Gasausstieg der Niederlande bis 2023: Geothermie als Alternative

Thema im Fokus 3-2018 | Elke Zimmermann

Die Niederlande sind der größte Erdgasproduzent und -lieferant der EU. Bis 2030 will das Land jedoch aus der Erdgasförderung aussteigen und verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. Eric Wiebes, der niederländische Minister für Wirtschaft und Klima, verkündete, dass das Land die Förderung in Europas größtem Erdgasfeld beenden wird.

Bisher gewinnen die Niederlande ihre Energie vor allem aus Erdgas, was auf die eigenen Vorkommen zurückzuführen ist. Es wird erwartet, dass der Primärenergieverbrauch, der 2014 bei 3.045 Petajoule (PJ) lag, bis zum Jahr 2020 auf 4.005 PJ steigt. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2023 den Primärenergieverbrauch zu 16 Prozent aus erneuerbarer Energie zu decken.

Neben Windkraft, Solar und Biomasse nimmt die Bedeutung der Geothermie in den letzten Jahren immer mehr zu. Zwischen 2009 und 2014 hat sich die Wärme- und Energieversorgung durch Geothermie auf 1.500 Terrajoule (TJ) pro Jahr mehr als verdoppelt. Ende 2017 lag sie bei 2.681 TJ pro Jahr.

Der Untergrund der Niederlande ist geologisch ähnlich aufgebaut wie in Norddeutschland. Während Norddeutschland 2015 eine installierte thermische Tiefengeothermieleistung von etwa 8 Megawatt (MW) hatte, waren es in den Niederländen 127 MW. Seit 2012 hat sich die Leistung in den Niederlanden verdreifacht und der Ausbau schreitet weiter voran. Die Bedingungen für die tiefengeothermische Nutzung sind wegen der sedimentären Grundwasserleiter (Durchfluss von 100 bis 300 m3 pro Stunde) sehr günstig. Hinzu kommt, dass aufgrund der zahlreichen Erdgas- und Erdölbohrungen viele Fachkenntnisse über die Beschaffenheit des Untergrundes vorliegen.

So weist der überwiegende Teil des Landes in zwei Kilometern Tiefe eine Temperatur von 95 °C und mehr auf. Das niederländische Forschungsinstitut Toegepast-Natuurwetenschappelijk Onderzoek (TNO), vergleichbar mit dem deutschen Fraunhofer Institut, schätzt das Geothermiepotential der Niederlande auf 38.000 PJ in vier Kilometern Tiefe [Anm. d. Red.: 1 PJ entspricht einem Jahresenergieverbrauch von etwa 25.000 Häusern]. Aus der Tiefengeothermie soll bis 2050 ein Fünftel des primären Energiebedarfs gedeckt werden können (411 PJ pro Jahr), so IF Technology, ein niederländisches Entwicklungsunternehmen, spezialisiert auf geothermische Nutzung.

Die niederländische Regierung hat 2012 das Förderprogramm SDE+ für Erneuerbare-Energien-Projekte aufgelegt, von dem auch die Geothermie profitiert. Der Förderanfrage muss seit 2015 eine geologische Untersuchung vorausgehen. Im Jahr 2016 wurde die Fördersumme im Vergleich zum Vorjahr auf 6 Milliarden Euro verdoppelt. Die Antragsphase im Frühjahr 2018 mit einem Budget von ebenfalls 6 Milliarden Euro ist bereits abgeschlossen. Im Herbst 2018 können weitere Anträge gestellt werden.

Die RNES Aardwarmte (Verordnung zur Deckung der Erdwärme) fördert die Nutzung von Geothermie und versichert die Unternehmen gegen das finanzielle Risiko einer Fehlbohrung. Von der Regierung wird vorab eine Prämie an die Unternehmen gezahlt. Zusätzlich wird im Fall einer Fehlbohrung vom Wirtschaftsministerium ein Ausgleich für den finanziellen Schaden geleistet.

Die Tiefengeothermie spielt vor allem im niederländischen Topsektor der Gewächshausindustrie eine große Rolle. Bis Anfang 2016 wurden zwölf der dreizehn Tiefengeothermieprojekte in diesem Sektor umgesetzt. Im Januar 2017 lagen 51 Lizenzen für die Exploration und 8 Lizenzen für die Produktion geothermischer Energie in den Niederlanden vor. 16 geothermische Dubletten förderten Wärme aus der Tiefe. Es wird prognostiziert, dass die Nachfrage weiter steigt und jedes Jahr drei bis fünf neue Tiefengeothermieprojekte dazu kommen.

Quellen:

Deutsch-Niederländische Handelskammer; Ministry of Economic Affairs Netherlands (Natural resources and geothermal energy in the Netherlands, Annual review 2016) zeit.de; EGC country update

Bildnachweis: Titelbild Yannick Heinrich