Zentrales Element für die Transformation der Wärmenetze

18.05.2021 | Politik | Karin Jehle
Stefan Ertle und Thomas Kölbel, EnBW

Für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung sehen Dr. Thomas Kölbel und Stefan Ertle, EnBW AG, die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) als zentrales Element an. Auch sie haben mit ihrer Expertise zum Stimmungsbild der Geothermiebranche in unserem aktuellen Thema im Fokus beigetragen.

Wie wichtig ist die „Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW)“ für die Entwicklung Ihrer eigenen Projekte bzw. der von Ihnen beratenen Unternehmen?

Die BEW ist zukünftig neben dem KWK-G sowie dem EEG ein zentrales Element für die Transformation der Wärmenetze und damit für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Wärmeerzeuger.

Inwieweit greifen Sie auf bisher bestehende Förderprogramme, wie „Wärmenetze 4.0" oder das KFW-Programm 272 „Erneuerbare Energien Premium" zurück?

Bisher bestehen Kompetenzen für Studien im Umfeld des Programms Wärmenetze 4.0. Für mögliche Umsetzungen wird aber auf die Notifizierung der BEW zugewartet. Das Programm KfW 272 wurde bei Projektentwicklungen berücksichtigt, jedoch ist die Förderquote zur Erhöhung der Realisierungswahrscheinlichkeit zu gering.

Der BEE als Interessensvertretung der gesamten Erneuerbare-Energien-Branche beklagt in einem Positionspapier, dass die fehlende Regelung für die Übergangszeit, bis die BEW in Kraft tritt, Investoren und Betreiber verunsichere und sie bei der Entwicklung neuer Projekte daher erst mal abwarten würden. Ist dies nach Ihren Erfahrungen in der Geothermiebranche mit ihren vergleichsweise langen Entwicklungszeiten auch der Fall?

Aufgrund der langen Projektentwicklungszeiten ist eine kurzfristige Notifizierung nicht das Zünglein an der Waage für die Weiterentwicklung gerade auch von Geothermieprojekten. Gleichwohl ist dieses Programm für die Investitionsentscheidungen v.a. im Lichte der Stilllegung von kohlebasierten KWK-Wärmeerzeugern ausschlaggebend, sodass hier eine zeitnahe Rechtssicherheit wünschenswert ist, um kurzfristig erforderliche Investitionen so zu gestalten, dass sie den langfristigen Zielen und rechtlichen Rahmen nicht entgegenstehen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die im Lichte der Förderregelungen des BEW initiierten und umgesetzten Projekte diese Förderung – aufgrund der langen Realisierungsdauer – auch gesichert in Anspruch nehmen können.

Der BDEW fordert ein Fördervolumen im BEW von mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr bis zum Jahr 2030 für alle regenerativen Energien im Wärmebereich. Welcher Teil davon wäre für die Entwicklung geothermischer Projekte notwendig, wenn bis dahin tatsächlich 10 TWh jährlich aus geothermaler Fernwärme stammen sollen, wie es die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2050" anvisiert?

Dies lässt sich pauschal nicht beantworten, da in Abhängigkeit der regionalen Akzeptanz ggf. Geothermieprojekte mit einer möglichen Zeitverzögerung, dann aber geballt realisiert werden dürften. Auch die mögliche Realisierung mehrerer Bohrungen an einem Standort ist hierfür ausschlaggebend. Bei einer gängigen Anlagengröße und dem entsprechenden Invest läge in diesem Fall das gesamte Fördervolumen für Geothermie mindestens im hohen dreistelligen Millionenbereich. Unbenommen ist analog zu anderen erneuerbaren Wärmeerzeugern zu prüfen, inwiefern übergangsweise auch eine auf Vollbenutzungsstunden basierte Betriebsförderung bei ausschließlichen Wärmeerzeugern mittels tiefer Geothermie angewendet werden kann. Damit könnte die Entwicklung der Wärmepreise im Zuge der Transformation stabilisiert werden.

Für die „Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG)“ schlägt der BDEW vor, den Anschluss von Einzelgebäuden an ein Fernwärmenetz nicht vom aktuellen Anteil erneuerbarer Energien abhängig zu machen, sondern von einem ausgearbeiteten Transformationsplan für das gesamte Netz. In Fernwärmegebieten sollten dezentrale Heizungssanierungen sogar von der Förderung ausgenommen werden. Halten Sie das für einen guten Ansatz, um mehr Haushalte zum Anschluss an die Fernwärme zu bewegen?

Dieser Ansatz wird befürwortet, da in der derzeitigen Ausgestaltung der BEG Wärmenetze diskriminiert werden, da diese einen Mindestanteil an Erneuerbaren haben müssen, der über den Bedingungen anderer Technologien liegt. Dies gilt z.B. für dezentral installierte Erdgasheizungssysteme. Hier wäre zumindest eine Angleichung der Förderbedingungen im Sinne eines technologieoffenen Level-Playing-Field wünschenswert.

 

Quelle:

Enerchange