„Mit der Nutzung der Tiefengeothermie beschreiten wir einen klugen Weg, die Kräfte der Natur zum Wohle unserer Gemeinschaft einzusetzen“, sagte Gräfelfings Bürgermeister Peter Köstler laut Münchner Merkur in seiner Ansprache. Er setzte damit den positiven Ton für eine Veranstaltung, die der Bedeutung des Projektes gerecht wurde, heißt es in dem Bericht. Klar wurde dabei aber auch: Es war ein steiniger Weg, den eine Vielzahl an Beteiligten über viele Jahre beschritten hatten, um die Vision einer nachhaltigen Wärmeversorgung in Gräfelfing wahr werden zu lassen.
Die Gemeinde, die sich im Sommer von ihrem Partner Silenos Energy getrennt hatte, betreibt das Geothermieprojekt nun zu 100 Prozent in kommunaler Trägerschaft. Damit sei die Finanzierung günstiger geworden, und auch die Preise für das Wärme lägen somit in eigener Hand, so Köstler. Die Bürger seien sehr interessiert an diesem Vorhaben, das eine zukunftssichere, CO₂-neutrale, von Wetter und Klima unabhängige Wärmeversorgung bringen werde.
Die Vorgeschichte dazu begann noch zu Zeiten, als Christoph Göbel – der heutige Landrat des Landkreises München – mit der stürmisch-naiven Begeisterung eines jungen Bürgermeisters zu Werke ging, wie er in seinem Grußwort am Freitag selbst schmunzelnd erinnerte.
Ursprünglich hatte der Unternehmer Baldur Trinkl das Förderrecht und startete 2009 auch schon seismische Messungen. Schließlich gab er das Projekt aber auf und die Gemeinde übernahm die Aufsuchungserlaubnis. Nach Jahren der Suche nach einem Partner schlossen sich die Kommune und das Unternehmen Silenos Energy im Jahr 2021 zusammen und leisteten wichtige Vorarbeiten im Genehmigungsprozess, ehe sie sich im Juni trennten.
Thomas Banck (erfahren in Projektierung und Finanzierung von Energiegesellschaften), Markus Schmelz (Prokurist und technischer Leiter) sowiefünf weitere Kollegen bilden inzwischen das Team, das in den gemeindlichen Tochterfirmen die Tiefengeothermie vorantreibt. Banck nannte es „eines der schönsten, aber auch anspruchsvollsten Projekte“ seiner Laufbahn. Er gab das Ziel aus, den Bürgern günstige Endpreise anzubieten, die Belastungen auch in der Nachbarschaft des Bohrplatzes und der künftigen Heizzentrale möglichst gering zu halten und das Fernwärmenetz zügig weiterzuentwickeln.
Die Finanzierung ist dank der Zusage der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) gesichert. Die Gemeinde werde die verbleibenden 60 Prozent der Kosten über spezielle Kreditprogramme sowie den Einsatz von erheblichen Eigenmitteln aufbringen, so Bürgermeister Köstler laut Münchner Merkur. Diese Investitionen werden sich allerdings über Jahre, vielleicht Jahrzehnte ziehen, in Abhängigkeit des sukzessiven Netzausbaus.
Der Endabnahmepreis für die Wärme sei erst bekannt, wenn Wassertemperatur- und Menge nach der Bohrung feststünden. Markus Schmelz äußerte sich betont zuversichtlich: „Wir rechnen mit Vollfündigkeit, also genügend Wasser mit einer Temperatur von 90 bis 95 Grad.“
Der Spatenstich war der Auftakt für die Bohrplatzeinrichtung als erster Bauphase. Derzeit läuft die Ausschreibung für die Bohrung selbst, die spätestens im zweiten Quartal 2026 beginnen soll und bis zu einem Jahr dauern könnte, weil nacheinander zwei Bohrlöcher (Förderbohrung und Reinjektionsbohrung) bis in 2900 Meter Tiefe abgeteuft werden. Derzeit ist der Bauplatz gut 18 000 Quadratmeter groß. Nach Abschluss der Bohrungen und Montage der Leitungen wird eine deutlich kleinere Fläche dauerhaft benötigt. Die ersten Gebiete könnten laut Markus Schmelz Ende 2028 oder Anfang 2029 mit Wärme beliefert werden.
Münchner Merkur