Bayerische Tiefengeothermie-Anlagen auf Rekordkurs: Jahresleistung steigt auf 3,4 Terawattstunden Wärme

Thema im Fokus 10/2025
Große Preisverleihung beim Praxisforum Geothermie Bayern 2025.
Die Wärmeproduktion aus Tiefengeothermie hat in Bayern einen neuen Höchststand erreicht: Rund 3,4 Terawattstunden Wärme haben die 24 Geothermie-Anlagen im Freistaat im Jahr 2024 geliefert – ein neuer Rekord und ein Anstieg der Wärmelieferung um mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2023.

Ermittelt hat diese Zahlen das Praxisforum Geothermie Bayern, das in dieser Woche in Pullach im Isartal (Landkreis München) stattfindet. Ein Höhepunkt des Praxisforums - veranstaltet von Enerchange - war die Verleihung der Geothermischen Energiepreise. 

Zweckverband Geothermie Erding und Stadtwerke München erhalten Geothermische Energiepreise 

Als „Goldenes Heizwerk 2024“ wurde die Anlage des Zweckverbandes Geothermie Erding ausgezeichnet. Der Titel „Goldenes Kraftwerk 2024“ ging an die Stadtwerke München mit ihrer Geothermie-Anlage in Sauerlach. Der Veranstalter des Praxisforums Geothermie Bayern, Dr. Jochen Schneider, überreichte die Preise gemeinsam mit den energiepolitischen Sprechern von Freien Wählern und Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, Josef Lausch und Martin Stümpfig, an Michael Perzl vom Zweckverband Geothermie Erding und Stefan Birle von den Stadtwerken München. 

Zwei Paradebeispiele für das herausragende Leistungsvermögen der Tiefengeothermie

Die Anlage des Zweckverbandes Geothermie Erding glänzte im vergangenen Jahr insbesondere mit ihrer hohen Leistungszahl (Coefficient of Performance). Der in Erding erreichte COP-Wert von 40,5 bedeutet, dass mit dem Einsatz einer Kilowattstunde Strom (etwa für den Betrieb der Pumpen, die das heiße Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche fördern) mehr als 40 Kilowattstunden Wärme erzeugt werden. „Das macht diese Anlage zu einem Paradebeispiel für das herausragende Leistungsvermögen der Tiefengeothermie“, sagte Laudator Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching. Zum Vergleich: Bei modernen Luft-Wasser-Wärmepumpen gelten schon COP-Werte zwischen 5 und 6 als außerordentlich gut. 

Dank der herausragenden geologischen Bedingungen in Südbayern, wo das in der Tiefe vorkommende Wasser besonders hohe Temperaturen aufweist, gibt es auch eine Reihe von Geothermie-Anlagen, die zusätzlich zur Wärme auch Strom produzieren können. Hier ragte im vergangenen Jahr die von den Stadtwerken München betriebene Anlage in Sauerlach (Landkreis München) heraus – unter anderem mit einer besonders intensiven Nutzung der verfügbaren Erdwärme. Nach einer Fördertemperatur von 140 Grad Celsius wird das Wasser in Sauerlach mit nur noch 40 Grad Celsius zurück in die Tiefe gepumpt. Das bedeutet, dass hier die Energie aus 100 Grad Celsius zur Gewinnung von Wärme und Strom genutzt wird. Dies ist der Spitzenwert unter allen bayerischen Geothermie-Anlagen.  

„Geothermie-Oscar“ für langjährigen Leiter des Bergsamts Südbayern, Peter Freiherr von Pastor

Erstmals verliehen wurde der Ehrenpreis des Praxisforums Geothermie Bayern. Diese Auszeichnung erhielt der langjährige Leiter des Bergamts Südbayern, Peter Freiherr von Pastor. Er habe die bayerische Geothermie über viele Jahre hinweg geprägt und sich so diesen neugeschaffenen „Geothermie-Oscar“ für sein Lebenswerk verdient, würdigte Hubertus Prinz zu Hohenlohe-Langenburg als Laudator. „Peter Freiherr von Pastor hat die Tiefengeothermie auf Behördenseite stark unterstützt und weitergebracht. Auch sind nirgendwo sonst in Deutschland die Bearbeitungszeiten für Geothermie-Projekte so kurz wie beim Bergamt Südbayern.“ 

Christian-Hecht-Preis an Jaromir Jeßberger von der Universität Bayreuth

Schon seit vielen Jahren wird beim Praxisforum Geothermie Bayern auch der wissenschaftliche Nachwuchs mit einer Auszeichnung bedacht. Jaromir Jeßberger von der Universität Bayreuth erhielt den diesjährigen Christian-Hecht-Preis für seine Arbeit über die Bewertung von Hochtemperatur-Wärmepumpen und ihre Integration in geothermische Energiesysteme. „Diese Arbeit zeigt, wie die Erdwärme auch in Regionen außerhalb der Geothermie-Hotspots zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden kann“, sagte Laudator Christian Pletl von den Stadtwerken München. Die Stadtwerke München belohnen die Auszeichnung mit einem Preisgeld von 1.500 Euro.

Rekordteilnehmerzahl beim Praxisforum im Pullacher Bürgerhaus

Eingerahmt wurde die Preisverleihung beim Praxisforum Geothermie Bayern von einem hochkarätig besetzten Kongresstag. Dieser stand ganz im Zeichen des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes, das die Bundesregierung im August verabschiedet hat. Die neuen politischen Rahmenbedingungen, die einen flächendeckenden Ausbau der zukunftsgerichteten Wärmeversorgung aus Tiefengeothermie bewirken sollen, spiegelten sich auch in einer neuen Rekordteilnehmerzahl beim Praxisforum Geothermie Bayern. Die Veranstaltung im Pullacher Bürgerhaus stellte damit einmal mehr ihre Rolle als Süddeutschlands führendes Branchentreffen zur Erdwärme-Nutzung unter Beweis. 

Zum Auftakt ein starker Schwerpunkt auf die Nachwuchskräfte

Eröffnet wurde das Praxisforum Geothermie Bayern mit einem starken Schwerpunkt auf die Nachwuchskräfte: Studierende und Auszubildende waren kostenfrei eingeladen, die vielseitigen Berufsbilder rund um die Tiefengeothermie kennenzulernen, Kontakte zu Unternehmen zu knüpfen und Einstiegsmöglichkeiten in die Branche auszuloten. „Damit die Wärmewende nicht am Fachkräftemangel scheitert, stand das Berufsforum auch in diesem Jahr gleich an erster Stelle beim Praxisforum“, erklärte Veranstalter Jochen Schneider.

Abschluss des Praxisforums mit zwei Leuchtturmprojekten der Tiefengeothermie

Am dritten und letzten Tag des Praxisforums Geothermie Bayern werden bei der „GeoTHOUR“ noch zwei Vorzeigeprojekte der Tiefengeothermie besucht. Die erste Station ist die neue Geothermie-Anlage der MTU Aero Engines AG im Münchner Norden. Als erstes deutsches DAX-40-Unternehmen hat der Münchner Triebswerkshersteller ein Tiefengeothermie-Projekt verwirklicht. Die zweite Station ist der neue Bohrplatz der Erdwärme Grünwald (Laufzorn II). Mit diesem Projekt befindet sich die 11.000-Einwohner-Gemeinde im Münchner Süden auf dem besten Weg, als erste Kommune überhaupt in Deutschland ihren gesamten Wärmebedarf aus CO2-freier Erdwärme zu erzeugen.