Was passiert mit der Wärme, die aus dem insgesamt 25. tiefen Geothermie-Projekt in Bayern gefördert wird? Dieser Frage hat sich das Oberbayerische Volksblatt (OVB) gewidmet, nachdem die Stadt Mühldorf kürzlich in einer Mitteilung das Ende der Verhandlungen mit der Erdwärme Inn Bayern (EWI) erklärte.
Innerhalb von sechs Monaten sind im vergangenen Jahr die beiden Bohrungen in Polling erfolgreich abgeschlossen worden. Ein Großteil der gewonnenen Wärme soll zum Beheizen der Gewächshäuser des regionalen Gemüse- und Früchteanbauers Reichenspurner Hof mit einer Produktionsfläche von über 360.000 Quadratmeter eingesetzt werden – und auch wie geplant zur Wärmeversorgung in der Gemeinde Polling, wie Bürgermeister Lorenz Kronberger laut OVB am Ende der jüngsten Gemeinderatssitzung mitgeteilt hat. „Natürlich ist es nicht einfach. Aber ich glaube, dass die Geothermie langfristig eine gute Sache ist.“ So werde derzeit von einem Ingenieurbüro die Machbarkeitsstudie für das Fernwärmenetz erarbeitet.
Auch Ampfings Bürgermeister Josef Grundner und Aschaus Bürgermeister Christian Weyrich wollen ihre Kommunen künftig mit dem heißen Wasser aus der Erde beheizen. Beide halten daran trotz der jüngsten Mühldorfer Entscheidung fest. In Ampfing sind die geologischen Untersuchungen sowie die Machbarkeitsstudie bereits fertig, teilte Bürgermeister Grundner laut OVB mit. Die Bohrung und den Bau des Fernwärmenetzes möchte die Gemeinde aber nicht selbst in die Hand nehmen. Grundner: „Die Gemeinde Ampfing sieht sich aufgrund des aufgerufenen Kostenrahmens zur Erstellung des Wärmenetzes finanziell nicht in der Lage, dies alleinverantwortlich umzusetzen.“
In Aschau treibt Bürgermeister Christian Weyrich seit Jahren die Fernwärme voran. Das Projekt bestehe im Wesentlichen aus zwei Teilen, so Weyrich: dem Fernwärmenetz und einer Geothermie-Anlage. Für das Wärmenetz liege schon eine Machbarkeitsstudie vor, einschließlich eines Netzplanes und einer „wirtschaftlichen Betrachtung“, so Weyrich. „Hier könnten wir zeitnah in die konkrete Planung der Umsetzung einsteigen.“ Diese Pläne seien aber unabhängig von der verwendeten Wärmequelle. Eine eigene Geothermie-Anlage sei aber nur eine mögliche Variante, „eine weitere wäre ein interkommunaler geothermischer Verbund“. Für die Option einer eigenen Geothermie-Anlage hat sich die Gemeinde beim Bergamt aber schon mal das Bohrrecht gesichert. Denn: „Aus allen Varianten unserer Machbarkeitsstudie ist die Geothermie langfristig die wirtschaftlichste Lösung“, schreibt Weyrich.
Die Geothermie sei aufgrund der hohen Investitionen nur zu stemmen, „wenn wir es schaffen, die maximale Menge der erbohrten Wärme zu vermarkten“, erläutert Weyrich. In diesem Zusammenhang werde derzeit „die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer interkommunalen Zusammenarbeit in der Geothermie untersucht. Sobald diese Ergebnisse im Februar vorliegen, werden wir entscheiden, welchen Pfad wir weiter verfolgen: eigene Anlage, interkommunale Zusammenarbeit oder andere Wärmequellen.“
Eine Zusammenarbeit von Aschau, Ampfing und Waldkraiburg prüfen derzeit auch Waldkraiburgs Stadtwerke-Chef Lechner und Ampfings Bürgermeister Grundner. In Waldkraiburg gibt es seit den erfolgreichen Bohrungen im November 2010 und im März 2011 ein stetig wachsendes Fernwärmenetz, das aus Geothermie gespeist wird. Bis Ende 2024 ist es auf 32,7 Kilometer angewachsen und versorgt 3750 Haushalte; bis 2045 soll es 110 Kilometer umfassen. Wegen des wachsenden Fernwärmenetzes braucht Waldkraiburg ein zweites Heizwerk. Das soll bis zur Heizperiode 2026/27 fertig sein, erklärt der Chef der Waldkraiburger Stadtwerke, Herbert Lechner. Die Kosten bezifferte er auf rund 20 Millionen Euro.
„Grundsätzlich ist es bei allen angedachten Projekten sehr schwierig, wirtschaftliche Projekte zustande zu bringen“, räumte Ampfings Bürgermeister Grundner im OVB-Bericht ein. Er forderte auch eine Reform der Förderungen, die „die jeweils vorherrschenden geologischen oder wettertechnischen Voraussetzungen gezielt besser“ adressiere; auch zinslose Darlehen oder die Übernahme von Bürgschaften durch die Regierung könnten den Kommunen helfen.
„Es wäre eine Schande, in zehn, 20 oder 30 Jahren sagen zu müssen, ‚Ja damals war’s halt nicht wirtschaftlich, und deshalb haben wir es nicht gemacht‘“, betont Grundner. „Es ist höchste Zeit jetzt zu handeln und somit dem viel zu hohen CO2-Ausstoß durch die Umstellung auf erneuerbare Energien massiv entgegenzuwirken.“
OVB