Celle Drilling 2012: Bohrindustrie will mehr kommunizieren

16.10.2012 | Public Relations, Veranstaltungen | Jochen Schneider

Kosteneinsparung und Kommunikation bei Bohrprojekten waren die Themen der diesjährigen Konferenz des Geoenergie Celle e.V. 250 Teilnehmer und 20 Aussteller im zweiten Konferenzjahr werteten die Veranstalter als großen Erfolg.

Gleich im Eröffnungsvortrag des US-Amerikaners Fred Florence von National Oilwell Varco in den USA ging es um Einsparmöglichkeiten und Optimierung von Bohranlagen. Zu Beginn stellt Florence fest, dass die Day Rates seit 2006 gestiegen seien. Mit einem Rückgang sei auch künftig nicht zu rechnen. Kostenvorteile müssten daher realisiert werden, indem Rigs möglichst lange an einem Standort eingesetzt werden. Darüber hinaus rief Florence dazu auf, Rigs künftig angepasst an die spezifischen Bedürfnisse der Kunden zu bauen. So müssten Anlagen für unkonventionelles Gas mit zahlreichen Bohrlöchern in unmittelbarer Umgebung weniger mobil sein als solche für Geothermiebohrungen, die bislang nach nur zwei Bohrungen pro Auftrag weiterziehen. Außerdem stellte Florence eine Modellstudie zu einem Bohrgerät vor, das gleichzeitig mehrere Bohrungen abteufen kann. Zum Einsatz kommen könnte dieses Gerät beispielweise bei der Gewinnung von unkonventionellem Gas, bei der mehrere hundert Bohrungen in einem Gebiet geplant sind.

Wie auf der Konferenz insgesamt deutlich wurde, sind die entscheidenden Designkriterien für neue Rigs: Kostenreduktion, Effizienz-Steigerung und Verringerung von Einflüssen auf die Umwelt. Von Bedeutung ist dies sicherlich auch für die Geothermie. Auch der Platzbedarf von Bohranlagen und der Energieverbrauch durch bessere Motoren spielen eine Rolle. Maximilian Trombitas von der Bauer Maschinen GmbH schlug zur Kostenreduktion außerdem vor, die ersten Bohrmeter mit kleineren Anlagen durchzuführen, das Mud-System zu automatisieren und Roboter auf der Bohrplattform einzusetzen, was auch die Arbeitssicherheit erhöhen würde.

In seinem Vortrag ging Trombitas verglich die Innovationsfähigkeit anderer Branchen mit der Bohrindustrie und verwies dabei auf eine Studie Mc Kinsey im Auftrag von Shell, nach der die Bohrindustrie von der Idee bis zur kommerziellen Umsetzung mit 30 Jahren sehr lange für Veränderungen braucht. Um jedoch den in einer weiteren Studie der Energy Information Administration (EIA) errechneten Bedarf von 8,8 Millionen Bohrungen für die Shale-Gas-Exploration zu decken sind etwa 25.000 neue Bohrgeräte notwendig. Dieser enorme Bedarf dürfte in den kommenden Jahren auch zu einem Problem für die tiefe Geothermie werden.

Die Innovationsfähigkeit der Bohrindustrie wurde aber auch in anderen Vorträgen thematisiert. In den letzten 50 Jahren war die Entwicklung sehr schleppend. Nach Meinung von Dr. Udo Grossmann, Leiter der Bohrmeisterschule Celle, habe auch die tiefe Geothermie für Innovationen gesorgt, indem zum Beispiel das Konzept des Monobohrverfahrens wieder aufgegriffen worden sei, bei dem ein und derselbe Casing-Durchmesser von der Oberfläche bis ins Reservoir vorgesehen ist. Bis das Verfahren eingesetzt werden kann, wird es jedoch noch Jahre dauern.

Zur Performance von Bohrgeräten stellte Bentec zusammen mit KCA Deutag ein weiterentwickeltes Bohrgerät unter anderem mit einem zweiteiligen Pipe-Handling-System vor. Ein vertikaler Pipe-Aufzug übergibt das Gestänge an den Pipe-Manipulator, der das Gestänge dann in den Bohrstrang einfügt. Die Arbeitsaufteilung soll im Vergleich zu Anlagen mit einteiligen Pipe-Handling-Systemen zu Zeiteinsparungen beim Ein- und Ausbau führen. Derzeit ist die Anlage in Holland für Shell im Einsatz, weshalb über die tatsächliche Performance-Zeiten noch nichts gesagt werden.

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Ökonomisches und ökologisches Bohren – ein Widerspruch?“ erweiterte sich schnell um das Thema Akzeptanz. Überraschungsgast Claus Peter Müller-von der Grün, Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der sich kürzlich zum Thema Fraccing positioniert hatte, verwies darauf, dass das Wort Fraccing mittlerweile negativ besetzt sei. Es gebe ein Informationsdefizit, was ein Nährboden für Verschwörungstheorien sei. Habe sich eine öffentliche Meinung erst einmal gebildet, sei es schwer, sie zu ändern und die Meinungshoheit zurückzugewinnen. Im Zusammenhang mit unkonventionellem Gas forderte Dr. Gernot Kalkoffen, Vorsitzender des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung, ein neues Wort für Fraccing. Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass für ein positives Image langfristige Kampagnen nötig sind.

Nach Ansicht von Professor Gerhard Thonhauser von der Montanuniverität in Leoben müssten die Menschen mehr darüber erfahren, was bei Ihnen vor Ort gemacht werden soll. „Die Leute können nicht überzeugt werden von etwas, was sie nicht kennen. Sie haben Angst vor unbekannten Dingen“, zeigte sich Thonhauser überzeugt. Dass Vertrauen auf persönlichen Beziehungen beruht, verdeutlichte Müller-von der Grün mit einem Beispiel: Ein Automobilhersteller lade viermal jährlich Journalisten zum Essen ein. Ziel dabei ist nicht Publicity sondern Vertrauensbildung. Als es einem Werk zu einem Brand gekommen sei, hätten die Journalisten nicht bei den Behörden, sondern im Unternehmen angerufen, um Informationen zu erhalten.

Der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Jörg Bode, forderte, dass das Frac-Fluid trinkbar sein sollte. Mit Jörg Janning von der Europäischen Union of Wassermanagement Associations war er sich einig, dass der Wasserkörper weder beim Bohren noch beim Fraccing beeinträchtigt werden sollte.

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