BMW Group will unterirdischen Wärmespeicher einsetzen

Thema im Fokus 07-2013 | Marcus Brian

Die saisonale Zwischenspeicherung von Wärmeenergie spielt eine zentrale Rolle, wenn man den Wärmebedarf in Deutschland langfristig zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen decken will. Auf kommunaler Ebene gibt es hierzulande bereits eine ganze Reihe von Beispielen, bei denen mit Hilfe von großen Wasserspeichern etwa solare Wärme über mehrere Monate gespeichert wird. Bei der jüngsten Anlage in Crailsheim kommen neben einem großen Langzeitwasserspeicher auch 80 Erdsonden in ca. 55 Tiefe für die saisonale Speicherung zum Einsatz.

Bild entfernt.Durch ein neues Projekt der BMW Group rückt jetzt auch die  Zwischenspeicherung von Wärmeenergie im industriellen Bereich in den Fokus. Das Unternehmen hat kürzlich bekannt gegeben, unter dem Betriebsgelände des Werks Dingolfing einen Hochtemperatur-Aquifer-Speicher in 500 bis 700 Metern Tiefe aufbauen zu wollen. Das Forschungsprojekt wird vom Bayerischen Wirtschaftsministerium mit rund 4,5 Mio. Euro gefördert.

Mit dem geplanten Speicher könnte der Gasverbrauch des Werkes deutlich reduziert werden.  „Berechnungen zeigen, dass eine jährliche CO2-Einsparung des BMW Werks Dingolfing in Höhe von rund 66.000 Tonnen möglich wäre“, so BMW-Werkleiter Wolfgang Stadler in einer jüngst veröffentlichten Pressemitteilung des Unternehmens. Dies entspräche nach Angaben des Unternehmens etwa dem CO2-Ausstoß einer Gemeinde mit 5.700 Einwohnern.

 

 

Wärme aus dem Sommer für Energieversorgung im Winter

Die einer Aquifer-Speicherung zugrunde liegende Idee ist, aktuell nicht benötigte, überschüssige Wärmeenergie – wie sie etwa im Sommer bei der Strom- und Wärmeproduktion in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK) anfällt – im tiefen Untergrund zwischen zu speichern und im Winter bei Bedarf wieder abzurufen.

Dafür wird im Sommer Wasser, das im Rahmen einer „Kaltbohrung“ gewonnen wird, an der Oberfläche mit Hilfe der überschüssigen Wärme auf rund 130 Grad Celsius erwärmt und unter Druck über ein ca. 30 Zentimeter breites, zweites Bohrloch wieder zurück in den niederbayerischen Malm gepumpt. Dort wird die Wärme im Gestein gespeichert und im Winter in Form von Heißwasser wieder gefördert. Über einen Wärmetauscher wird dem Heißwasser die Energie entzogen, ehe das erkaltete Wasser über das Bohrloch der Kaltbohrung wieder zurück in den Untergrund geführt wird.

Bild entfernt.Im Winter wird dann die Förderrichtung umgedreht. Das heißt aus der "Heißbohrung" wird das erhitzte Grundwasser wieder gefördert, in einem Wärmetauscher die Energie entzogen, ehe das erkaltete Wasser über das Bohrloch der "Kaltbohrung" wieder zurück in den Untergrund geführt wird. Über die Jahre soll so ein geschlossener Kreislauf entstehen, bei dem im Sommer der Malmhoirzont wie ein Akku mit heißem Wasser „geladen“ und im Winter „entladen“ wird.

 

Speicher soll helfen, KWK-Anlage stromgeführt zu fahren

Schon heute produziert das BMW Werk Dingolfing nach Angaben des Unternehmens rund ein Fünftel seines Strom- und Wärmebedarfs über Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen auf dem Werksgelände. In den nächsten Jahren soll die bestehende Anlage durch eine neue moderne KWK Anlage mit fünf hocheffizienten Gasmotoren ersetzt werden. Der Aquifer-Wärmespeicher würde es ermöglichen, diese KWK-Anlage „stromgeführt“ zu fahren, also den Anteil eigenproduzierten Stroms zu maximieren, einen optimalen Nutzungsgrad zu erzielen und die produzierte, aber im Sommer nicht benötigte Wärme vollständig zu speichern und im Winter zu nutzen.

Wissenschaftliche Voruntersuchungen und Machbarkeitsstudien sind bereits erfolgt und haben gemäß BMW ergeben, dass die Voraussetzungen für die Realisierung auf dem Dingolfinger Werksgelände gut sind. Das Potenzial eines solchen Speichers wird auf circa 115 Gigawattstunden geschätzt und läge damit bei einem Vielfachen dessen, was die BMW Group selbst an Speicherbedarf hat.

Als nächstes stehen jetzt seismische Untersuchungen an und ab Herbst 2013 eine Forschungsbohrung auf dem Werksgelände, um die bereits gewonnenen Erkenntnisse verfeinern. Dabei sollen die hydrogeologischen und wasserchemischen Bedingungen im Malm untersucht werden. Bei erfolgreichem Verlauf der Forschungsbohrung soll im Jahr 2015 mit den Erschließungsbohrungen begonnen und im Rahmen eines sogenannten Demonstrator-Projekts der tatsächliche Praxistest und die Inbetriebnahme des Aquifer-Speichers erfolgen.

 

Projekt kann wichtiger Beitrag zur Energiewende sein

Herbert Grebenc, verantwortlich für die Energieversorgung der BMW Group Standorte weltweit, betont in der Pressemitteilung des Unternehmens den innovativen Charakter des Projekts: „Wenn wir zeigen können, dass sich der Malm zur Wärmespeicherung eignet, können wir damit nicht nur unser eigenes Energiemanagement optimieren. Die Aquifer-Speicherung könnte ein wichtiger Baustein werden, um Speichermöglichkeiten für den steigenden Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien in unseren Netzen zu schaffen. Wir würden uns freuen, wenn das Projekt Nachahmer findet, die unsere Ergebnisse auf andere Standorte in der Region übertragen und damit den Nutzen für die Umwelt vervielfachen.“

Auch der Bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil hofft auf Nachahmer: „Weil durch die Zwischenspeicherung eine höhere Auslastung und damit Rentabilität von KWK-Anlagen möglich ist, könnten sich auch für weitere Interessierte in der Region neue Perspektiven für die dezentrale Energieproduktion und -versorgung eröffnen.“ Auch Wärme aus anderen Quellen, z.B. Solarthermie oder industrielle Abwärme, ließe sich auf diese Weise zwischenspeichern.

Die BMW Group sieht das Aquifer-Projekt als Teil ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen, die sowohl innovative Energiekonzepte als auch den Ausbau der Nutzung regenerativer Energie für ihre Produktionswerke umfassen. Herbert Grebenc hat ehrgeizige Ziele: „Langfristig möchten wir unseren Energiebedarf zu 100 % aus regenerativer Energie decken. Dafür entwickeln wir je nach Standort ein maßgeschneidertes Energiekonzept unter Berücksichtigung der regionalen Bedingungen.“ So komme beispielsweise der elektrische Strom für die Produktion der BMW i Modelle in Leipzig zu 100 Prozent aus Windrädern, die auf dem Werksgelände stehen. Das US-Werk Spartanburg erzeuge rund 50 Prozent seiner Energie aus Methangas, das in einer nahe gelegenen Mülldeponie entsteht. Auch in anderen Werken der BMW Group befinden sich derzeit Projekte in der Planung.

Quelle: www.bmwgroup.de