Präfektur stoppt Geothermieprojekte bei Straßburg

10.12.2020 | Internationale Projekte, Reservoirerschließung | Karin Jehle

Am Montag verfügte die Straßburger Präfektin das endgültige Aus für das Geothermieprojekt der Firma Fonroche im elsässischen Vendenheim-Reichstett. Auch die anderen Geothermieprojekte im Großraum wurden vorerst gestoppt.

Nachdem es im November 2019 zu seismischen Ereignissen bis zu einer Magnitude von 3,1 bei Injektionsversuchen gekommen war, hatten die Straßburger Behörden ein knappes Jahr später angeordnet, dass das verantwortliche Unternehmen Fonroche mit sogenannten Tracer-Versuchen die Ursachen für die Erdstöße erkunden solle (wir berichteten). 

Doch auch hier kam es wieder zu seismischen Ereignissen der Magnitude von 1,1 bis 2,8 in La Wantzenau nördlich von Straßburg, so dass die Tracer-Versuche umgehend wieder abgebrochen werden mussten. Eine sogenannte „safety circulation“ lief jedoch weiterhin. Trotzdem kam der Untergrund nicht zur Ruhe, am vergangenen Freitag, den 4.12. war ein seismisches Ereignis mit einer Magnitude von 3,5 sogar bis in die Ortenau zu spüren, es folgte ein weiterer Erdstoß mit einer Stärke von 2,7.

Was führte zu den seismischen Ereignissen?

Wie baden online berichtet, liege die Ursache der neuerlichen Erdstöße in den Tests beziehungsweise in deren zu schnellem Abbruch begründet. Dies teilte der Direktor des Geothermie-Unternehmens Fonroche, Jean-Philippe Soulé, gegenüber der Presse mit.

Nach Aussagen der Électricité de Strasbourg (ES), die mehrere Anlagen im Elsass betreibt und gerade die Geothermieanlage in Illkirch entwickelt, habe Fonroche das Wasser jedoch mit zu hohem Druck eingepresst. In Illkirch sei der Druck nur halb so hoch, zudem bohre man weniger tief, zitierte baden online.

Am Montagabend nun zog die Präfektin von Straßburg, Josiane Chevalier, die Reißleine und verkündete den endgültigen Stopp für das Geothermieprojekt Vendenheim-Reichstett. Am Mittwoch entschied die Präfektur Bas-Rhin dann, die drei bereits genehmigten Projekte in Illkirch, Hurtigheim und Eckbolsheim vorerst auszusetzen, wie die Dernières Nouvelles D'Alsace berichteten.

Was bedeutet das für die Geothermie in der Region?

Die Geothermieanlagen der ES in Rittershoffen und Soultz-sous-Forêts, an der auch der deutsche Energiekonzern EnBW beteiligt ist, laufen seit Jahren störungsfrei, wie auch baden online am Mittwoch in einer Bestandsaufnahme zusammenfasste.

Um die Region am Oberrhein in Richtung Energiewende zu bringen, ist es notwendig, das geothermische Potenzial zu heben. Auch für die Klimaziele der Stadt Straßburg spielt die tiefe Geothermie eine wichtige Rolle und ist auf dem Weg zur Klimaneutralität bereits eingepreist: 20 Prozent soll sie bis 2050 zum Energiemix aus regenerativen Energieträgern beitragen.

Wie die Dernière Nouvelles d’Alsace (DNA) berichteten, trafen sich bereits am Freitag 33 Bürgermeister*innen aus der Region, um darüber zu sprechen, wie die Klimaneutralität erreicht werden kann. Die Situation bringe die Exekutive der Eurometropolis in eine besonders schwierige Situation, schreibt DNA. Einerseits müsse sie der Risikobewertung und den Ängsten der Bevölkerung Rechnung tragen, andererseits sei sie der Umsetzung der Klimaziele verpflichtet. 

Und im südbadischen Freiburg ist der lokale Energieversorger badenova gerade erst mit seinen Plänen zur Tiefengeothermie an die Öffentlichkeit getreten. In der Badischen Zeitung nimmt die badenova zu den Ereignissen von Straßburg Stellung und betont, dass sich das eigene Projekt von der Technik her unterscheide. Außerdem müsse man weniger tief bohren als auf der anderen Rheinseite.

Hydrothermale Geothermie birgt geringes seismisches Risiko

Als eher gering schätzt Frank Schilling, Leiter des Landesforschungszentrums für Geothermie (LFZG), auf Anfrage der BZ das seismische Risiko bei hydrothermalen Geothermiebohrungen – auch im Oberrheingraben, der ja eine gewisse tektonische Vorspannung hat.

„Ich halte das baden-württembergische Vorgehen für zielführend, bei dem schon seit vielen Jahren vor Beginn des Bohrens zum seismischen Risiko eine gutachterliche Begleitung von Tiefbohrprojekten gefordert wird“, zitiert ihn die BZ. Zudem seien Bohrungen, die bis ins Grundgebirge reichen, in Baden-Württemberg nicht zulässig. Eine weitere Absicherung erfolgte beispielsweise für das Geothermieprojekt in Brühl, für das die Injektionsversuche nur bis zu einem Druck von 30 bar genehmigt wurden.

Am Freitag, den 18. Dezember um 14 Uhr wird Jean Schmittbuhl von der Universität Straßburg im Webinar "Fokus on Geothermal" über erste Einschätzungen der jüngsten seimischen Ereignisse in Straßburg sprechen. Hier geht es zur Anmeldung: www.tiefegeothermie.de/webinar

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