Weiterentwicklung der kombinierten Wärme- und Stromerzeugung

28.04.2020 | Veranstaltungen | Karin Jehle

Im Rahmen der Webinar-Reihe „Blickpunkt Geothermie“ referierte am 24. April Andrea Duvia von Turboden. Er ging auf die Auswirkungen der Corona-Krise auf den italienischen Kraftwerkshersteller und -betreiber ein und erläuterte, wie sich die ORC-Technologie in den letzten zehn Jahren weiterentwickelt hat, vor allem in Bezug auf die kombinierte Nutzung mit Wärme.

Die Auswirkungen der Corona-Krise legen das öffentliche Leben in Norditalien nun schon seit Wochen lahm. Die Pandemie hat hier einen katastrophalen Verlauf genommen – mit schrecklichen Folgen für das Leben und die Gesundheit der Menschen. Dennoch hat es das italienische Unternehmen Turboden geschafft, Projektdurchführung und Garantieleistungen in seinen Anlagen weltweit sicherzustellen.

Dies ist möglich, weil Turboden seine Kernaktivitäten in den Sparten Design, Inbetriebnahme und Kundendienst konzentriert und auf ein weltweites Netz von Lieferketten und spezialisierte Drittunternehmen zurückgreifen kann sowie selbst Filialen im Ausland betreibt. Zudem setzt Turboden in Zeiten von Covid19 auf „Smart Working“ und eine verstärkte Fernüberwachung, wie Andrea Duvia darstellte.

Die Turbinenmontage erfolgt an Produktionsstätten in Italien und in der Türkei, Unterstützung gab es durch Mitsubishi Heavy Industries.

Entwicklung der Kraftwerkstechnik in Deutschland

Turboden ist in Deutschland mit mehr als 80 Anlagen verschiedener Art im Betrieb vertreten, die fünf Geothermiekraftwerke Dürrnhaar, Kirchstockach, Traunreut, Sauerlach und Holzkirchen liegen alle im Bayerischen Molassebecken. Die jüngste Anlage in Holzkirchen ging 2019 in Betrieb. Während Dürrnhaar und Kirchstockach ausschließlich auf die Stromproduktion setzen, koppeln die anderen drei Anlagen auch Wärme aus.

Anhand eines Vergleichs zwischen den älteren Anlagen in Dürrnhaar (2012) und Kirchstockach (2013) mit der neuesten Anlage in Holzkirchen stellte Duvia die jüngste Entwicklung der Kraftwerkstechnik dar. So verfügt Holzkirchen über eine vierstufige Turbine mit doppelter Einspeisung auf zwei verschiedenen Druckniveaus. Das macht es möglich, einen Kohlenwasserstoffkreislauf für die Stromproduktion zu verwenden. Für die dreistufigen Turbinen in Dürrnhaar und Kirchstockach hätte dieser einen zu niedrigen Wirkungsgrad gehabt.

Die doppelte Einspeisung ermöglicht mehr Freiheit bei der Wahl des Arbeitsmittels (hier Isobutan), eine Optimierung des Kreislaufs und auch einen einfacheren Betrieb, da nur eine Turbine angefahren werden muss.

Die Kraftwerkstechnik ermöglicht es auch, erheblich größere Anlagen als in Holzkirchen zu betreiben. Beispielsweise können sich drei Turbinen mit jeweils bis zu sechs Expansionsstufen dem Wirkungsgrad der Anlage optimal anpassen.

Optimierung der Luftkondensatoren

Weitere Optimierungen konnte Turboden bei den Luftkondensatoren (LuKos) erzielen. Für die speziellen Bedingungen in Deutschland entwickelte das Unternehmen LuKos mit sehr geringem Eigenverbrauch, da der geothermisch produzierte Strom hier einen sehr hohen Wert hat. Mehr Effizienz wird durch eine spezielle Auslegung für einen sehr niedrigen Temperaturunterschied zwischen Luft und Arbeitsmittel erreicht.

Bis zu zehn Prozent mehr Leistung seien so bei gleichen Rahmenbedingungen, wie Vorlauftemperatur und Schüttung, möglich.

Wärmeauskopplung wichtig für die Zukunft der Geothermie

Wie wichtig die Auskopplung von Fernwärme zur klimaneutralen Versorgung von Haushalten, Firmen, Landwirtschaft und öffentlichen Gebäuden ist, betonte Andrea Duvia im letzten Teil seines Vortrags. Die bedarfsgerechte Produktion von Strom und Wärme in Geothermieanlagen sei entscheidend für die Zukunft der Geothermie.

Die einfachste Möglichkeit hierfür ist die parallele Produktion: Die Wärme aus der Tiefe geht direkt in das Fernwärmenetz, überschüssige Wärme dient zur Stromproduktion in der ORC-Anlage. Effizienter ist eine Kaskadennutzung. Hierbei dient das heißere Wasser zur Stromproduktion und erst danach fließt das schon abgekühlte Wasser in die Fernwärmenutzung.

Ist der Temperaturunterschied zwischen Wärmequelle und Wärmesenke groß genug, kann es möglich sein, die Wärme aus dem Kondensator zu nehmen. Turboden verfügt in diesem Bereich bei Biomasseanlagen schon über viel Erfahrung. Hier ist Kreativität beim Aufbau des Wärmenetzes gefragt. Eine Option sind beispielsweise Gewächshäuser, die eine sehr niedrige Rücklauftemperatur haben.

In Holzkirchen kommen beispielsweise sowohl die Kaskadennutzung als auch die parallele Produktion zur Anwendung, um optimal auf den Bedarf vor Ort eingehen zu können und gleichzeitig eine möglichst hohe Effizienz in der Stromerzeugung zu erreichen.

Wärmeabnahme nicht konstant

Der Wärmebedarf ist in Deutschland nicht konstant über das Jahr verteilt und liegt in den Wintermonaten deutlich höher. Daher ist es wichtig, die Anlage bedarfsgerecht zu fahren. Hier kommt ein weiterer Baustein ins Spiel: Wärmepumpen im Bereich zwischen drei und 30 MWth. Sie können den Leistungsbereich erhöhen und beispielsweise die winterlichen Wärmespitzen abdecken.

In einer Beispielrechnung verdeutlichte Duvia, wie eine solche Wärmepumpe den Betrieb einer Geothermieanlage optimiert. In der Rechnung konnte das Wärmenetz fast zu 100 Prozent mit regenerativen Energien betrieben werden. Etwas mehr als die Hälfte der geothermalen Leistung flossen in die Wärmeproduktion, der Rest in die Stromerzeugung.

Webinar auf YouTube – am 30. April geht es weiter

Für diejenigen, die das Webinar verpasst haben, gibt es eine Aufzeichnung auf unserem YouTube-Kanal.

Am Donnerstag, den 30. April erwarten wir Dr. André Deinhardt vom Bundesverband Geothermie e. V. (BVG). Er wird über die aktuelle energiepolitische Diskussion in Berlin und die Bedeutung für die tiefe Geothermie berichten. Insbesondere geht es um die Stellungnahme des Bundesrates zum Kohleausstiegsgesetz und die Umsetzung der darin aufgestellten Forderungen. Des Weiteren beschäftigt sich der Geschäftsführer des BVG in seinem Vortrag mit der Entwicklung der EEG-Diskussion vor dem Hintergrund der Verzögerung bei der Umsetzung weiterer Projekte.

Auf Seite des Webinars können Sie sich anmelden. Die Webinare werden mit GoToWebinar durchgeführt.

Quelle:

Enerchange

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