Neue Gesetzesregelungen für die tiefe Geothermie

Thema im Fokus 5-2016 | Sabine Volland

Das Jahr 2016 ist für die Geothermie relativ erfreulich verlaufen. Besonders in Bayern sind zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht worden, haben mit ihren Tiefbohrungen begonnen, erfolgreiche Pumptests durchlaufen, mit Aussicht auf leistungsfähige Anlagen, die Einwohner von Kommunen und Gemeinden mit geothermischer Wärme und auch Strom versorgen werden. Erstmals haben Anlagen den Besitzer gewechselt, um wirtschaftlich effizienter arbeiten zu können. Doch auch auf der politischen und Verwaltungsebene hat sich für die tiefe Geothermie einiges getan.

EEG-Novelle 2016 und europäische Neuregelungen

Im Juli 2016 verabschiedete der Bundestag die Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG), die der Bundesrat noch im gleichen Monat gebilligt hat. Nach vielen Einwänden der Verbände und Gesprächen mit der geothermischen Industrie, kann sich die Geothermie-Branche über eine gleichbleibende EEG-Vergütung auf bisherigem Niveau freuen. Die EEG-Novelle 2016 schafft für die Geothermie nun für weitere Jahre eine Investitionssicherheit für Projektinhaber und Investoren. Der Beginn der im EEG festgeschriebenen fünfprozentigen Degression wurde für die Geothermie um weitere drei Jahre verschoben. Statt 2018 tritt sie nun erst im Jahr 2021 in Kraft. Das nimmt Projekten, die derzeit in noch in der Umsetzungsphase sind, den Zeitdruck, bis Ende 2017 zwingend ans Netz gehen müssen, um noch die vollumfängliche EEG-Förderung zu erhalten. Aufgrund ihres Status als Nischentechnologie entfällt die im EEG neuverankerte Ausschreibungspflicht für die tiefe Geothermie bis auf weiteres, da der Gesetzesgeber für die Geothermie-Branche auch in Zukunft nicht von einer großen Wettbewerbssituation ausgeht.

Auch auf europäischer Ebene hat sich für die Geothermie wichtiges verändert. Die EU-Kommission hat dieses Jahr das Kumulierungsverbot der EEG-Förderung mit zusätzlicher KfW-Förderung aufgehoben, wie die bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, Ilse Aigner, in Ihrem Grußwort zum 4. Praxisforum Geothermie.Bayern ausführte. Es wurde entschieden, dass ein Kumulierungsverbot nicht für tiefengeothermische Strom- und Wärmeprojekte gilt. Neben der EEG-Förderung kann die geothermische Industrie in Deutschland nun einen eingeschränkten Bohrkostenzuschuss und zum Teil nicht rückzahlbare Darlehen für die gesamte Wertschöpfungskette erhalten.

Neuregelungen für die Geothermie in der Fracking-Gesetzgebung

Im August 2016 hat die Bundesregierung die neue Fracking-Gesetzgebung erlassen. Hintergrund war, unkonventionelles Fracking zur kommerziellen Erdöl- und Erdgasgewinnung, wie es bereits in anderen Ländern praktiziert wird, in Deutschland zu verbieten. Die Neuregelungen des Gesetzes beschränken sich aber nicht nur auf die Fracking-Technologie der Erdöl- und Erdgasindustrie, sondern greifen weiter. Sie betreffen den gesamten Bohrlochbergbau, wovon auch die tiefe Geothermie betroffen ist. Damit schafft der Gesetzesgeber nun Rechtssicherheit, sowohl für den Unternehmer als auch für die Bevölkerung, da bestimmte Verfahren nun erstmalig von Gesetzesseite klar geregelt werden.

Die gesetzlichen Neuregelungen umfassen zwei Gesetze und eine Verordnung. Geändert wurden das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Naturschutzgesetz (NSG) sowie die „Verordnung zur Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und über bergbauliche Anforderungen beim Einsatz der Fracking-Technologie und Tiefbohrungen“. Letztere gilt auch für Tiefbohrungen, die nicht gefrackt werden und daher auch die tiefe Geothermie betreffen, da das neue Regelungspaket den gesamten Bohrlochbergbau betrachtet.

Änderungen im WHG, NSG und Umweltverträglichkeitsvorprüfung für Tiefbohrungen

Von den Änderungen des WHG bezüglich des unkonventionellen Frackings ist die tiefe Geothermie nicht betroffen. Dagegen tangieren die verschärften Regelungen zum konventionellen Fracking die Geothermie in einigen Bereichen.

