Tschechien und Slowakei wollen verstärkt EGS-Projekte realisieren

03.05.2013 | EGS | Sabine Volland

Tschechien und die Slowakei wollen die Tiefengeothermie verstärkt ausbauen. Die meisten Projekte sollen auf EGS-Basis geplant und umgesetzt werden. Damit würden beide Länder ein deutliches Signal für den Ausbau dieser Technologie in Europa setzen. Andere Länder müssten nachziehen.

Der Ausbau erneuerbarer Energien in Tschechien befindet sich im Aufschwung. Das Land setzt momentan noch auf Photovoltaik im großen Maßstab. Ähnlich wie in Deutschland, sind mit dem starken PV-Ausbau die Stromkosten in Tschechien stark gestiegen. Für die Geothermie bedeutet dies einen Nachteil, da ein weiteres Ansteigen der Einspeisvergütungder Bevölkerung schwierig zu vermitteln sein dürfte. Geht ein Kraftwerk 2013 ans Netz, so erhält der Betreiber 12,8 Cent pro Kilowattstunde und einen sogenannten Grünen Bonus von 8,9 Cent für den Eigenverbrauch auf 20 Jahre garantiert, wie es in einer Studie von GTAI (Germany Trade & Invest) heißt.

Aber bislang hat Tschechien noch kein tiefengeothermisches Stromprojekt umgesetzt, für 2013 aber bereits mit einer installierten Leistung von vier Megawatt (MW) geplant sowie mit einer Produktion von 8 Gigawattstunden (GWh). Ab 2014 soll die Produktion bereits auf 20 GWh steigen, was eine rasante geothermische Entwicklung im Land voraussetzt.

Das ist aber nur die Spitze des tatsächlichen geothermischen Potentials in Tschechien. Das Land birgt Voraussetzungen, die eine Stromerzeugung bis zu 250 MW ermöglichen, auf ca. 60 potentielle Standorte verteilt, wie eine Studie des Energiekonzerns CEZ ergeben hat. Das ermöglicht eine theoretische Wärmenutzung mit bis zu 2.000 MW. Für ein Projekt in Tanvald (Nordböhmen) laufen die Vorbereitungen. "Wir sind gerade dabei das Environmental Impact Assessment durchzuführen, das die Voraussetzungen für die Baubewilligung, die der deutschen Aufsuchungsgenhmigung gleichkommt, ist.", so Zbynek Sonka von der tschechischen Firma Entergeo gegenüber Enerchange. "Wir hoffen, bis zum Herbst Genehmigungen der Behörden und der Regierung zu bekommen, damit wir dann mit der Projektplanung und den seismischen Untersuchungen beginnen können. Im Herbst 2014könnten dann die Bohrarbeiten beginnen", so Sonka weiter.

Ein Problem ist allerdings, dass das Land über keine einheimische Industrie für die Umsetzung von tiefengeothermischen Projekten. Es gibt zwar Bohrunternehmen, aber die übliche Technologie für die Projektumsetzung, angefangen von der Bohrausrüstung über Pumpen bis hin zur Kraftwerkseinheit müssen aus dem Ausland importiert werden. Als potentielle Technologielieferanten kommen hier Italien, die USA und auch Deutschland in Frage.

Mit mehr als sechs Gigawatt verfügt die Slowakei über ein noch höheres tiefengeothermisches Potential als Tschechien, so die Studie des GTAI weiter. Als besonders energieträchtig hat sich der Südosten und Südwesten des Landes herauskristallisiert. Bislang geht man von 25 geeigneten Feldern für eine geothermische Stromproduktion mittels EGS-Technologie aus.

Die Projektentwicklung begann bereits in den 1970er Jahren, zur Zeit der großen Erdölexploration. Aber bis heute gibt es auch dort kein Geothermiekraftwerk in Betrieb, obwohl die Einspeisevergütung mit 19 Cent pro Kilowattstunde deutlich höher ist als im Nachbarland Tschechien. Da in der Slowakei momentan noch eine garantierte stabil bleibende Einspeisevergütung in Aussicht gestellt wird, schafft das Land erhöhte Investitionsanreize für die Entwicklung von EGS-Projekten.

In der Region Olsovany-Durkov-Bidovce im Südosten des Landes wurde 125 Grad Celsius heißes Thermalwasser zwischen 2.000 m bis 3.000 m Tiefe entdeckt. Nach Schätzungen könnten ca. 40 Prozent der Haushalte in Durkov ihren Wärmebedarf aus dieser Quelle decken. Bratislava hat bereits zwei Anlagen mit eine Gesamtleistung von neun Megawatt genehmigt. Dieses Jahr wurde mit der Verlegung der ersten Leitungen für eine Fernwärmeversorgung begonnen. Im Zentrum des Landes, bei Kosice, steigen die prognostizierten Temperaturen auf 140 Grad Celsius in 4.200 m Tiefe an. Die Bedingungen für ein tiefengeothermisches Kraftwerk zur Stromerzeugung sind optimal. In der zweiten Jahreshälfte 2013 könnte mit den ersten Tiefbohrungen begonnen werden, wie es in einem Bericht auf tschechien-online heißt. Das Projekt ist auf eine Leistung von sechs Megawatt ausgelegt und soll um die 45 Millionen Euro kosten.

Auch wenn beide Länder große und vielversprechende tiefengeothermische Vorkommen besitzen, muss kritisch auf eine zu rasante Marktentwicklung geschaut werden. Schnell können die steigenden Einspeisevergütungen die Strompreise für den Verbraucher in die Höhe treiben und die Geothermie in beiden Ländern unattraktiv für weitere Investitionen erscheinen lassen. Weiterhin stellt der hohe Salzgehalt der Tiefenwässer die Projektentwicklung vor eine Herausforderung. Es ist nun an beiden Ländern, ein für die Zukunft ausgewogenes Konzept zur Projekt- und Technologieentwicklung zu etablieren und damit Vorreiter für den EGS-Ausbau in Europa zu werden.