Tiefschlag für Geothermie in der Schweiz - Projekt Haute Sorne steht vor dem Aus

09.04.2020 | EGS | Valerie Hecht

Die jurassische Kantonsregierung will die Bewilligung für das geplante Geothermie-Kraftwerk Haute-Sorne zurückziehen. Für die Betreiber, die Geo-Energie Suisse, ist diese Entscheidung überraschend.

Die Kantonsregierung des Juras versetzt dem Haute-Sorne-Geothermieprojekt der Geo-Energie Suisse im Kanton Jura in der Schweiz einen heftigen Schlag. Wie verschiedene Schweizer Medien berichten, will die Kantonsregierung die Bewilligung für das Projekt zurückziehen. "Wir müssen zuerst die schriftliche Begründung abwarten, dann analysieren wir und entscheiden, wie wir weiter vorgehen", äußert sich Peter Meier, Geschäftsführer der Geo-Energie Suisse, gegenüber den Tagesanzeiger zu der Entscheidung.

Rechtliche Schritte sind nicht ausgeschlossen

Bis jetzt ist keine Entscheidung gefallen, ob das Unternehmen gegen die  rechtliche Schritte einleiten wird, da das Projekt war von der Regierung genehmigt worden war. Die Genehmigung hatte die Regierung bereits im Juni 2015 mit einem Sondernutzungsplan erteilt, und es gabe auch keine Einsprüche von Umweltgruppen. Eine Beschwerde von privater Seite gegen den Sondernutzungsplan wurde vom Bundesgericht im Dezember 2018 abgewiesen.

Schliesslich erhielt das Projekt gute Noten aus der Wissenschaft. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht bescheinigte der Schweizerische Erdbebendienst, dass das Konzept und das Risikomanagement angesichts des induzierten Erdbebens in Südkorea keine grundlegenden Änderungen erforderten.

Die Regierung des Juras hatte den Erdbebendienst beauftragt, das Erdbeben in Südkorea mit dem Projekt in Haute-Sorne zu vergleichen. Dort bebte die Erde nach Arbeiten im Untergrund für ein geothermischen Kraftwerks, das nach einem ähnlichen Verfahren wie in Basel erstellt werden sollte, am 15. November 2017 mit einer Stärke von 5,4.

Minimiertes Erdbebenrisiko dank neuem Verfahren

Das Verfahren, das die Geo-Energie Suisse im Jura anwendet, unterscheidet sich deutlich von jenem in Basel und Südkorea. Die Bohrung soll vier bis fünf Kilometer in den kristallinen Untergrund bohren, um genügend Wärme für die Stromproduktion erzeugen zu können. Doch anders als in Basel wird ein einzelner Wärmespeicher nicht in einem einzigen Arbeitsgang mit Wasserinjektionen stimuliert. Das neue Verfahren erzeugt nach und nach bis zu 30 kleinere Wärmespeicher. Auf diese Weise kann der Untergrund mit viel weniger starken Wasserinjektionen behandelt werden, wodurch das Erdbebenrisiko minimiert wird.

Das Unternehmen plant ein schrittweises Vorgehen: Zunächst wird eine reine Explorationsbohrung zur Erkundung und Vermessung des Untergrundes abgeteuft. Dann ist eine kleine Testanregung mit niedrigem Wasserdruck geplant, um zu prüfen, wie die Oberfläche reagiert. Das Verfahren wird auch in einem kleinen Maßstab in einem Stollen im Bedretto-Tal wissenschaftlich getestet.

Das einzige Leuchtturmprojekt

Der Kanton hielt den Bericht des Schweizerischen Erdbebendienstes lange Zeit unter Verschluss, schliesslich sickerten Inhalte doch durch. Dies führte zu einer spontanen Pressekonferenz der Juraregierung am 7. April 2020. Es sieht so aus, als sei die Regierung aus politischen Gründen zu einer Reaktion gezwungen worden. Das Projekt hatte nur eine geringe öffentliche Unterstützung. Es wurde eine Volksinitiative gegen das Projekt eingereicht, was nach Ansicht des Verfassungsgerichts des Kantons nicht gesetzeskonform ist. Das Parlament nahm zudem eine Motion an, die einen definitiven Stopp fordert. "Ich bin nach wie vor optimistisch, dass die Tiefengeothermie in der Schweiz weitergeführt wird, sei es im Jura oder anderswo, aber letztlich werden wohl die Gerichte, der Bund und unsere Aktionäre entscheiden", sagt Peter Meier von Geo-Energie Suisse.

Für den Bund ist dieses Projekt ein Leuchtturmprojekt für die Tiefengeothermie in der Schweiz. Er unterstützt das Projekt mit einem Explorationsbeitrag von 64,1 Millionen Franken. Das Kraftwerk könnte eines Tages Strom für rund 6.000 Haushalte produzieren. Bislang wurde in der Schweiz noch keine Kilowattstunde geothermischer Strom produziert. Trotzdem rechnet die Energiestrategie 2050 des Bundes mit einem Potenzial von 4,4 Terawattstunden (TWh) Strom für diese Form der Energieerzeugung. Das sind rund acht Prozent des Stromverbrauchs in der Schweiz - und deutlich mehr als das Kernkraftwerk Mühleberg produziert hat.

Quelle:

Tagesanzeiger