Geothermie als Baustein kommunaler Energieversorgung

Thema im Fokus 02-2010 | Enerchange

Vor dem Hintergrund steigender Kosten für fossile Brennstoffe stellt die tiefe Geothermie gerade für die kommunale Wärmeversorgung eine interessante und von fossilen Energieträgern unabhängige Option dar. Erfolgreiche Projekte wie die der Stadtwerke München (SWM) oder der Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim zeigen, in wieweit Kommunen von Geothermie profitieren und bei der anspruchsvollen Projektumsetzung eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen.

Trotz der finanziellen und technischen Herausforderungen, die mit der Entwicklung von Geothermieprojekten verbunden sind, machen jüngste Projektbeispiele deutlich: Die Investition in die Geothermie rechnet sich, insbesondere für Kommunen. Denn Geothermie leistet nicht nur einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen von Klimaschutzzielen. Geothermieprojekte bieten zum einen große Chancen für die kommunale Wertschöpfung, zum anderen steigern niedrige und kalkulierbare Energiekosten die Attraktivität als Wirtschaftsstandort. Somit werden Arbeitsplätze in der Region geschaffen und die Haushaltskassen entlastet. "Je mehr Energie dezentral vor Ort produziert wird, desto geringer der Kapitalabfluss durch den Einkauf von fossilen Energieträgern. Die durch Geothermieprojekte generierte Wärme kann vor Ort an private oder gewerbliche Kunden verkauft werden. Bei Stromprojekten können darüber hinaus basierend auf dem EEG über einen Zeitraum von 20 Jahren Erträge generiert werden", weiß Marissa Walzer von der Beratergruppe Erneuerbare Energien bei Sterr-Kölln & Partner.

Allerdings verspricht ein Projekt nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn es in ein stimmiges Gesamtkonzept eingebunden und fachmännisch geplant und durchgeführt wird. "Die Kommune sollte sehr darauf achten, dass alle Facetten eines komplexen Geothermieprojektes berücksichtigt werden und dass das notwendige Know-how zur Entwicklung und später zum Betrieb verlässlich zur Verfügung steht. Dazu beitragen kann die Kommune dadurch, dass sie selbst Know-how aufbaut und entsprechend erfahrene, externe Partner einbindet, so dass ein Projekt wirtschaftlich umgesetzt werden kann. "Rollen und Verantwortlichkeiten sollten klar sein", so Walzer weiter. Die Rolle der Kommune kann dabei sehr unterschiedlich sein: Sie kann einmal das Projekt begleiten, fördern und aktive Äffentlichkeitsarbeit betreiben. Sie kann aber darüber hinaus auch eine stärker unternehmerische Rolle einnehmen, z.B. über eine kommunale Gesellschaft, das eigene Stadtwerk oder in einer Partnerschaft mit anderen kommunalen oder privaten Partnern.

In München-Riem betreiben die Stadtwerke München (SWM) seit 2004 ihre erste Geothermieanlage zur Wärmeerzeugung. Die Anlage liefert seither im Durchschnitt über 85% der Energie für die Nahwärmeversorgung des Stadtteils Riem. Seit 2006 üben die Stadtwerke München zudem die technische Betriebsführung für das Geothermiekraftwerk und das Heizwerk in Unterhaching im Auftrag der Geothermie Unterhaching GmbH aus. Dort wird seit 2006 mit 122 °C heißem Thermalwasser im ersten Kalina-Cycle-Kraftwerk Deutschlands Strom erzeugt. "Die Vorteile der Geothermie, auch gegenüber anderen regenerativen Energien, sind ihre Grundlastfähigkeit, die geringen lokalen Emissionen und - wie Studien zeigen- eine besonders positive Äkobilanz. Daher nimmt sie für den Ausbau der regenerativen Energieerzeugung in München unter den lokal verfügbaren Ressourcen eine zentrale Rolle ein", berichtet Dr. Christian Pletl von der SWM Services GmbH. Neben dem Geothermieprojekt in Sauerlach, dem ersten eigenen Projekt zur Stromerzeugung, werden die nächsten Geothermieprojekte der Stadtwerke München der Wärmeeinspeisung in die Münchner Fernwärmenetze dienen. "Die größte Herausforderung dort ist die ökonomisch und ökologisch sinnvolle Einbindung der geothermischen Energie in ein Fernwärmenetz mit bestehender Wärmeerzeugung aus hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen", so Pletl weiter.

Ein erstes interkommunales geothermisches Wärmeprojekt haben die Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim erfolgreich umgesetzt. Das geförderte Thermalwasser hat eine Temperatur von 85 °C, die Schüttung beträgt 75 Liter pro Sekunde. Mit den Arbeiten zur Förderbohrung wurde im September 2008 begonnen. Nach dem Ausbau eines Fernwärmenetzes von 17 Kilometern Trassenlänge (34 Kilometer Fernwärmenetzrohre) konnte bereits im November 2009 mit der Wärmeversorgung der ersten Haushalte begonnen werden. Gründe für den deutschlandweit einmalig interkommunalen Verbund der Kommunen zur AFK-Geothermie GmbH waren unter anderem der Standortvorteil der drei Gemeinden und die Minderung des finanziellen Risikos. Zudem wollten die Gemeinden ihren Bürgern eine innovative und ortnahe Wärmeversorgung unabhängig von Konzernen bieten, und wählten somit bewusst ein Konzept ohne großen Energieversorger. "Wir zeigen: umweltfreundliches Handeln ist auch vor der eigenen Haustüre möglich. Den Einwohnern, aber auch Industrie und Gewerbe können wir eine innovative und ortsnahe Energieversorgung anbieten. Somit erhöhen wir die Lebensqualität und unsere Attraktivität als Wirtschaftsstandort", so Thomas Fröhlich, Geschäftsführer der AFK-Geothermie GmbH. Neben einer sorgfältigen Prüfung der geologischen Voraussetzungen, einer soliden Finanzierung  und der Zusammenarbeit mit qualifizierten Partnern sei eine intensive und transparente Kommunikation unter den politischen Entscheidungsträgern aber auch mit der Äffentlichkeit für eine erfolgreiche Projektrealisierung ausschlaggebend. "Wir haben eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Das signalisieren unsere Anschlusszahlen, die im ersten Bauabschnitt 2009 bereits um 20 Prozent übertroffen wurden", erklärt Fröhlich.

Bisher wurden 42 Mio. Euro in das Projekt investiert. Die Zentralinvestitionen werden sich auf rund 60 Mio. Euro belaufen, davon werden von den Gesellschaftern bis 2012 etwa 37,5 Mio. Euro Eigenkapital eingebracht. Des weiteren erhielt die AFK- Geothermie GmbH ein Darlehen von der KfW-Bankengruppe über 20 Millionen Euro, das über die Bayerische Landesbank und die Kreissparkasse München-Starnberg ausbezahlt wird. Hinzu kommt ein Tilgungszuschuss von zirka 6 Mio Euro. "Selbstverständlich finanziert sich das Geothermieprojekt auch über die Anschlusszahlen und die damit verbundenen Einnahmen", so Fröhlich.

Die kommunale Energieversorgung auf Basis der tiefen Geothermie ist auch Thema eines Workshops bei der 6. Internationalen Geothermiekonferenz, die vom 19.-20. Mai 2010 in Freiburg stattfindet. Weitere Informationen zum Programm und der Online-Anmeldung finden Sie im Internet unter www.geothermiekonferenz.de. Kommunenvertreter erhalten einen Vorzugspreis für diesen Workshop.