Fraunhofer IEG präsentiert Studie zur nachhaltigen Nachnutzung von Erdgasbohrungen

14.02.2025 | Forschung

Der größte Kostenfaktor für die Geothermie sind die Investitionskosten der Bohrungen. Angesichts dieser Millionenbeträge liegt es nahe, schon vorhandene Investitionen wie Bohrlöcher in versiegten Erdgasfelder zur Gewinnung von Erdwärme zu nutzen. Unter welchen technischen und wirtschaftlichen Randbedingungen sich die Nachnutzung von Erdgasbohrungen lohnt, hat eine Studie des Fraunhofer IEG zusammengestellt. 

„Fossile Infrastrukturen zu grünen Energiequellen umzuwidmen, ist eine faszinierende Idee. Gerade wenn man bedenkt, wie viele Erdöl- und Erdgasbohrungen im Norddeutschen Becken schlummern“, findet Dr. Nora Koltzer vom Fraunhofer IEG, die Erstautorin der aktuellen Studie. „Damit die Idee funktioniert, gilt es aber die spezifischen Unterschiede von Geothermie- zu Erdgasbohrung und der Energieträger Erdwärme und Gas zu beachten. 

Der chemische Energieträger Gas unterscheidet sich demnach immens in seiner Energiedichte von der physikalischen Energieform Erdwärme. Das bedeutet, der Transport der Wärme lohnt sich nur ins direkte Umland der Energiequelle. „Doch trotz dieser Einschränkungen macht der Kostenvorteil der vorhandenen Bohrung einige Nutzungsfälle plausibel. Gemeinden, die alte Gas- oder Erdölbohrungen in den Gemeindegrenzen besitzen, sollten diese Nutzung in ihrer Wärmeplanung prüfen.“ Gerade im norddeutschen Becken mit seinen vielen Erdgasfeldern wird dies auf viele Gemeinden zutreffen.

Die Forscher untersuchten zwei ehemalige Erdgasbohrungen der ExxonMobil Production Deutschland GmbH in Niedersachsen, die typische geologische Bedingungen repräsentieren: eine flache geologische Schichtung und einen Salzdiapir. Die Bohrtiefen betragen 2,8 Kilometer und 4,3 Kilometer mit Temperaturen von 114 Grad Celsius bzw. 139 Grad Celsius. Vergleichbare neue Bohrungen würden mit Kosten von rund einer Million Euro pro Kilometer zu Buche schlagen.

Mithilfe detaillierter Computermodelle simulierten die Wissenschaftlerinnen den Einsatz von tiefen Erdwärmesonden und berechneten die thermischen Leistungen über 30 Jahre. Diese lagen im Durchschnitt bei 200 bis 400 Kilowatt (kW), mit Spitzenwerten von bis zu 600 kW – abhängig von der Bohrtiefe und den Rücklauftemperaturen des Wärmenetzes.

Auch den konkreten Wärmebedarf in der Umgebung der Bohrlöcher hat das Team kartiert, passende Wärmenetze simuliert und die Wärmegestehungskosten berechnet. Die Produktionskosten für Wärme sind mit denen anderer erneuerbarer Energiequellen wie Biomasse vergleichbar und – abhängig von der Entfernung zwischen Quelle und Verbraucher – auch mit den aktuellen Erdgaspreisen konkurrenzfähig. Die Entfernung zwischen der Quelle und dem Verbraucher sollte nicht größer als 3 bis 5 Kilometerein, um die Kosten für Pipelines zu minimieren und um Wärmeverluste des Transportmediums Wasser zu vermeiden. Darüber hinaus ist es wichtig, Wärme mit einer Temperatur von mehr als 60 °C zu erzeugen, um sicherzustellen, dass für den Endverbraucher keine zusätzliche Technik wie etwa Wärmepumpen erforderlich ist. 

Diese Studie zeigt also das ökologische und wirtschaftliche Potenzial der verfügbaren geothermischen Ressourcen in bereits installierten Bohrungen auf. Eine tiefe Erdwärmesonde kann an jedem ungenutzten Bohrstandort installiert werden, vorausgesetzt die Bohrung ist noch integer, und ihr Betrieb birgt nahezu keine geologischen und bohrtechnischen Risiken. Sie wäre eine wertvolle Wärmequelle für den Grundlastbedarf von Fernwärmenetze oder großen Einzelverbrauchern wie Krankenhäusern, Industriebetrieben oder Schwimmbäder. Kommunale und industrielle Wärmepläne sollten die Umnutzung alter Erdgas- und Erdölquellen stets im Auge behalten und prüfen. 

 

Quelle:

Fraunhofer IEG