Gase in geothermischen Anlagen - Problem und Lösung zugleich

Thema im Fokus 09-2010 | Enerchange

In einem unterirdischen Reservoir stehen Gase und Wasser meist in einem Gleichgewicht, so dass die verschiedenen Gase im Tiefengrundwasser vollständig gelöst sind. Bei der Erschließung des Reservoirs wird dieses Gleichgewicht gestört, da sich Druck- und Temperaturbedingungen ändern - wie beispielsweise bei der Öffnung einer Mineralwasserflasche. Die Folge ist, dass es neben Entgasungen auch zu Ausfällungen oder Korrosion kommen kann. Für einen erfolgreichen Betrieb einer geothermischen Anlage ist dabei vor allem der Entgasungsdruck von Interesse. Er ist experimentell bestimmbar und legt unter anderem fest, bei welchem Druck eine geschlossene, geothermische Anlage gefahren werden muss, um eine Entgasung des geförderten Tiefengrundwassers und damit auch Ausfällungen, aber auch Gasansammlungen beispielsweise in den Wärmeüberträgern zu verhindern. In der Geothermieanlage in Bruchsal hat man sich für eine Kombination verschiedener Lösungsmöglichkeiten entschieden. So wird die Anlage nicht nur unter hohem Druck gefahren, um Entgasungen und Ausfällungen zu vermeiden. Entstehen aufgrund von Turbulenzen trotzdem freie Gase, werden diese an der Förderleitung unter Umgehung des Wärmeüberträgers in den Rücklauf eingeleitet, um sie dann wieder in das Reservoir zu injizieren. Ein anderes Verfahren wird in der Anlage im österreichischen Bad Blumau angewandt: Hier wird ein Inhibitor zugegeben, um die bei der Druckentlastung auftretenden Fällungsreaktionen zu vermeiden. Gleichzeitig wird das Gas abgetrennt und als Quellkohlensäure an die Getränkeindustrie verkauft, was einen beträchtlichen wirtschaftlichen Mehrwert schafft. Kritisch für einen erfolgreichen Betrieb einer Geothermieanlage ist unter anderem Schwefelwasserstoff, der nahzu bei allen Anlagen auftritt. Dieses Gas stammt aus der Zersetzung von organischem Material und Sulfaten durch anaerobe Mikroorganismen, die im heißen Tiefengrundwasser existieren können. Zum Problem wird Schwefelwasserstoff im Kontakt mit Rohrmaterialien, wo es unter Bildung von Eisensulfid zu Korrosion kommen kann. Allerdings sind Gase nicht nur ein Problem, sondern können auch wertvolle Informationen über die Vorgänge im Untergrund liefern. So deutet zum Beispiel das Vorhandensein von Wasserstoff in der Regel darauf hin, dass im Reservoir unerwünschte Reaktionen ablaufen, die zu Korrosion führen. Methan beispielsweise weist auf organikreiche Formationen hin, wo sich das Gas aus der Zersetzung von organischem Material gebildet hat. Methan kann aber auch rezent aus der organischen Zusammensetzung der Bohrspülung durch Bakterien gebildet werden, wie es unter anderm beim Projekt in Bad Urach zu beobachten war. Die üblicherweise in geothermischen Anlagen vorkommenden Gase sind neben Kohlendioxid vor allem Methan und Stickstoff. Die Gehalte von Helium, Argon, Schwefelwasserstoff, Radon und höheren Kohlenwasserstoffen liegen normalerweise unter einem Volumenprozent. Sauerstoff und Wasserstoff sollten im Allgemeinen nicht nachweisbar sein. Die Herkunft der Gase kann unter anderem über die Zusammensetzung der Isotope bestimmt werden und gibt Aufschluss über die Zirkulationswege des Tiefengrundwassers in den verschiedenen Formationen sowie die dort abgelaufenen Wasser-Gesteinswechselwirkungen. Fazit: Gase im Tiefengrundwasser sind ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Auslegung von Kraftwerken aber auch für den wirtschaftlichen Betrieb von geothermischen Anlagen. Sie haben Auswirkungen auf mögliche Korrosion und/oder Ausfällungen, liefern aber auch wichtige Informationen über das Reservoir. Mit Druckhaltung, Gasbrücken oder Inhibitoren gibt es jedoch verschiedene Möglichkeiten den mit Gasen einhergehenden Problemen entgegenzuwirken. Voraussetzung hierfür ist die genaue Kenntnis des Entgasungsdrucks, die Gaszusammensetzung und deren Entwicklung während des Betriebs. Vertiefende Informationen zu Gasen und ihren Auswirkungen in geothermischen Anlagen erhalten Sie unter anderem im Rahmen eines

Workshops, der vom 28. bis 29. Oktober 2010 in Schweitenkirchen bei München stattfindet.