des Lithium eine wesentliche Rolle spielen soll. In Zukunft soll damit die Herstellung von etwa 20.000 E-Auto-Batterien mit Lithium aus dem dortigen Tiefenwasser ermöglicht werden. Die EnBW sieht sich jedoch laut Kölbel in erster Linie als Energieversorger, die Raffinerie und Weiterverarbeitung des Lithiums müsse dementsprechend anderweitig erfolgen.

 Lernen von erfolgreichen Geothermieprojekten im Oberrheingraben

Zahlreiche erfolgreiche Geothermieprojekte sowohl auf französischer, schweizer, als auch auf deutscher Seite des Oberrheingrabens zeigen, dass die Tiefengeothermie in dieser Region eine sichere Energiequelle sein kann. Wie der Fachausschuss zeigt, können induzierte seismische Ereignisse wie in Basel oder Landau inzwischen zuverlässig verhindert und überwacht werden.

Besonders spannend sind in diesem Zusammenhang die Anlagen in Rittershofen, Soultz-sous-Forets und Illkirch, welche von Clement Baujard der Electricite de Strasbourg vorgestellt wurden. Anders als Geothermieprojekte auf der deutschen Seite des Oberrheingrabens werden hier nicht nur der Bundsandstein und der rotliegende Bundsandstein, sondern auch das stark verklüftete Granit-Grundgebirge genutzt. Für die Nutzung dessen liegt in Baden-Württemberg derzeit keine Genehmigung vor. Laut Baujard bergen die dortigen Strukturen jedoch ebenfalls das Potential für eine zukünftige Lithiumextraktion, welche im EugeLi-Projekt untersucht werden.

Mit Matthias Meier vom Wärmeverbund Riehen AG war auch die seit 30 Jahren erfolgreich geführte schweizer Anlage auf dem Fachausschuss vertreten. Diese nutzt seit 1994 das 67° Grad heiße Tiefenwasser des oberen Muschelkalks, welches mit 25 Litern pro Sekunde gefördert werden kann und rund 20 Gigawattstunden Wärme im Jahr zur Verfügung stellt. Um zukünftig auch das für die Grundlast erforderliche mit Gas betriebene Blockheizkraftwerk zu ersetzen, ist die GeoII Riehen, eine weitere Anlage mit zwei Dubletten, geplant. Diese soll bis 2027 in Betrieb genommen werden. Zuletzt fanden im stark besiedelten Gebiet in und um Basel deshalb 3D-seismische Messungen statt, die von einer umfassenden Kommunikationskampagne begleitet wurden.

Auch Simon Laub von der Badenova AG berichtete von seismischen Voruntersuchungen, die zuletzt im Raum Freiburg durchgeführt wurden. Hier wurden ebenfalls positive Erfahrungen mit einer umfassenden Einbindung der Öffentlichkeit – etwa mithilfe eines Newsletters und Informationsanhängern an Geophonen – gemacht. Der Plan der Badenova sieht vor, in Freiburg bis zu 2 Mio Gigawattstunden Energie aus grünen Quellen zu gewinnen. Dafür fließen unter anderem dreistellige Millionensummen in den Ausbau der Fernwärmenetze.

Die bereits von etlichen Vorrednern angesprochene Bedeutung gesellschaftlicher Akzeptanz kam in besonderer Weise auch im Vortrag Frau Prof. Eva Schills zum Tragen. Im Rahmen des Projekts GECKO, welches den Campus Nord des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mithilfe der Geothermie versorgen soll, lag der Fokus unter anderem auf einem intensiven Bürgerdialog. Mithilfe dessen konnten die Themen Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Sicherheit als zentrale Anliegen der Bevölkerung identifiziert und der Projektplanung zugrunde gelegt werden. Neben einem hydrothermalen System, bei welchem die Minimierung des seismischen Risikos einen deutlich höheren Stellenwert als maximale Förderraten einnehmen wird, ist hier zudem ein geothermischer Wärmespeicher geplant.

Besonderen Anklang fand zudem der Vortrag Dr. Sebastian Homuths, der für die Deutsche ErdWärme das Projekt in Graben-Neudorf vorstellte. Auch hier fiel das Schlagwort der „Sicherheit“, welcher sowohl mithilfe seismischen Monitorings, als auch Grundwassermonitorings begegnet wird. Auch macht das Unternehmen derzeit positive Erfahrungen mit dem am Bohrplatz eingerichteten Besucherzentrum. Seit Bohrbeginn im Mai 2022 konnten hier bereits 750 Personen begrüßt werden, weshalb ein solches Zentrum auch Teil der Planungen für das fertige Geothermiekraftwerk ist. Herr Homuth konnte zudem die positive Nachricht überbringen, dass der Zielhorizont der ersten Bohrung bereits erreicht und im dortigen Tiefenwasser 164 Grad gemessen wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Anlage in Graben-Neudorf, die nach anfänglicher Stromerzeugung auch Wärme für die umliegenden Gemeinden liefern soll, um die heißeste Geothermiebohrung Deutschlands handeln wird.

Gelungenen Abschluss der Veranstaltung bildete schließlich ein erneuter Beitrag Dr. Thomas Kölbels, der das Projekt GeoHArdt der EnBW und der Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (MVV) vorstellte. Im 270 Quadratkilometer großen, namensgebenden Aufsuchungsfeld Hardt stehen derzeit ebenfalls seismische Voruntersuchungen an. Ziel des Vorhabens ist es, das Mannheimer Fernwärmenetz mithilfe der Geothermie zu dekarbonisieren.

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