Designierter Präsident des GtV-BV im Interview

02.12.2010 | Politik

Prof. Dr. Horst Rüter wurde am 18.11. durch die Mitglieder- versammlung der GtV - Bundesverband Geothermie e.V. zum neuen Präsidenten des Verbandes gewählt. In einem Interview mit dem Informationsportal Tiefe Geothermie erklärt Horst Rüter, wie die Spannungen im Präsidium zu erklären sind, welche Schwerpunkte er bei der Novellierung des EEG setzen will und welche Ziele er mit seiner zweijährigen Amtszeit verbindet, die 2011 beginnt.

Herr Professor Rüter, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl zum Präsidenten der GtV-BV. Die Vorgänge während und nach Ihrer Wahl auf der Mitgliederversammlung haben Fragen aufgeworfen: Gab es im Präsidium des GtV-BV Spannungen? Was waren die Gründe für die offensichtlichen Dissonanzen?

Der Bundesverband Geothermie versucht möglichst alle Akteure auf dem Gebiet der Geothermie unter einem gemeinsamen Dach zu halten. Diese Situation ist insbesondere dadurch entstanden, dass die ursprünglich technisch wissenschaftlich orientierte Geothermische Vereinigung (GtV) zusätzlich Firmensektionen für Oberflächennahe und Tiefe Geothermie aufgenommen hat, die diese Firmen gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten. Die unterschiedlichen Vorstellungen, die es hierdurch in der Mitgliedschaft zu Struktur und Identität des Bundesverbandes gibt, werden in das Präsidium hineingetragen und führen dort zu entsprechenden Diskussionen und auch Spannungen. Der Bundesverband wird zur Zeit von vielen als zu zentralistisch geführt und zu eindeutig als Firmenvertretung wahrgenommen. Aufgrund des noch geringen Beitrags der Geothermie zur Energieversorgung muss der Bundesverband Geothermie gleichzeitig bescheidener auftreten. Grundsätzlich ist mehr Konsens mit Institutionen und Verbänden anzustreben und nicht auf eine streitige Durchsetzung von Verbandsinteressen zu setzen.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Präsidentschaft vorgenommen und wie möchten Sie sie erreichen?

Ich möchte den Verband, wie ursprünglich geplant, wieder als ein lockeres Dach über weitgehend selbständig agierenden Sektionen sehen. So werden divergierende Auffassung und Interessen peripher gehalten. Durch eine Stärkung des Ehrenamts möchte ich eine größere Meinungsvielfalt zulassen und gleichzeitig die finanzielle Situation des Verbandes verbessern. Ehrenamtliche Tätigkeit darf nicht grundsätzlich als 'unprofessionell' angesehen werden sondern muss wieder ein wesentliche Bestandteil der Verbandsarbeit werden. Wesentlich wird darüber hinaus eine deutliche Verbesserung der Wahrnehmung des Verbandes von außen sein, gekennzeichnet durch Glaubwürdigkeit und wissenschaftliche Kompetenz. Der Vorwurf ein reiner Lobbyverein zu sein muss nachvollziehbar zurückgedrängt werden. Dazu gehört auch eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit Nachbarverbänden und insbesondere ein enges Zusammengehen mit dem Wirtschaftsform Geothermie, bis hin zu einer möglichen 'Wiedervereinigung'.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation der Geothermie in Deutschland?

Geothermie ist nach wie vor durch ein Auseinanderklaffen von Potenzial und realisierter Nutzung gekennzeichnet. Sowohl oberflächennahe Geothermie (Wärmepumpen) als auch Tiefe Geothermie zur Wärme- und  Stromerzeugung haben erfreuliche Zuwachsraten. Diese sind jedoch bei weitem nicht ausreichend, um das angesprochene Auseinanderklaffen in absehbarer Zeit auszugleichen. Wir brauchen ein beschleunigtes Wachstum in allen Bereichen. Dies kann nur durch eine schnelle Realisierung vieler Projekte erreicht werden. Rückschlägen durch Akzeptanzproblemen ist kompetent entgegenzutreten. Am Beispiel der Seismizität-Problematik sieht man wie dies erreicht werden kann. Nationale, europäische und globale Anstrengungen zu diesem Thema sind angelaufen. Die deutsche Geothermie ist hier optimal global vernetzt und hat sich so eine Teilhabe an technisch wissenschaftlichem Fortschritt gesichert. Der erarbeitete Umgang mit diesem Thema führt dazu, dass alle Projekte derzeit störungsfrei, also ohne spürbare Seismizität, laufen. Diese wissenschaftlich fundierte und öffentlich transparente Problembehandlung wird sich positiv auswirken und so werden die angesprochenen Probleme nur vorübergehend sein. Ähnliches muss auch für Probleme bei der Oberflächennahen Geothermie denken. Längerfristig wird die Geothermie in allen Bereich die vorgesehenen Beiträge leisten.

Die Novellierung des EEG steht an, welche Schwerpunkte möchte der Verband hier setzen?

Zum EEG wird momentan unter Federführung des Wirtschaftsforums Geothermie im Auftrag des BMU ein Erfahrungsbericht erarbeitet. Auch der Bundesverband kann sich erst nach Vorlage dieses Berichtes positionieren. Sicher ist jetzt schon, dass die Geothermie entgegen dem allgemeinen Trend bei den Erneuerbaren doch noch einmal Korrekturen bei den Einspeisetarifen brauchen wird. Diese werden jedoch so moderat ausfallen, dass sie sich auf die Stromkosten beim Endkunden praktisch nicht auswirken. Um die Entwicklung der dringend notwendigen Kraftwerke auf der Basis Petrothermale Geothermie voranzubringen werden Korrekturen am EEG nicht ausreichen. Hier ist an ein ganzes Bündel von abgestimmten Maßnahmen zu denken, das wir gemeinsam mit anderen derzeit erarbeiten.