Wärmeverbund Riehen AG plant eine zweite Geothermieanlage

19.05.2020 | Internationale Projekte | Jochen Schneider

Mit dem Projekt «geo2riehen» plant der Schweizer Wärmeverbund Riehen AG eine zweite Geothermieanlage. Ein neuer Vertrag zwischen den beiden Aktionären, der Einwohnergemeinde Riehen und den Industriellen Werken Basel (IWB), sollen finanziellen Herausforderungen geregelt werden.

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Der Wärmeverbund Riehen versorgt seit 26 Jahren Haushalte in Riehen und Teile von Lörrach-Stetten zuverlässig mit Erdwärme. Das Herzstück des Wärmeverbunds ist die Geothermieanlage, die seit 1994 in Betrieb ist und aus einer Tiefe von über 1.500 Metern 67 Grad Celsius warmes Wasser fördert. Dieses wird im 38 Kilometer langen Fernwärmenetz genutzt und deckt heute den Wärmebedarf von rund 8.500 Personen. Und die Nachfrage steigt kontinuierlich.

Die Geothermie in Riehen heute und in Zukunft: Riehen bleibt Energiestadt

Geothermie ist eine erneuerbare CO2-freie Technologie. Riehen ist einer der am besten geeigneten Standorte der Schweiz. Die Wärmeentnahme aus dem Erdinnern ist gering und der Untergrund bleibt dadurch unverändert.

Die aus der Geothermie gewonnene Energiemenge konnte in den letzten zehn Jahren von 10 GWh auf 23,3 GWh im Jahr 2018 mehr als verdoppelt werden. Dies entspricht ca. 2.200 Tonnen, bzw. ca. 2,6 Mio. Liter Erdöl pro Jahr. In den letzten Jahren wurden viele Neukunden angeschlossen und der Wärmebezug konnte dadurch gesteigert werden.

Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden und den Anteil CO2-freier Energie zu steigern, soll eine zweite Anlage «geo2riehen» gebaut und die langfristige Finanzierung neu geregelt werden. Mit der neuen Anlage sollen gemäß aktueller Planung in ein paar Jahren innerhalb des Versorgungsperimeters etwa 4.000 weitere Personen versorgt werden.

Riehen wurde im Jahre 2004 als erste Gemeinde Europas mit dem European Energy Award Gold ausgezeichnet und verfolgt weiterhin das Ziel, in diesem Bereich dank zukunftsweisender Projekte führend zu bleiben.

Positives Resultat der Machbarkeitsstudie

Eine Machbarkeitsstudie hat 2018 ergeben, dass die Chancen für den Betrieb einer zweiten Geothermieanlage dank günstigen geologischen Voraussetzungen gutstehen. In einem nächsten Schritt soll dies mit Probebohrungen bestätigt werden. Davor wird durch eine 3D Messkampagne der Verlauf der unterirdischen Gesteinsschichten modelliert, um ein Bohrziel definieren zu können. Mit bereits bestehenden Bohrungen am Bachtelenweg und im Stettenfeld wurde eine günstige Wasserführung nachgewiesen. Aufgrund dieser Erfahrung geht man von einer relativ hohen Erfolgswahrscheinlichkeit aus.

Bevor das Projekt weiter vorangetrieben und Probebohrungen durchgeführt werden können, ist die Zusammenarbeit zwischen den Aktionären neu zu regeln.

Unterstützung durch den Bund

Bei dem Bundesamt für Energie (BFE) wurde im Dezember 2018 ein Förderbeitrag beantragt und im Zuge dessen das Projekt durch eine Expertengruppe des BFE geprüft. Nach Abschluss der Prüfung konnte im Januar 2020 ein Subventionsvertrag in der Höhe von 1,2 Millionen Franken für die Messkampagne unterzeichnet werden. Für die Bohrungen wird ein weiterer Subventionsbeitrag beantragt und bis dahin wird das Projekt weiterhin durch die Expertengruppe des BFE begleitet.

Projektrisiken sind sehr gering

Neben der hohen Erfolgswahrscheinlichkeit, dass man warmes Wasser in günstiger Tiefe findet, müssen auch Projektrisiken beachtet werden. So weiß man nicht punktgenau, wo das Wasser liegt. Dieses Risiko minimiert man mit einer guten Messkampagne.

Das Risiko eines spürbaren Erdbebens wird durch die Projektverantwortlichen bei den geplanten Bohrungen als sehr gering erachtet. Bei den früheren Bohrungen sind keine Zwischenfälle aufgetreten und die geologischen Verhältnisse sind sehr ähnlich.

In Riehen wird wie schon bei den Bohrungen von 1988 der bereits natürlich zerbrochene, durchlässige und wasserführende Untergrund genutzt. Es werden keine neuen Brüche erzeugt, so dass keine spürbaren Beben zu erwarten sind.

Alle Projektrisiken werden fortlaufend beobachtet und je nach Projektentwicklung Maßnahmen zur weiteren Risikominimierung ergriffen und darüber kommuniziert.

Neuer Energierichtplan des Kantons bedingt eine Partnerschaft auf Augenhöhe

Um die ehrgeizigen Ziele des Projekts «geo2riehen» zu erreichen, steht der Wärmeverbund Riehen AG vor sehr großen technischen und finanziellen Herausforderungen. Das Interesse der Hausbesitzer an einem Anschluss an den Wärmeverbund wird weiterhin hoch bleiben. Die energiepolitischen Vorgaben des Bundes und des Kantons zielen alle auf die verstärkte Förderung der umweltfreundlichen Geothermie.

Neben der Investition für «geo2riehen» werden in den nächsten Jahren weitere Investitionen in die bestehenden Produktionsanlagen und in die Netze nötig sein. Dies vor dem Hintergrund, dass der neue Energierichtplan BS eine CO2-Reduktion («Dekarbonisierung») des Wärmesystems fordert. Dadurch stehen der WVR AG als auch die IWB vor großen Herausforderungen, die es partnerschaftlich zu lösen gilt. In Riehen stehen Ersatz- und Neuinvestitionen für Produktionsanlagen sowie der Ausbau des Fernwärmenetzes an. Weil die Fernwärme Riehen und die Fernwärme Basel heute schon technisch verbunden sind, ist ein Gleichschalten der Interessen von grosser Bedeutung.

Je nach Nachfrageszenario wird der Investitionsbedarf in den kommenden Jahren auf 42 bis 49 Millionen Franken geschätzt, wobei nach Abzug der möglichen Subventionsbeiträge ca. 14 Millionen auf «geo2riehen» entfallen. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, haben die beiden Aktionäre (die Gemeinde Riehen und die IWB) ihre Partnerschaft überprüft.

Zukünftig sollen die Aktienanteile je 50 Prozent statt heute 72.9 Prozent (Gemeinde Riehen) zu 27.1 Prozent (IWB) betragen. Die IWB sind bezüglich Energieversorgung nicht nur der wichtigste Akteur im Kanton Basel-Stadt, sondern auch ein unverzichtbarer Partner der Gemeinde im Wärmeverbund Riehen und verfügen über grosses technisches und betriebliches Know-how.

Die IWB übernehmen mit der Verschiebung des Aktienanteils auch entsprechend mehr finanzielle Verantwortung und Risiko.

Information für Einwohnerrat und Bevölkerung

Der Riehener Einwohnerrat wird voraussichtlich im Juni 2020 über die Vorlage befinden. Die Bevölkerung wird voraussichtlich im Herbst 2020 im Detail über das Projekt informiert.

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