Mehrstufige Stimulation als neue Chance für die Geothermie

03.11.2021 | EGS | Rachel McRae

Mark McClure hat im Journal of Petroleum Technologye einen Artikel veröffentlicht in dem er auf die mehrstufige Stimulation geothermischer Bohrungen eingeht. Somit könne die Erschließung geothermischen Potenzials erheblich ausgeweitet und gesteigert werden.

Mark McClure (ResFrac Corp.) beschreibt in seinem Artikel wie die gewonnenen Erkenntnisse und angewandten Techniken von Öl- und Gas-Bohrungen im Schiefergestein direkt auf die Geothermie angewendet werden können. Somit ließen sich Hunderte bis Tausende Bruchsysteme um horizontale oder abgelenkte Geothermie-Bohrungen erzeugen, in denen Tiefenwasser die Wärme im Untergrund aufnehmen kann.

Herausforderungen der konventionellen hydrothermalen Geothermie

Die konventionelle Geothermie hingegen, bei welcher versucht wird heiße Thermalwasser-Reservoire anzuzapfen, birgt als Risiken oftmals die Erschließung der Ressource und den damit einhergehenden hohen Investitionskosten. Dabei hängt der Erfolg hydrothermaler Geothermie in der Regel von drei Hauptfaktoren ab: einer für die Nutzung ausreichenden Temperatur (Wärme- oder Stromversorgung), dem Vorhandensein von Wasser, als Träger der Wärme an die Oberfläche sowie eine ausreichende Fließgeschwindigkeit des Wassers für eine effiziente Nutzung der Wärmequelle. Laut des Autors müssten geothermische Bohrungen das Äquivalent von Zehntausenden von Barrel Wasser oder Dampf pro Tag produzieren, um wirtschaftlich zu sein oder um die gleiche Energie wie eine klassische Öl- oder Gasbohrung zu erzeugen.

Demnach ist das Erfolgspotential und die Produktion von geothermischen Bohrungen in hydrothermalen Systemen maßgeblich durch die geologischen Gegebenheiten beeinflusst. Dies gilt besonders im Hinblick auf die Durchlässigkeit des Gesteins zur Gewährleistung eines ausreichenden Durchflusses und Erwärmung des Tiefenwassers.  

Vorteile durch mehrstufige Stimulation

Zur Verringerung des Risikofaktors „Durchlässigkeit“, stellt die hydraulische Stimulation einen zentralen Aspekt der Forschung dar und ist entscheidend für die Erschließung der umfangreichen geothermischen Potentiale in den USA. Beispielsweise beschreibt der GeoVision-Bericht des US-Energieministeriums aus dem Jahr 2019 ein Entwicklungspotential von bis zu 60 Gigawatt (GWe) Kapazität, im Gegensatz zu rund 3.700 MW installierter geothermischer Stromerzeugungskapazität in den USA heute.  

Die bisher eher begrenzten Erfolge der hydraulischen Stimulation, verweist McClure derweil auf die ausschließliche Anwendung von „single-openhole-section“-Stimulationen konventioneller Vertikalbohrungen. Somit können keine ausreichenden Fließwege in größeren Maßstäben geschaffen werden, sondern nur in lokal begrenzten Bereichen.

Hingegen führten ähnliche Erfahrungen in der Schiefergasindustrie zum mehrstufigen hydraulischen Fracturing entlang horizontaler Bohrlöcher. Demnach sei nun die Möglichkeit gegeben, bestimmte Abschnitte in einem Bohrloch mechanisch zu isolieren, um wesentlich mehr leitfähige Bruchstellen zu stimulieren.

Durch den Verzicht offener Bohrungen zugunsten der "Limited-Entry-Designs", sei eine Verteilung des Durchflusses zugleich die Bildung einer großen Anzahl von Rissen möglich gewesen. Diese Erfahrung und dieses Know-how könnten nun direkt auf die Geothermie angewandt werden.

Derzeit wird im Rahmen des F&E-Projektes UtahFORGE, welches vom US-Energieministerium (DOE) finanziert wird, die Anwendung mehrstufiger Stimulation in granitischem Gestein untersucht. Zusätzlich befinden sich Akteure des privaten Sektors, wie Fervo Energy (USA) und das kanadische Projekt DEEP Earth Energy Production, bereits in der Planung oder Durchführung einer mehrstufigen Stimulation, anhand derer neue Erkenntnisse für die Geothermie gewonnen werden können.

Risiken im Zusammenhang mit hydraulischer Stimulation

Neben der zahlreichen Vorzüge, geht McClure zudem auf gleichzeitige Risiken im Zusammenhang mit dieser Technologie ein. Einerseits kämpfe man mit einem Mangel an Erfahrung und Daten im Feldmaßstab, um die Nachhaltigkeit der langfristigen Bruchleitfähigkeit, die Kühlung des Gesteins und die Möglichkeit von Kurzschlusspfaden zwischen Injektions- und Produktionsbohrung bewerten zu können. Andererseits stellen die hohen Temperaturen dieser Systeme eine große Herausforderung für den Betrieb dar, da somit robuste Hochtemperatur-Bohrlochwerkzeuge und Stopfen großer Durchmesser für die Stimulation benötigt werden. Zusätzlich gestaltet sich die induzierte Seismizität als problematisch, welche im Verlauf der letzten Jahre eine signifikante Herausforderung für Befürworter von EGS bzw. hydraulischer Stimulation geothermischer Bohrungen darstellte. Die Best-Practice-Protokolle für induzierte Seismizität befinden sich aktuell entweder in der Entwicklung oder sind im Falle der USA vom DOE bereits erstellt worden.

Gleichermaßen ist allerdings auch die öffentliche Akzeptanz der Anwendung hydraulischer Stimulation in der Geothermie zu berücksichtigen, besonders für Projekte in städtischen Gebieten, wie oftmals in Mitteleuropa. Dabei hat sich der Widerstand gegenüber der Geothermie in Gebieten, in welchen es zum Auftreten induzierter Seismizität gekommen war, enorm erhöht.

Marc McClure wird im kommenden Focus on Geothermal Webinar am 5. November 2021 in dem Vortrag "Multistage Stimulation with Limited-Entry Completion Could Enable a Breakthrough for EGS" vorstellen. Anmeldung ist über die IGC.events-Webseite kostenfrei möglich.