PR für Geothermieprojekte - keine Kür, sondern Pflicht!

Thema im Fokus 06-2010 | Enerchange

Bislang profitierte die Geothermiebranche von der Sympathie, die Bevölkerung und Politik den Erneuerbaren Energien im Allgemeinen entgegenbringen - 80% der deutschen Bevölkerung halten den Ausbau der neuen Energien für "sehr wichtig" oder gar "außerordentlich wichtig" (forsa, 2009). Die Geothermie war zusätzlich im Vorteil, da ihr im Gegensatz zur Windenergie Diskussionen um die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes erspart geblieben sind.

Seit Vorfällen wie in Basel, Landau, Staufen oder Wiesbaden hat das Image der Geothermie allerdings Schaden erlitten - zumal die zeitliche Abfolge der Ereignisse in der Bevölkerung den Eindruck hinterließ, dass in der Geothermie ständig etwas schief gehe und es sich also folglich um eine Risikotechnologie handelt. Alexander Schweitzer, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, brachte es in einer Sendung des SWR zur Geothermieanlage in Landau Anfang Juni auf den Punkt: "Gegen den Willen der Menschen wird es keine weiteren Kraftwerke geben können."

Die zunehmend kritische Grundhaltung und die damit einhergehende Gründung von zahlreichen Bürgerinitiativen lässt den Initiatoren von Geothermieprojekten inzwischen keine Wahl mehr: Sie müssen frühzeitig, nachhaltig und transparent mit der betroffenen Äffentlichkeit kommunizieren und dadurch Vorbehalte und Ängste abbauen. PR für Geothermieprojekte ist deshalb keine Kür mehr, sondern Pflicht!

Analyse zeigt Nachholbedarf bei der Projekt-PR

Diese Erkenntnis setzt sich offenbar nur langsam durch. Nach einer von der Agentur Enerchange im Frühjahr 2010 durchgeführten Analyse der für  Geothermieprojekte im deutsch- und französischsprachigen Raum  eingesetzten Kommunikationsinstrumente werden beispielsweise nur für 37% aller untersuchten 41 Projekte im Internet Informationen angeboten, nur etwas mehr als die Hälfte der Projekte wird in einem Informationsflyer vorgestellt. "Auffallend dabei ist, dass gerade die einfachsten Möglichkeiten, die Äffentlichkeit zu erreichen, nicht genutzt werden", stellt Marcus Brian von Enerchange fest. So haben nur rund 10% der Projekt-Betreiber bzw. -Initiatoren einen Anrufbeantworter installiert und so für Interessierte, die nicht online kommunizieren wollen oder können, die Möglichkeit geboten, auch nach Geschäftsschluss mit den Verantwortlichen in Kontakt zu treten.

Das Beispiel des Anrufbeantworters mag auf den ersten Blick banal erscheinen. Dies ist es aber keineswegs, zeigt sich dadurch doch, dass es den Projektverantwortlichen vielfach noch an Gespür und Bewusstsein mangelt, welch vielfältige Einflüsse das Image eines Geothermieprojekts bestimmen können. Hier ist Achtsamkeit für die zahlreichen Gelegenheiten gefordert, bei denen man sich - oft eben auch unbemerkt - der Äffentlichkeit präsentiert.

Zweites wesentliches Fundament für eine erfolgreiche PR für Geothermieprojekte ist die frühzeitige und offene Kommunikation. Dass es aus technischer Sicht vielleicht noch etliche Unwägbarkeiten gibt, darf nicht davon abhalten, rechtzeitig aktiv zu werden. Denn: Gerät man erst einmal in die Defensive und muss z. B. im Nachhinein etwas erklären oder richtig stellen, ist der Aufbau von Glaubwürdigkeit und Vertrauen ungleich schwerer und - auch finanziell - aufwändiger. Das heißt konkret: So früh als möglich die örtlichen Entscheidungsträger einbinden, die Äffentlichkeit über eventuell anstehende Beeinträchtigungen informieren und mögliche Probleme offen ansprechen.

An Gelegenheiten und Möglichkeiten, mit der Äffentlichkeit und den Medien in Kontakt zu treten, mangelt es nicht. So kann man neben der Nutzung "klassischer" Instrumente wie Infoveranstaltungen, Pressemitteilungen oder Projekthomepage z. B. auch eine Ausstellung zur Geothermie organisieren, Prominente zu Vorträgen einladen, einen Wettbewerb zu Energiethemen ausschreiben, einen Radioclip produzieren oder eine Journalistenreise zu einem Geothermieprojekt anbieten.
PR-Konzeption erlaubt effektiven Einsatz der verschiedenen Werkzeuge und Mittel

Dabei werden die Instrumente der Äffentlichkeitsarbeit idealerweise nicht zufällig eingesetzt, sondern auf Basis einer strategischen PR-Planung. Dabei basiert ein PR-Konzept klassischerweise immer auf der Frage nach der Ausgangslage, den Zielen, die man erreichen will und den dazu passenden Maßnahmen. So kann z. B. die Ausgangslage sein, dass die Bevölkerung mit Belästigungen durch Vibrofahrzeuge im Rahmen seismischer Untersuchungen konfrontiert sein wird. Ziele der Äffentlichkeitsarbeit könnten dann unter anderem sein: Ängste abbauen, Klarheit bezüglich der Regelung möglicher Schäden schaffen und Interesse für die Technik wecken. Als passende PR-Maßnahmen kämen zum Beispiel in Frage, Besichtigungen der Seismik-Fahrzeuge anzubieten, eine Pressemappe mit Hintergrundinfos, dem Fahrplan und printfähigem, digitalem Kartenmaterial vorzubereiten, die örtlichen Pressevertreter zu einem Hintergrundgespräch einzuladen und ein Treffen mit Vertretern der örtlichen Bürgervereine zu organisieren.

Natürlich kostet PR Geld. Die Ausgaben für konzeptionelle Arbeiten, Website-Programmierung, Texten, Layout, und Druck von Informationsmaterialien können schnell einen hohen fünfstelligen Bereich erreichen. Angesichts der anderen Kosten, die Geothermieprojekte vor allem bei der untertägigen Erschließung mit sich bringen und dem Risiko, dass diese Ausgaben wegen öffentlicher Widerstände eventuell umsonst waren, ist die Investition in professionelle PR aber sicherlich gut angelegtes Geld.
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