Geothermie Unterhaching: Modellprojekt für ganz Deutschland

06.12.2022 | Projekte | Rachel McRae
Geothermieanlage Unterhaching

Unter dem Motto „20 Jahre Unterhaching – Sichere Wärme für Generationen“ hat das Unternehmen Geothermie Unterhaching anlässlich seines 20-jährigen Bestehens zu einer informativen Hybrid-Jubiläumsveranstaltung eingeladen. Damit zählt die Geothermie Unterhaching zu den Pionieren im Sektor der modernen Energiegewinnung.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2002, versorgt die Geothermie Unterhaching die anliegende Gemeinde mit bezahlbarer, ökologischer und sicherer Wärme aus Tiefer Geothermie. Am 29. November dieses Jahres feierte das Unternehmen sein 20-jähriges Bestehen und lud in diesem Zusammenhang zu einer informativen Jubiläumsveranstaltung mit dem Motto „20 Jahre Unterhaching – Sichere Wärme für Generationen“ ein. Die Veranstaltung wurde hybrid in der Bayernwerk Sportarena Unterhaching abgehalten, um auch eine digitale Teilnahme zu ermöglichen. Neben einem Impulsvortrag von Astrophysiker, Naturphilosoph und Wissenschaftsjournalist Prof. Dr. Harald Lesch, umfasste das Veranstaltungsprogramm zwei Gesprächsrunden. Bis Jahresende steht eine Aufzeichnung der Veranstaltung auf der Website des Unternehmens zur Verfügung.

Trotz einiger Ungewissheiten bezüglich der Fündigkeit eines ausreichenden Thermalwasservorkommens sowie technischer und finanzieller Herausforderungen entschloss sich die Gemeinde Unterhaching 2002 für die Umsetzung eines eigenen Geothermieprojektes. „Wir feiern heute in diesem Rahmen ein ganz besonderes Jubiläum – 20 Jahre Geothermie Unterhaching. Und dabei geht es nicht nur um ein Firmenjubiläum, sondern es geht darum 20 Jahre lang Mut, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen zu feiern und zu würdigen“, eröffnet Simon Hötzl, Wirtschaftsreferent der Gemeinde Unterhaching, die Jubiläumsveranstaltung.

Impulsvortrag – Prof. Dr. Harald Lesch

Mit der Bereitstellung nachhaltiger geothermischer Fernwärme biete die Geothermie Unterhaching einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz, „so geht Klimawende“, lobt Prof. Dr. Harald Lesch in seinem Impulsvortrag. Gleichzeitig verweist der Astrophysiker der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) auf die ernsten Auswirkungen und Entwicklungen des Klimawandels. Auf das Zeigen von Diagrammen und Grafiken verzichtete er dabei, da die drastischen Folgen der globalen Erwärmung längst bekannt seien.

Eine allgemeine Erwärmung von 1,2 Grad habe bereits stattgefunden. In einigen Regionen, darunter auch Bayern, sind die Werte bereits deutlich höher. Besonders kritisch sind so genannte „Kipp-Punkte“, d.h. Punkte, nach welchen kein Zurück zu vorherigen Bedingungen möglich ist. Dabei gebe es mittlerweile nicht nur einen, sondern mehrere interagierende bzw. gekoppelte Kipp-Punkte, wie beispielsweise die Schmelzprozesse in Antarktis und Arktis sowie die auftauenden Permafrostböden in Kanada und Sibirien.

Jetzt gilt es „das Ruder herumzureißen, die nächsten Jahre sind entscheidend“, so Lesch.

Gesprächsrunde 1 – Prof. Dr. Harald Lesch, Dr. Erwin Knapek, Vertreter:innen der jungen Generation Unterhaching

Im Anschluss an den Impulsvortrag startete die erste Gesprächsrunde zwischen Prof. Dr. Harald Lesch, Altbürgermeister Unterhaching und Ehrenpräsident des Bundesverbands Geothermie Dr. Erwin Knapek sowie Xavert Egert und Clara Born als Vertrer:innen der jungen Generation Unterhaching, um über die Bedeutung der Klimaneutralität und die damit einhergehende Rolle der Geothermie zu diskutieren.

Als Mitbegründer und treibende Kraft hinter der Geothermie Unterhaching ist Erwin Knapek verärgert über die aktuelle Situation „Anfang der 70er Jahre hätten wir anfangen können“. In Paris habe es 1987 bereits ein Geothermie-Heizwerk gegeben, „doch bei uns passierte nichts, der Staat subventionierte lieber die Klimakrise“.

