Neuer Anlauf für tiefe Geothermie am Oberrhein

06.02.2019 | Marktentwicklung | Karin Jehle
Regierungspräsidium Freiburg

Das Land Baden-Württemberg will die Tiefengeothermie in Zukunft kräftig fördern, so kündigt das Regierungspräsidium an. Im Oberrheingraben schlummert noch ein gewaltiges Potenzial an regenerativer Energie – vor allem für die Wärmewende.

"Wir müssen bei den Kommunen die Köpfe für diese Idee öffnen", erklärte Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer nach Angaben der Lahrer Zeitung in einem Pressegespräch zu Jahresbeginn. Das Land Baden-Württemberg habe bereits einen Masterplan zur Nutzung der Energie aus der Tiefe entwickelt.

Obwohl das Potenzial im Oberrheingraben für die Nutzung der Tiefengeothermie sehr hoch ist, wird es auf der deutschen Seite nur wenig erschlossen. In Frankreich hingegen ist man deutlich weiter. Jean-Jacques Graff, Präsident der AFPG (Association Française des Professionnels de la Géothermie) und Geschäftsführer von ÉS Géothermie, sprach in einem Interview mit Enerchange von einem Potenzial von bis zu 50 Geothermiekraftwerken mit insgesamt 250 Megawatt elektrischer Leistung allein im Elsass.

Das schlechte Image nach Staufen überwinden
Im badischen Teil des Oberrheingrabens ist das Potenzial für die Tiefe Geothermie ebenso vorhanden wie auf französischer Seite. Doch in Staufen nahe Freiburg wurde bei Bohrungen für oberflächennahe Geothermie eine Gipskeuperschicht angebohrt, was zu Hebungen und in der Folge zu Rissen in den Gebäuden der mittelalterlichen Stadt führte. Seitdem gibt es starke Vorbehalte gegenüber der Geothermie im Allgemeinen in der Bevölkerung.

„Die schief gelaufene Bohrung in Staufen hat nichts mit Geothermie zu tun", sagte Jörg-Detlef Eckhardt, Abteilungspräsident des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LRGB), ebenfalls in dem Pressegespräch der Lahrer Zeitung. Es sei nun Aufgabe des Landes, der Bevölkerung die Ängste zu nehmen.

Wichtig dafür ist eine offene Kommunikation, denn die Potenziale der tiefen Geothermie gerade in der Wärmeerzeugung aber auch in der Stromproduktion sind gewaltig. Im bayerischen Molassebecken zeugen viele kommunale Geothermieprojekte von den Vorteilen, auch die Großstadt München steigt massiv in die geothermale Fernwärmeversorgung ein. Ab 2020 sollen 80.000 Münchnerinnen und Münchner durch das Heizkraftwerk Süd versorgt werden, wo im Januar die zweite Bohrung erfolgreich abgeschlossen wurde.

Erst eine Geothermieanlage in Baden-Württemberg
Der Oberrheingraben steht dem Molassebecken in geologischer Hinsicht in nichts nach. Im Gegenteil, die Bohrungen erreichen auf Grund des höchsten geothermischen Gradienten in Deutschland in geringeren Tiefen höhere Temperaturen. Doch bisher gibt es auf baden-württembergischer Seite erst ein Kraftwerk. In Bruchsal betreibt die EnBW eine Kalina-Anlage, die seit 2009 in Betrieb ist. Negative Auswirkungen auf die Bevölkerung gab es in den zehn Jahren Betrieb bisher nicht. Eine weitere geothermische Bohrung wurde in Brühl abgeteuft, auch hier ohne negative Einflüsse. Lediglich der Projektentwickler ist insolvent gegangen.

Weitere Aktivitäten gibt es bei der Deutschen Erdwärme GmbH, die zum Copenhagen Infrastructure Fund gehört und die tiefe Geothermie im Oberrheingraben erschließen will. Sie hat bereits eine Aufsuchungserlaubnis für das Feld Karlsruhe-Süd zugeteilt bekommen und weitere Aufsuchungsgenehmigungen beantragt.

Darüber hinaus hat Geysir Green im Raum Neuried bei Offenburg die Erlaubnis erhalten, nach Erdwärme zu suchen. Es gibt aber noch keine weiteren Genehmigungen, beispielsweise für die Erstellung von Bohrungen. Im Vorfeld muss das Unternehmen zunächst den Gemeinderat in Neuried und die Bevölkerung überzeugen. Die Regieerungspräsidentin Bärbel Schäfer sieht für Neuried jedenfalls „überzeugende Argumente“. Bleibt zu hoffen, dass sie bei der Bevölkerung ankommen.

Quelle:

Lahrer Zeitung