Erfolg in Unterföhring: Neue Bohrung liefert heißeres Wasser als erwartet

Thema im Fokus 5-2014 | Marcus Brian

Die deutschlandweit bislang einmalige Erweiterung einer bestehenden Geothermieanlage in Unterföhring startet mit einer guten Nachricht: Die neue Tiefenbohrung des örtlichen Wärmeversorgers GEOVOL liefert heißeres Wasser als erwartet. Wie die verschiedenen Tests in den vergangenen Tagen zeigten, ist das Wasser in rund 2300 Metern Tiefe statt der – auf Basis der bestehenden Bohrung - erwarteten 87 Grad rund 93 Grad warm. Auch die Ergiebigkeit der neuen Heißwasserquelle ist hervorragend: Pro Sekunde quellen 85 Liter Wasser aus der Tiefe hervor, im laufenden Betrieb werden sich voraussichtlich bis zu 100 Liter fördern lassen. „Wir sind sehr zufrieden mit diesen Ergebnissen. Die Bohrung bietet damit beste Voraussetzungen für die Erweiterung unserer Geothermieanlage und damit den Anschluss des Unterföhringer Südens“, freut sich Peter Lohr, Geschäftsführer von GEOVOL. Ab Mitte Mai wird die zweite neue Bohrung niedergebracht und damit die Dublette komplett gemacht.

Bild entfernt.Die neue Bohrung wurde mit dem Bohrgerät Drillmec HH300 der Firma Daldrup & Söhne AG niedergebracht und konnte nach nur 48 Bohrtagen fertiggestellt werden. Nach Angaben des Projektleiters Dr. Franz Böhm von der Firma Erdwerk aus München war das Rekord. „Vor Bohrbeginn wurde als Benchmark die sogenannte ‚Best-Historic-Performance‘, also die statistisch gesehen schnellstmögliche Bohrung zum Ziel gesetzt. Die hatte bei 53 Tage bis zur Endteufe gelegen. Mit den nun 48 Bohrtagen konnte dieses Ziel also deutlich übererfüllt werden“, erklärt Böhm.

Für Josef Daldrup, Vorstandsvorsitzender von Daldrup & Söhne, ist die Gemeinde Unterföhring ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Nutzung der geothermischen Energie: „Die GEOVOL nutzt ihre guten Erfahrungen mit der Geothermie, insbesondere mit der Wirtschaftlichkeit und der Akzeptanz der Fernwärmeversorgung, zu einem Ausbau ihrer bestehenden Anlage. Das ist eine moderne, klimafreundliche Energieversorgung. Ähnliche Möglichkeiten, lokale Ressourcen unabhängig von großen Versorgern einzusetzen, bieten sich ebenfalls für viele weitere Gemeinden im bayrischen Molassebecken.“

Insgesamt ist die Bohrung 3.897 Meter lang und endet in einer vertikalen Tiefe von 2.341 Metern. Der Bohrpfad beginnt mit einem senkrechten Teilstück von 681 Metern Länge, das ausreichend Platz für den Einbau der Pumpe schaffen soll. Um nicht mit den bestehenden Bohrungen in Konflikt zu kommen, wurde die Bohrung von dem Richtbohrservice durch ein automatisiertes Richtbohrsystem (RSS) im Anschluss an die senkrechte Sektion langsam in einem Winkel von rund 65 Grad gen Südsüdost abgelenkt. Nach der Ablenkung verläuft die Bohrung komplett gerade und trifft nach einer Bohrstrecke von insgesamt rund 3.230 Metern schließlich auf den Malmkarst. Dort wurden weitere rund 700 Meter abgeteuft. Ziel der Bohrung war ein Riffzug im Malm. „Für das gesamte Bohrungsumfeld hatten wir aus der Seismik und auch der Bohrung selbst keinerlei Indikationen für Störungen. Der Riffzug wurde in der Seismik interpretiert und durch die Bohrergebnisse und Messungen bestätigt“ so Projektleiter Böhm von Erdwerk.

Die höhere Temperatur des gefundenen Thermalwassers ist für GEOVOL insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht ein Grund zur Freude: „Jedes Grad mehr erlaubt uns den Anschluss von mehr Fernwärmekunden und verbessert damit die Wirtschaftlichkeit unserer Anlage“ so Peter Lohr. Ralf Gundelach, der im Auftrag des Ingenieurbüros KESS die energetischen Berechnungen für die neue Energiezentrale vornimmt, hat ausgerechnet, was dies konkret bedeutet: „Das um sechs Grad heißere Wasser ermöglicht GEOVOL, knapp 200 Häuser mehr an das Fernwärmenetz anzuschließen – ohne dass die Gemeinde zusätzliche Kosten hat.“ Verläuft die zweite neue Bohrung ebenfalls planmäßig, wird mit dem Bau der neuen Energiezentrale voraussichtlich im Herbst dieses Jahres begonnen. Fertigstellung des Gebäudes soll im Frühjahr 2015 sein.

Um das Upscaling von Geothermieanlagen und den Erfolg von geothermischen Wärmeprojekten geht es auch in einem Forum der 10. Internationalen Geothermiekonferenz, die kommende Woche am 14. Mai in Freiburg startet. Die bis 16. Mai dauernde Konferenz bietet darüber hinaus erneut vielfältige Möglichkeiten, sich mit der tiefen Geothermie auseinanderzusetzen. Themen sind unter anderem die EEG-Novelle, Risikominimierung, Geothermie in der trinationalen Oberrheingraben-Region und Möglichkeiten der Stromvermarktung. Nicht zuletzt bietet die IGC einen Workshop zum Thema „Planung und strategische Ausrichtung von PR-Maßnahmen für Geothermieprojekte“.

Das Programm und die Möglichkeit zur Online-Anmeldung finden Sie unter www.geothermiekonferenz.de.
 

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