Einen Nachmittag, gefüllt mit verschiedensten Einblicken in derzeitige Forschung zur Geothermie sowie der Möglichkeit zum Austausch konnten Interessierte am vergangenen Donnerstag, den 07. März 2024, beim 8. Wissenstransfer der Geothermie-Allianz Bayern (GAB) erleben. Übergeordnete Themenbereiche waren die Wärmeplanung sowie Akzeptanz von Geothermieprojekten, welche in sieben Fachvorträgen aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet wurden.
Von der Wärmeplanung zur Dublette – Einblicke in (Forschung zu) verschiedene(n) Projektstadien
Eröffnet wurde der erste Vortragsblock von Thorsten Hörbrand, welcher die Pläne zum Vesta-Malm Hochtemperaturspeicher in München vorstellte. Dieser könnte 2040 mithilfe des sommerlichen Wärmeenergieüberschusses von geschätzten 150 MW im Winter Spitzenlasten abdecken. In einer Langzeitsimulation, welcher drei Bohrungen – eine Förder- und Injektions- sowie eine Speicherbohrung – vorsieht, lässt die Speicherung hoffen, die Energiekosten für Spitzenlast um rund 90 Prozent zu senken.
Weniger konkret, aber dennoch nicht mit weniger Dringlichkeit wird in kreisfreien Gemeinden derzeit über die Herausforderungen der kommunalen Wärmeplanung debattiert. Stefan Graf vom Bayerischen Gemeindetag stellte die Problematik vor, dass für den wirtschaftlichen Betrieb einer Geothermieanlage Abnahme-Cluster von mindestens 100 GWh/Jahr und 10 GWh/km2 und damit eine interkommunale Planung notwendig sei. Auch die fehlende Sicherheit bei der Berechnung möglicher Abnehmer:innen sowie dass Aufgaben nicht unmittelbar vom Bund an Kommunen übertragen werden können und die Wärmeplanung dadurch derzeit im „luftleeren Raum“ steht, wurde bemängelt.
Inhaltlich knüpften Prof. Michael Drews und Felix Schölderle von der Technischen Universität München (TUM) an die Herausforderungen der Wärmeplanung an. Im Vortrag über den Einfluss geologischer Unsicherheiten und des Fündigkeitsrisikos auf mittlere Wärmegestehungskosten im Geothermal Play-Maßstab wurde eine neue Modellierung vorgestellt, die einen einfachen Rahmen für die Beurteilung dieser Faktoren geben soll.
Einen Schritt weiter ist man hingegen am Campus der Technischen Universität in Delft (Niederlande). Prof. David Bruhn stellte verschiedene Projekte vor, die hier zuletzt realisiert wurden bzw. derzeit in Umsetzung sind. So wurden in einer Tiefe von gut 2.200 Metern der Delftsandstein erschlossen, dessen 79 Grad Celsius heißes Wasser rund 20 – 25 Terawattstunden thermische Leistung liefert und damit unter anderem den Universitätscampus versorgt. Ergänzend wird auch hier an einem Wärmespeicher gearbeitet und mit einer rund 4.500 Meter tiefen Bohrung, die zwischen der Förder- und Injektionsbohrung der bestehenden Dublette ein Mittel zum unterirdischen Monitoring geschaffen werden.
Abgeschlossen wurde der erste Themenblock von Hannah Uhrmann (Uni Bayreuth) und Lennart Trentmann (TUM), die sich mit Lösungsansätzen zur Wärmeplanung im Ländlichen Raum konkreter mit Großwärmepumpen in mitteltiefer Geothermie sowie interkommunalen Verbundleitungen auseinandersetzen. Uhrmann folgerte in Ihrem Vortragsteil, dass Wärmepumpen sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll seien, während Trentmann ein Optimierungsmodell für die Rentabilität von Geothermieprojekten vorstellte, die z. B. durch den Anschluss von Gemüsebauern und / oder Energiedienstleistern gesteigert werden kann.
Geothermie und Gesellschaft
Die Bedeutung von sozialer Akzeptanz bei Geothermieprojekten betonte Robin Renoth, der an der Hochschule Neu-Ulm ein Systematic Review zum Thema erstellt hat. Diese berücksichtigt Erkenntnisse aus 50 Publikationen zwischen 2011 und 2021 aus 21 Ländern und identifiziert unter anderem die Akzeptanzkategorien Projektorganisation und Prozesse, Umwelt, Gesellschaft, Technologie sowie Politischer Rahmen, welche nochmals in Akzeptanzfaktoren unterteilt werden können. Diese geben eine gute Zusammenfassung über geteilte Herausforderungen im Umgang mit der Öffentlichkeit.
Ein Akzeptanzfaktor in der Kategorie Umwelt ist das Thema Seismizität. Hiermit, genauer gesagt mit der Auswirkung von induzierter Seismizität auf Gebäude, beschäftigt sich auch Prof. Gerhard Müller vom Lehrstuhl für Baumechanik. Gemeinsam mit Kolleg:innen weiterer Fachbereiche wird hier an einem Modell zur Vorhersage möglicher Bodenbewegungen im Raum München an parametrischen Modellen für seismische Boden-Bauwerk-Interaktion sowie einer numerischen und experimentellen Modellvalidierung gearbeitet. Ziel des GAB-Teilprojekts ist eine standortspezifische Risikoanalyse, ein besseres Verständnis für durch Geothermie induzierte seismische Einwirkungen sowie eine Abschätzung der Plausibilität von Gebäudeschäden.