Auslegung und Betrieb von Geothermieanlagen: Das Wasser bestimmt mit

Thema im Fokus 09-2009 | Enerchange

Die Zusammensetzung des Thermalwassers hat entscheidenden Einfluss auf die Auslegung, die Werkstoffe und den stabilen Betrieb einer geothermischen Anlage. Denn die Wasserinhaltsstoffe können je nach Art und Konzentration den Betrieb des Kraftwerks signifikant beeinträchtigen und zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Standardlösungen gibt es nicht, da es bislang an Erfahrungen fehlt und die in Deutschland vorkommenden Thermalwässer erhebliche Unterschiede zeigen. So reichen die geothermisch genutzten Wässer von Thermalsolen des Na-Cl-Typs aus dem Norddeutschen Becken mit Salzgehalten von bis zu 280 g/l bis hin zu Wässern des Molassebeckens, die eine Mineralisierung von weniger als 1 g/l aufweisen. Die Thermalwässer des Oberrheingrabens weisen gegenüber dem Norddeutschen Becken zwar geringere Salzgehalte auf, sind jedoch mit Werten von 100 bis 150 g/l immer noch vergleichsweise hoch.
Neben dem Gesamtsalzgehalt können auch die einzelnen Wasserinhaltsstoffe z. B. durch Korrosion oder Ausfällungen zu Problemen beim Betrieb einer Geothermieanlage führen: Im Norddeutschen Becken und Oberrheingraben müssen neben hohen Chloridgehalten auch Schwermetalle bei der Anlagenplanung im Auge behalten werden. Im Oberrheingraben ist zusätzlich mit Problemen durch hohe CO2-Gehalte zu rechnen. Im Molassebecken dagegen treten Schwefelwasserstoff und vereinzelt auch Kohlenwasserstoffe in den Thermalwässern geothermisch genutzten Aquifere auf.
„Neben der Wasserchemie spielen auch der Druck, die Temperatur, die Hydrodynamik und die mit der Thermalsole in Kontakt stehenden Werkstoffe eine wichtige Rolle“, betont Dr. Hartwig Schröder von enpros consulting, einem auf den Anlagen- und Kraftwerksbau spezialisierten Beratungsunternehmen aus Nürnberg. Dabei wirken die verschiedenen Einflüsse in der Regel nicht einzeln, sondern gleichzeitig. Ebenso tritt Korrosion in Geothermieanlagen häufig in Kombination mit der Bildung von Ablagerungen auf.
„Durch thermodynamische Berechnungen sind diese komplexen Vorgänge zwar kaum vorhersagbar. Trotzdem sollte in der Planung einer Anlage nicht darauf verzichtet werden“, weiß Schröder aus Erfahrung. Denn so seien wenigstens einzelne Trends erkennbar – etwa der Grad der Sättigung des Thermalwassers mit kritischen Verbindungen. Ebenso kann im Vorfeld der Anlagendruck berechnet werden, der nicht unterschritten werden darf, um die im Thermalwasser gelösten Minerale und Gase in Lösung zu halten. Dieser Wert ist äußerst wichtig, weil so die Entstehung von Ausfällungen in den Thermalwasserleitungen vermieden und der Bildung von Karbonaten vorgebeugt werden kann. Alternativ können im Thermalwasserkreislauf ausfällungshemmende Zusätze eingesetzt werden, sogenannte Inhibitoren. „Der Einsatz von Inhibitoren ist im Vergleich zur Druckhaltung, die kosteneffizientere Möglichkeit, allerdings bedarf es der Genehmigung der Behörden“, so Dr. Lorenz Eichinger vom Laboratorium und Beratungsdienstleister Hydroisotop aus Schweitenkirchen, das seit Jahren das geothermische System in Bad Blumau mit einem Inhibitor erfolgreich betreibt.

Zur Vermeidung von Korrosion und Ablagerungen müssen in der Planungsphase die wichtigsten Daten zur Wasserchemie recherchiert werden, um bereits in der Vorplanung die Risiken grob einschätzen zu können. Handelt es sich beispielsweise um eine Bohrung mit hohen H2S-Gehalten, wie sie im Molassebecken vorkommen können, sollten Kupfer- Nickellegierungen vermieden werden. Dies ist bei der Ausschreibung der Pumpe zu berücksichtigen. Ferner sind bestimmte Dichtungsmaterialien, wie sie z.B. in Wärmetauschern eingesetzt werden, nicht beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen.
Ist die Bohrung schließlich abgeteuft, müssen möglichst frühzeitig belastbare Wasseranalysen von akkreditierten und in der Analyse von Thermalwasser erfahrenen Laboren vorliegen, um verfahrens- und materialtechnische Lösungen für die jeweiligen Standortbedingungen finden zu können. Wegen fehlender Erfahrungen muss derzeit noch verstärkt in Labor- und in-situ-Untersuchungen investiert werden. Aber auch in der Betriebsphase darf das System und die Wasserchemie nicht aus den Augen gelassen werden. Um Schäden vorzubeugen und einen gleichmäßigen Betrieb zu erreichen, ist es ratsam auf ein begleitendes Monitoring zu setzen.

Eine ausführlichen Artikel zum Einfluss der Wasserchemie auf die Anlagenauslegung und –steuerung finden Sie im Leitfaden „Entwicklung von Gepthermieprojekten“, der am 20. Oktober erscheint und für 69 Euro (zzgl. MwSt.) über agentur [at] enerchange.de direkt bei der Agentur Enerchange bestellt werden kann.