Geothermieanlage in Grünwald: verlässlicher Dauerbetrieb seit vier Jahren

Thema im Fokus 3-2015 | Jochen Schneider
Geothermieanlage Grünwald

Die Bohrung der Erdwärme Grünwald (EWG) fördert seit 2011 kontinuierlich Wärme für das Fernwärmenetz in Grünwald. Mit dem Tiefenwasser wird seit 2014 über eine Verbindungsleitung auch die Geothermie Unterhaching beliefert und seit einem halben Jahr das ORC-Stromkraftwerk. Im Interview mit ENERCHANGE spricht Geschäftsführer Andreas Lederle über die Anlage.

EN: Herr Lederle, momentan wird viel über Geothermieanlagen gesprochen, die auf Grund von Ausfällungen und Pumpenschäden nur einen eingeschränkten Betrieb haben. Können Sie die Diskussion nachvollziehen?

Lederle: Ja und Nein. Nein, da wir hier bei der EWG-Anlage in Laufzorn bis heute keine Ausfällungsprobleme beobachten und in den letzten dreieinhalb Jahren auch keinen Pumpenschaden hatten. Ja, weil wir in enger Zusammenarbeit mit der Geothermie Unterhaching stehen, wo mein Kollege Wolfgang Geisinger mit diesen Themen seit Jahren zu tun hat.

EN: Was sind die Gründe, dass in Ihrer Anlage diese Probleme nicht auftreten?

Lederle: Ganz genau können wir das heute auch noch nicht nachvollziehen. Wir haben mit 128 Grad Celsius eine ähnliche Temperatur wie die Nachbaranlage in Unterhaching, und auch die Wasserzusammensetzung ist fast dieselbe. Jedoch wird unsere Anlage noch mit einer geringeren Förderleistung gefahren, diese wollen wir jetzt sukzessive erhöhen. Die Förderbohrung gibt eine höhere Förderrate auf jeden Fall her, und auch die entsprechende Pumpe ist schon in Betrieb. Wir sind gespannt, was dann passiert, aber doch auch optimistisch, dass es so verlässlich weitergeht wie bisher.

EN: Seit einem halben Jahr ist Ihr Kraftwerk in Betrieb, welche Leistung hat es und wie sind Sie damit zufrieden?

Lederle: Wir haben im Oktober 2014 das Kraftwerk in Betrieb genommen, und es hat eine installierte Leistung von 4,5 Megawatt. Im Moment können wir es jedoch nur mit maximal 3,5 Megawatt betreiben, da der Energieversorger in der Einspeisezusage die Leistung auf diese Höhe begrenzt hat. Unser Businessplan ist so ausgelegt, dass wir mit dieser Leistung leben können.

EN: Sie betreiben eins der ersten geothermischen Kraftwerke, das in die Direktvermarktung musste, wie sind Ihre Erfahrungen?

Lederle: Mit unserem Partner CLENS haben wir bis heute gute Erfahrungen gemacht. Klar gibt es immer wieder Schnittstellen-Abstimmungen, wenn Messstellenbetreiber und Netzbetreiber nicht mehr die gleichen sind. Und auch die Entwicklung der Verträge unter Begleitung von BBH in München war arbeits- und kostenintensiv. Heute laufen die Vergütungen von beiden Partnern CLENS und Bayernwerk reibungslos.

EN: Lärm war immer wieder ein Thema vor allem von Bürgern der angrenzenden Gemeinde Oberhaching. Wie sieht die Lärmentwicklung der Anlage jetzt im Betrieb aus?

Lederle: Wir haben für die Anlage sehr strenge Auflagen vom Landratsamt München und der Gemeinde Oberhaching bekommen. Erste Messungen haben gezeigt, dass wir mit dem Kraftwerk die Auflagen gut einhalten können. Die Luftkondensatoren bleiben im Genehmigungsbereich, die Turbine ist eingehaust. Ein wenig lauter ist es im Heizwerk - da dieses jedoch ebenso vollständig in einem geschlossenen Gebäude untergebracht ist, haben wir auch hier keine Probleme, die genehmigten Emissionen einzuhalten.

EN: Abschließend die Frage, gibt es irgendwas, das Sie heute anders bauen würden? Oder sind Sie mit der Anlage rundum zufrieden?

Lederle: Wir sind sehr zufrieden mit der gesamten Anlage und auch mit der geothermischen Redundanz über die Verbindungsleitung mit Unterhaching. Auch der Betrieb läuft bisher sehr gut mit einer Verfügbarkeit der geothermischen Wärme von über 99 Prozent. Sicherlich gibt es auch noch Entwicklungspotenzial, so werden wir noch ein Blockheizkraftwerk in die bestehende Anlage integrieren, um den Eigenstrom selbst zu erzeugen. Damit hat schon die Geothermie in Unterhaching sehr gute Erfahrungen gemacht. Darüber hinaus werden wir mit einer sogenannten P2H-Anlage (power to heat) Überschussstrom aus dem vorgelagerten Netz von fluktuierenden Einspeisern wie Wind und Sonne sinnvoll in Wärme umwandeln und so zur Netzstabilität beitragen.

Im Kollegenkreis der Tiefengeothermiebetreiber diskutieren wir, ob es sinnvoll ist, die Wärmeübergabestation direkt an den Bohrungen unterzubringen und dann über die Fernwärmeleitungen das aufbereitete und gut beherrschbare Fernwärmewasser an alle Abnehmer, Heizzentrale, Kraftwerk und Verbindungsleitung zu liefern. Dies würde das Thermalwasser nur sehr kurz an die Oberfläche holen und nach der Entwärmung gleich wieder zurück ins Reservoir führen, ohne dass es oberirdisch durch lange Leitungen geführt werden muss. Eine spannende Frage, die ein großes Potential bietet.

EN: Herr Lederle, vielen Dank für das ausführliche Interview. Wir freuen uns, im Rahmen des Praxisforums Geothermie.Bayern am 27. Oktober 2015 Ihre Anlage besichtigen zu dürfen.
 

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