GeneSys in Hannover: Arbeiten am Einbohrloch-Konzept

Thema im Fokus 07-2010 | Enerchange

Die Idee, geothermische Energie mit einem einzigen Bohrloch zu erschließen, erschien wegen der zu erwartenden geringeren Bohrkosten immer attraktiv, bisher jedoch schwer realisierbar. Umso interessanter sind die Aktivitäten der Geowissenschaftler des Geozentrums Hannover, die mit der Forschungsbohrung GeneSys untersuchen wollen, wie das Einbohrloch-Konzept am besten zu verwirklichen ist. GeneSys steht dabei für "Generierte geothermische EnergieSysteme". Ziel des Projektes ist es, neben dem Sammeln von Erfahrungen mit dem Einbohrloch-Konzept,  genügend thermische Energie zu erzeugen, um das Geozentrum mit einem Heizbedarf von 2 MW zu versorgen. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob dieses Ziel erreicht werden kann.

Ende Juni 2009 startete die GeneSys-Bohrung in Hannover, um die in rund 4000 Meter Tiefe liegende Sandsteinformation des mittleren Buntsandsteins zu erschließen. Am 27. November 2009 wurde die Zielteufe in 3901 Metern erreicht. Wie erwartet war die Fündigkeit auf Grund der geringen Durchlässigkeit (< 0,1 mD) des Mittleren Buntsandsteins gering, die Temperatur mit 169 °C jedoch deutlich höher als erwartet. In den kommenden Monaten sollen nun mit Hilfe des "hydraulic fracturing" (Stimulation) im Sandstein Klüfte geschaffen bzw. aufgeweitet und so eine Wasserzirkulation von ca. 10 L/s erreicht werden. Dabei werden ca. 20.000 Kubikmeter Wasser in das unterirdische Gebirge gepresst und so Risse erzeugt, die nur ein paar Millimeter breit, aber hunderte Meter lang sind. Um das geothermische Potenzial zu nutzen, wird das Wasser über den einen Injektionsstrang in die untere Sandsteinformation eingebracht, wo es sich an den durch die Stimulation neu geschaffenen Gesteinsflächen erhitzt. Über eine ebenfalls neu geschaffene Verbindung zu einer 100 Meter darüber liegenden Sandsteinformation soll das erhitzte Wasser dann in den Ringraum zwischen der Einpressleitung und der Bohrlochwand fließen und so wieder an die Oberfläche kommen.

Dass diese Technik tatsächlich funktioniert, wurde bereits an der aufgelassenen Gasbohrung Horstberg, ca. 80 km nordöstlich von Hannover, gezeigt. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten konnte dort in 3000 Metern Tiefe schließlich ein künstliches Reservoir mit einer Schüttung von 7 bis 11 L/s erzeugt werden.

In Hannover wird nach Abschluss der Bohrungen und dem Erreichen der Zielteufe derzeit die Druckstabilität der Verrohrung getestet und versucht im Gestein kleine Risse zu erzeugen. Hierfür wurde das vollständig verrohrte Bohrloch im Zielhorizont auf einer Länge von sechs Metern mit 240 eingeschossenen Löchern perforiert und anschließend versucht, mit geringem Druck sogenannte Minifracs im Gestein zu erzeugen. Dabei hat sich gezeigt, dass in die 9 5/8‚Äò‚Äò Rohrtour eine 7‚Äò‚Äò Rohrtour eingezogen werden muss, um eine höhere Druckstabilität der Verrohrung und damit die Voraussetzung für das hydraulic fracturing zu schaffen. Die Stimulation des Reservoirs ist dann ab Ende 2010 bzw. Anfang 2011 geplant. Bis 2013 soll das System erfolgreich verwirklicht werden.

Ganz oben auf der Prioritätenliste der Projektverantwortlichen steht die die öffentliche Akzeptanz des Projekts. Deshalb wurde mit einer geräuscharmen Bohrlanlage gearbeitet, die zudem mit einer 10 m hohen Lärmschutzwand abgeschirmt war. Ein Info-Container direkt am Bohrplatz bietet darüber hinaus vielfältige Informationen rund um die Geothermie und das Projekt im Speziellen und fand mit mehreren tausend Besuchern großes Interesse. Nicht zuletzt werden die ganzen Arbeiten seit 2008 von einem seismischen Monitoringprogramm begleitet, das über die Website (www.genesys-hannover.de) des Projektes einsehbar ist und so gegenüber den Anliegern eine möglichst hohe Transparenz  gewährleistet.

Das Projekt wird durch Mittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) finanziert. Bisher wurde für die Erstellung der Bohrung 13 Millionen Euro aufgewendet, vier Millionen mehr als ursprünglich geplant, was auf die längere Bohrzeit zurückzuführen ist. Das ganze Projekt soll 20 Millionen Euro kosten.

Über den aktuellen Stand und die bisherigen Erfahrungen des GeneSys-Projekts und anderer Projekte im Norddeutschen Becken können Sie sich auf der Konferenz GeothermieNord.2010 informieren lassen. Sie findet vom 7. bis 8. Oktober in Schwerin statt und legt bewusst den Fokus auf das geothermische Potenzial und die Projekterfahrungen im Norddeutschen Becken. Informationen zum Programm und die Möglichkeit sich online anzumelden, finden Sie unter www.geothermienord.de
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