Besonders sie sind es, die seit Jahren auf den UN-Klimakonferenzen dringende Appelle an die Delegierten richten. Klein, räumlich begrenzt, mit nur wenigen heimischen Energiequellen und oft wirtschaftsschwach, sind die (kleinen) Inselstaaten bis heute immer noch sehr abhängig von teuren Importen fossiler Energieträger. Die Strompreise für Unternehmen und Privathaushalte sind dort hoch und liegen nicht selten bei 0,5 USD/kWh (TGE, 24.03.2018), was gleichzeitig ein Wachstumshemmnis für die heimische Wirtschaft bedingt.
Dennoch haben einige der kleinen und größeren Inselstaaten bereits begonnen, ihre Energieinfrastruktur auf erneuerbare Energien umzurüsten. Hilfe bekommen Sie von unterschiedlichen Geberländern und Institutionen. Beispielsweise unterstützt IRENA, die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien, den Ausbau in diesen Ländern mit der „SIDS Lighthouses Initiative“ (SIDS Small Island Developing States). Bis 2017 wurden bereits 300 USD investiert, bis 2020 sollen es gut 500 USD sein (Ueltzen, 2017). Gefördert werden unterschiedliche erneuerbare Technologien. Der größte Teil wird in den Ausbau der Wind- und Solarenergie investiert. Aber auch die tiefe Geothermie ist für Inselstaaten durchaus attraktiv. Die Weltbank und andere Entwicklungsbanken haben hochdotierte Förderprogramme aufgesetzt, die verschiedene Inselstaaten in ihrem politischen Umsetzungswillen zur Umrüstung auf erneuerbare Energie unterstützen. Vor einigen Tagen haben die Inter-American Development Bank (IDB) und die Caribbean Development Bank (CDB) bekannt gegeben, 85 Millionen US-Dollar für den Ausbau der tiefen Geothermie in der Ostkaribik bereitzustellen (TGE, 17.12.2018).
Tiefe Geothermieprojekte können für Inselstaaten lukrative Investments werden, da viele von ihnen vulkanischen Ursprungs sind und aufgrund dieser besonderen geologischen Bedingungen die geothermische Ressource quasi entlang der „heimischen“ Plattengrenzen entsteht. Je nach Region, muss häufig auch nicht in allzu große Tiefen gebohrt werden wie auf dem kontinentalen Festland.
Beispiel Azoren
Die Inselgruppe der Azoren gehört politisch zu Portugal und liegt mitten im Nordatlantik. Sie ist Teil des über dem Meeresspiegel zu Tage getretenen Mittelozeanischen Rückens, ähnlich wie Island. Im Untergrund der Azoren finden sich Temperaturen von teilweise weit über 200 Grad Celsius, die eine leistungsfähige geothermische Energieversorgung mit Hochtemperaturprojekten ermöglicht.
Geothermie wird auf den Azoren bereits seit den 1970er Jahren genutzt. Bis heute sind auf der Inselgruppe mehr als 230 geothermische MW installiert, was knapp 23 Prozent vom Strombedarf des gesamten Inselarchipels deckt. Neben der Hauptinsel Saõ Miguel mit ihren fünf Geothermiekraftwerken, hat die Insel Terceira im August 2017 ihre geothermischen Kapazitäten um weitere 4 MW auf knapp 30 MW weiter ausgebaut. Als im letzten Jahr das Kraftwerk „Pico Alto“ im Nordwesten der Insel in Betrieb ging, hat es bereits innerhalb von vier Monaten knapp 11.000 MWh produziert und in diesem Zeitraum CO2-Emissionen von gut 7.400 Tonnen vermieden. Geplant, entwickelt und umgesetzt wurde das Kraftwerk vom italienischen Kraftwerkshersteller Exergy, von der portugiesischen Firma CME und EDA Renováveis, dem lokalen Stromversorger. Durch diesen Anlagenzuwachs kann auf Terceira mittlerweile nicht nur ein wesentlicher Teil der jährlichen Stromversorgung durch die Geothermie gedeckt werden. An mehreren Tagen pro Jahr wird dort sogar eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien erreicht (TGE, 17.12.2018).
Fördermöglichkeiten für Inseln der Europäischen Union
Die Azoren leisten damit für ihre Mutternation Portugal einen großen Beitrag zum EU-Paket „Clean Energy for all Europeans“, das bereits 2016 vom europäischen Parlament verabschiedet wurde. Darin hat sich die Europäische Union zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine globale Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien zu übernehmen. Sie will bis dahin auf EU-Ebene 27 Prozent Strom aus erneuerbaren Technologien bereitstellen, dies aber nicht auf verbindliche Nationenziele übertragen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich stattdessen, im Rahmen der integrierten nationalen Energie- und Klimapläne ihren Beitrag als Teil des Governance-Vorschlags zur kollektiven Erfüllung des definierten Ziels der Europäischen Union zu leisten.
Im Mai 2017 hat die Europäische Union speziell für europäische Inselstaaten ein weiteres Förderprogramm „Clean Energy for All European Islands Initiative” zum lokalen Ausbau von Erneuerbaren Energien, mithin auch der Geothermie, aufgesetzt. Diese Initiative soll die Umstellung auf umweltfreundliche, modernere und innovativere Energiesysteme auf den mehr als 2700 Inseln in Europa antreiben und gleichzeitig ihre Abhängigkeit von den teuren Energieimporten verringern, indem heimische erneuerbaren Energiequellen entwickelt oder effizienter genutzt werden.
Networking und Branchenaustausch ist dringend notwendig
Die Entwicklung von Geothermieprojekten in Inselstaaten ist sehr aufwändig und komplex. Die Flächen sind begrenzt, die Anreise für Expertenteams, Bohrmannschaft und Lieferwege für das gesamte benötigte Equipment lang und anspruchsvoll (Flug, Schiff, Klima, Wetter, etc.). Häufig besteht noch nicht mal eine entsprechende Infrastruktur (Stichworte: Straßen, Stromleitungen, Wasserversorgung, Stofftransport, etc.). Durch den besonderen Schutzstatus der Inselstaaten gibt es weitläufige Naturschutzgebiete mit entsprechenden Gesetzesvorschriften, auf die bei der Feldesentwicklung ebenso sorgsam Rücksicht genommen werden muss. Um die Entwicklung von Geothermieprojekten in diesen Ländern effizienter zu gestalten, braucht es einen intensiven Austausch mit Experten in der internationalen Geothermiebranche und Vertretern der Inselstaaten.