Wie im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 40 geregelt, bleibt konventionelles Fracking verboten in

  • Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten,
  • Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung,
  • in Einzugsgebieten eines Mineralwasservorkommens oder einer Heilquelle,
  • in Entnahmestellen von Wasser zur Herstellung von Lebensmitteln,
  • in Naturschutzgebieten und Nationalparks, worunter auch Natura 2000-Gebiete fallen.

Eine Ausnahme besteht hier für den Erhalt von bestehenden Heilquellen, sogenannte Bäderbohrungen, in Heilquellenschutz- und Einzugsgebieten. Ersatzbohrungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Fließfähigkeit innerhalb der Bohrung, ohne Einsatz von wassergefährdenden Stoffen, die zum Erhalt einer bestehenden Heilquelle dienen, sind für diesen Zweck zulässig.

Neu ist, dass der Gesetzesgeber eine zwingende Umweltverträglichkeitsvorprüfung (UVP-Vorprüfung) für Tiefbohrvorhaben erlassen hat. Dies gilt für alle Bohrungen, die zur Gewinnung und Aufsuchung von Bodenschätzen tiefer als 1.000 Meter niedergebracht werden (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 39). Für die Geothermie gilt somit ebenfalls eine sogenannte standortbezogene Vorprüfung. Damit sind die Ergebnisse der UVP-Vorprüfung zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Der Gesetzesgeber gibt dem bisherigen Bergrechtsverfahren somit einen Rechtsrahmen zur Folgenbeurteilung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Oberfläche haben kann, gemäß der Kriterien nach Anlage 2 UVPG. Sind keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten, gilt weiterhin das Hauptbetriebsplanverfahren. Anderenfalls bestünde eine UVP-Pflicht mit entsprechendem Rahmenbetriebsplan (§ 52 Abs. 2a BbergG) zur Zulassung über ein Planfeststellungsverfahren (§§ 57a und 57 b BbergG), mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Verfahrenslänge.

Eine zwingende UVP für Geothermiebohrungen wurde eingeführt für Vorhaben, die in den Erdbebenzonen 1 bis 3 liegen (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 39) und die Einbringung von wassergefährdenden Stoffen, die ohnehin der UVP-Pflicht unterliegen.

Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau

Bislang galt im Bundesberggesetz (BbergG) die Bergschadensvermutung nach § 120 als sogenannter Prima-Facie-Beweis, dem Beweis des ersten Anscheins. Dieser betraf vorwiegend Betriebe der untertägigen Aufsuchung und Gewinnung, wie beispielsweise den Steinkohlebergbau. Der Gesetzesgeber hat mit der Einführung des „Gesetz zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen“ die Bergschadenshaftung und Bergschadensvermutung sowie die Beweislastumkehr auf alle Tiefbohrungen erweitert, somit auch auf die Geothermie. Dies betrifft auch Schäden, die durch Erschütterungen verursacht werden. Dazu wurden das BbergG und die Einwirkungsbereichs-Bergverordnung entsprechend geändert. Die Beweislastumkehr bleibt eine Einzelfallentscheidung. Nach Aufnahme der Gewinnung hat der Unternehmer im angezeigten Schadensfall auf Veranlassung der zuständigen Behörde die Grenze des Einwirkungsbereichs über Bodenmessungen durch einen anerkannten Markscheider festzulegen (§4 Abs. 1 und 2 EinwirkungsBergV). Unterlässt er dies, so besteht keine räumliche Festlegung des Einwirkungsbereichs, mit entsprechender Auswirkung auf seine Haftungspflicht.

Alles in Allem hat der Gesetzesgeber mit den Änderungen des WHG, NSG und den Neuregelungen zur UVP die Interessen der Geothermie-Branche im Rahmen der Fracking-Gesetzgebung weitestgehend berücksichtigt, jedoch auch Rechtssicherheit für die Bevölkerung geschaffen. Die „Verordnung zur Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und über bergbauliche Anforderungen beim Einsatz der Fracking-Technologie und Tiefbohrungen“ und das „Gesetz zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen“ sind seit August 2016 in Kraft. Die Änderungen zum WHG und NSG werden zum 11. Februar 2017 gültig.

Grundlage für dieses Thema im Fokus ist der Vortrag "Fracking-Gesetzgebung verabschiedet - Schwerpunkte und Folgen für die Geothermie" von Ministerialrat Rainer Zimmer des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie auf dem diesjährigen Praxisforum Geothermie.Bayern am 5. Oktober 2016 im Haus der Bayerischen Wirtschaft, München.