Ähnlich äußern sich auch die beiden jungen Unterhachinger Xaver Egert und Clara Born, beide Mitglieder der gemeindeeigenen Klimawerkstatt. „In der Geothermie liegt großes Potenzial, aber in der Bundes- und Landespolitik findet sie zu wenig Beachtung. Das Tempo könnte höher sein“, so Xaver Egert. Beide sind mit der Geothermie Unterhaching groß geworden, „ich kann mich gar nicht an eine Zeit vor der Geothermie erinnern“, sagt Clara Born. Allerdings würde die Wärme-Ressource außerhalb von Unterhaching noch zu wenig genutzt werden.

Prof. Dr. Harald Lesch kritisiert in diesem Zusammenhang den fehlenden Willen innerhalb der Politik an den Klimaproblemen zu arbeiten: „Wir brauchen nicht das Tempo vom Flughafen Berlin-Brandenburg, sondern wir brauchen ein ganz anderes Tempo, um für solch große Maßnahmen, wie Geothermie in der Kommune entsprechende Möglichkeiten zu haben“. Insgesamt fehle es an der gesellschaftlichen Grundstimmung und Unterstützung für derartige Maßnahmen.

Gesprächsrunde 2 –Wolfgang Panzer, Wolfgang Geisinger, Andreas Lederle

In einer zweiten Gesprächsrunde der Jubiläumsveranstaltung diskutieren Wolfgang Panzer, Bürgermeister der Gemeinde Unterhaching, gemeinsam mit Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching und Andreas Lederle, Geschäftsführer der Erdwärme Grünwald. Themen waren die aktuellen Planungen zum Vollausbau des Unterhachinger Wärmenetzes, die langjährige starke Partnerschaft beider Gemeinden sowie die Sicherung einer nachhaltigen Wärmeversorgung für zukünftige Generationen. 

Im Laufe der letzten 20 Jahre konnte die Geothermie Unterhaching einige Errungenschaften erzielen. So sei bereits etwa die Hälfte der Ortschaft an die Geothermie angeschlossen. Aufgrund des Wettbewerbs mit subventioniertem Gas, sei lediglich ein Anschluss von circa 50 bis 60 Häusern pro Jahr möglich gewesen, erklärt der Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching, Wolfgang Geisinger. Hätte es sich dabei um Fernwärme aus Erdgas gehandelt, wäre die staatliche Förderung viermal so hoch ausgefallen wie bei der Geothermie. „Das hat den Weg deutlich erschwert“, so Geisinger.

2012 schlossen sich die Geothermie Unterhaching und die Erdwärme Grünwald zu einem Fernwärmeverbund zusammen, um sich künftig gegenseitige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Diese Kooperation ist eine Perle der Energieversorgung, ein Modellprojekt für ganz Deutschland. […] Wir können das“, erklärt Geschäftsführer der Erdwärme Grünwald, Andreas Lederle.

Für den geplanten Vollausbau der Geothermie in Unterhaching, hat sich die Gemeinde ein klares Ziel gesetzt. Bis 2027 sollen alle Straßen in der Gemeinde mit Geothermie belegt und bis Ende des Jahrzehnts alle Häuser an die geothermische Fernwärmeversorgung angeschlossen werden. „Für dieses Ziel stehen wir. Wir kennen die Instrumente. Wir kennen die Partner, die uns für das nächste Jahr schon zugesagt haben“, sagt Geisinger. Auch mit Gerüchten bezüglich finanzieller Schwierigkeiten des Unternehmens räumt der Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching auf. Das Unternehmen sei finanziell gefestigt, sodass ein Ausbau bis Ende des Jahrzehnts ohne zusätzliche Unterstützung der Gemeinde realisiert werden könne.

Auch die gestiegene Nachfrage nach geothermischer Fernwärme innerhalb Unterhaching und umliegenden Gemeinden stellt die betreibenden Geothermieunternehmen vor große Herausforderungen. Ein Wachstum von 300 Anschlüssen pro Jahr stelle eine „Benchmark“ dar, erklärt Geisinger. Im Laufe des Dezembers können Anwohner:innen mit einer Infobroschüre rechnen, aus welcher hervorgeht, wie das Unternehmen beim Ausbau vorgehe. „Wir sind sehr gut aufgestellt was das Thema Wärmeversorgung und Wärmesicherheit angeht“, entgegnet Andreas Lederle auf die Frage, ob die vorhandene geothermische Wärme für einen derartigen Ausbau ausreiche. Sowohl im Grünwalder Weg in Unterhaching als auch in Laufzorn stelle die Geothermie jeweils eine thermische Leistung von bis zu 40 Megawatt bereit. Selbst in der Spitzenlast sei diese Leistung entlang der im Ausbauplan enthaltenen Strecken ausreichend.