2023 – Das große Jahr der Geothermie?

27.12.2023 | Enerchange

Das zur Neige gehende Geothermie-Jahr war geprägt von Höhen und Tiefen. Selten, wenn nicht nie zuvor, wurden so viele neue Projekte angestoßen, so viel politische Aufmerksamkeit generiert und so viele Fördermittel ausgeschüttet. Gleichzeitig beenden wir 2023 mit einer großen Unsicherheit rund um BEW, BEG und Explorationsprogramme und mussten verschiedenen Orts die teils gewaltsame Ablehnung der Geothermie durch Bevölkerungsteile spüren.

Besonders im Münchner Umland wird es auch 2024 spannend weitergehen: Mit GIGA-M im Westen Münchens und dem „GeoEnergieMünchenOst“-Verbund um die Kommunen Vaterstetten, Grasbrunn, Haar und Zorneding stehen zwei großräumige Projekte an. Doch auch am Oberrhein und im Norddeutschen Becken sind weitere Vorhaben geplant. Hinzu kommen zahlreiche spannende Aufsuchungsfelder, wie das des Gemeinsamen Kommunalunternehmens für Abfallwirtschaft (GfA) der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau, auf dem die erste Geothermieanlage im Anschluss an eine Abfallverbrennung realisiert werden könnte, die Felder Lahr und Lörrach der Badenova oder die Ambitionen der Firma Baker Hughes in Altencelle und Ahnsbeck.

Auch für die Erkundung war 2023 ein erfolgreiches Jahr. Neben den seismischen Messungen von GeoHardt und Vulcan in und um Mannheim wurde auch in den Nachbarländern Schweiz – etwa in Magglingen und Freiburg – und dem Luxemburger Süden gerüttelt. Besonders ambitioniert hat auch der Geologische Dienst Nordrhein-Westfalens die geologische Landesaufnahme mittels einer Pilotseismik und Messungen am Niederrhein fortgesetzt, und auch 2024 wird im Bundesland wieder gerüttelt.

Möglich sind die Ambitionen Nordrhein-Westfalens unter anderem durch die 230 Millionen hohen „Klimaschutz“-Fördermittel des Landes. Auch Niedersachsen unterstützt die Geothermie im Land mit rund 7 Millionen. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene zeigt sich etwa auch verglichen mit den im französischen Garantiefonds verfügbaren 196,5 Millionen gerade auf finanzieller Ebene noch Ausbaupotenzial für 2024. Besonders mit Blick auf die derzeit unsicheren Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds, die der Branche vor allem in Form der BEW- und BEG-Förderung sowie der Unterstützung von Explorationsprogrammen zugutekommt, schneidet Deutschland derzeit schwach ab. Dies können auch die zahlreichen Kanzlerbesuche wie in Schwerin, Potsdam und Geretsried nicht ausgleichen.

Bei bereits von sich aus finanziell herausfordernden Projekten ist es daher umso schmerzlicher, wenn Brandanschläge wie auf die nördliche Fernwärmeanbindung der Erdwärme Grünwald oder den Bohrplatz der Erdwärme Inn Bayern in Polling wertvolle Infrastruktur beschädigen und die Projektdauer verzögern. Doch auch Referenda wie in Waghäusel zeigen, dass die unbedingte Zustimmung der Bevölkerung zur Geothermie weiterhin keinesfalls gegeben ist.

Es bleibt daher unabdingbar, bestehende und zukünftige Projekte kommunikativ zu begleiten, professionelles Wissen zu verbreiten und mithilfe transparenter und vertrauenswürdiger Maßnahmen das Vertrauen der Bürger:innen zu erhalten. Gerade in Zeiten der Unsicherheit ist dies von großer Bedeutung, damit der positive Aufschwung, den die Geothermie in den letzten Monaten und Jahren erhalten hat, nicht wieder verpufft.