Seismik-Kampagne in Hagen erfolgreich abgeschlossen

02.03.2021 | Erkundung & Analyse | Karin Jehle
Seimische Untersuchungen

Vibro-Trucks haben im dichtbesiedelten Ruhrgebiet zwei seismische Profillinien vermessen. Jetzt geht es an die Datenauswertung, um das geothermische Potenzial in Tiefen von ca. 4.000 Metern am Standort Hagen zu ermitteln.

Über 2.000 Geophone, knapp 400 Anregungspunkte, zwei seismische Profillinien von zusammen über 24 Kilometern Länge und Terabyte an Daten. Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie IEG berichtet in einer Pressemitteilung, dass die seismischen Messungen innerhalb des Forschungsprojektes „Geothermale Papiertrocknung“ erfolgreich absolviert wurden. Beteiligt waren neben dem Fraunhofer IEG das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT sowie die Kabel Premium Pulp & Paper GmbH, die die Wärme aus der Tiefe dann letztendlich nutzen wird.

Nach langer Genehmigungs- und Detailplanung im Vorfeld (wir berichteten) konnte das Fraunhofer IEG die seismischen Messungen in Hagen, Herdecke, Dortmund und Schwerte schließlich im Feld ausführen. Eine Messlinie lief entlang der Autobahn A1; hier fanden die Messungen nachts statt, um den Verkehr nicht zu beeinträchtigen. Die zweite Linie lag abseits der Hauptverkehrsachsen und führte über öffentliche Straßen und Waldwege.

Alle 50 Meter entlang der beiden Profilstrecken lagen die Anregungspunkte, an denen die Vibro-Trucks jeweils acht sogenannte „Sweeps“ durchführten. Dabei steigerten sie die in die Tiefe abgegebene Frequenz innerhalb von zehn Sekunden von acht auf 80 Hertz. Über 2.000 Geophone waren entlang der Profilinien installiert und zeichneten einige Terabyte an Messdaten auf.

Ziel der nun folgenden Auswertung in den kommenden Wochen sind vor allem die devonischen Massenkalke, die in Tiefen bis zu 4.000 Metern vermutet werden. Die Daten werden das Verständnis über die Geologie im Raum Hagen enorm erweitern und bilden – im besten Falle – das Fundament für die Planung einer Erkundungsbohrung für tiefe Geothermie in Hagen.

Wegweisender Erfolg für die geophysikalische Exploration in Nordrhein-Westfalen

Prof. Rolf Bracke, Leiter der Fraunhofer IEG, sieht die erfolgreiche Messkampagne nicht nur als „Meilenstein für das konkrete Projekt Papierfabrik“, sondern auch als einen „wegweisenden Erfolg für die geophysikalische Exploration und die Nutzung tiefer geothermischer Ressourcen in ganz Nordrhein-Westfalen“ an. Das Projekt zeige, „dass Vibro-Seismik auch in Metropolen wie dem Ruhrgebiet als Standardtechnologie ohne größere Beeinträchtigungen umsetzbar ist.“

Projektleiter Dr. Oliver Ritzmann von der Fraunhofer IEG berichtet, dass man im Vorfeld der Messkampagne auf viel Zuspruch zu der nachhaltigen Energieform tiefe Geothermie und ihrer Exploration gestoßen sei: „Gerade die Dichte an Verkehr und Infrastruktur im Untersuchungsgebiet mussten wir in der Planung adressieren. Im Gespräch mit den Akteuren vor Ort konnten wir jedoch stets gute Lösungen finden, um alle Interessen zu wahren.“

Über das Projekt

Die Kabel Premium Pulp & Paper GmbH untersucht zusammen mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG aus Bochum und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT aus Oberhausen die Möglichkeiten der Erdwärmenutzung aus Tiefen von ca. 4.000 Metern am Standort Hagen.

Aufgabe der Fraunhofer IEG ist dabei die Untersuchung der Geologie des Untergrundes in 4.000 Meter Tiefe, um abschätzen zu können, inwieweit die Nutzung der Erdwärme mit erwarteten Temperaturen von rund 130°C überhaupt möglich ist. Das Fraunhofer UMSICHT entwickelt dazu verfahrenstechnische Konzepte, um die Wärme aus der tiefen Geothermie in die Prozesse der Papiertrocknung einbinden zu können.

Erst nach detaillierter Auswertung der Messdaten der seismischen Untersuchung können die Projektpartner beurteilen, ob eine Umsetzung und der anschließende Betrieb einer Geothermieanlage in Hagen angestrebt werden kann.

Das Forschungsprojekt und die seismische Untersuchung werden mit Mitteln des Landes NRW und der Europäischen Union gefördert und von der EnergieAgentur.NRW unterstützt.

Quelle:

Fraunhofer IEG