Geschäftsführerin Regionale Energiewende: Dr. Karin Thelen tritt ihr Amt an

11.07.2023 | Politik | Karin Jehle
Dr. Karin Thelen SWM

Mit dem eigenen Ressort „Regionale Energiewende“ wollen die Stadtwerke München (SWM) ihre Ausbauoffensive Erneuerbare Energien intensivieren. Zu ihrem Amtsantritt am 1. Juli legt die neue Geschäftsführerin Dr. Karin Thelen ihre Schwerpunkte dar, stellt aber auch Forderungen an die Landes- und Bundespolitik.

Die SWM erzeugen schon heute so viel Ökostrom in eigenen Anlagen, dass sie damit 90 Prozent des Münchner Verbrauchs decken können. Dennoch sieht die gebürtige Münchnerin Dr. Karin Thelen die Gesellschaft als Ganzes erst am Anfang einer großen Transformation: „Auf der einen Seite müssen wir zeitnah den Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung meistern, auf der anderen Seite müssen wir zusätzlich rasch den wachsenden Strombedarf aus erneuerbaren Quellen decken und dabei immer die Versorgungssicherheit gewährleisten.“

Um diesen grundlegenden Wandel voranzutreiben, haben die SWM das Ressort „Regionale Energiewende“ gegründet, dessen Schwerpunkte, Bereiche und Herausforderungen sie in einer umfangreichen Pressemitteilung darstellen.

Schwerpunkte der zukünftigen Arbeit
Dr. Karin Thelen setzt zum Amtsantritt drei wesentliche Schwerpunkte:

•    Synergien im SWM Konzern heben, auf etablierte Schnittstellen setzen, und zügig eine schlagkräftige Organisation mit einem starken regenerativen Angebot für die Energie- und Wärmewende aufbauen
•    Ausbaustrategie der erneuerbaren Erzeugungsanlagen und Netzinfrastruktur anpassen und umsetzen: Jede Erzeugungstechnologie hat eigene Umsetzungsrahmenbedingungen hinsichtlich Planungs- und Genehmigungsaufwand, möglicher Implementierungspotenziale und Umsetzungsgeschwindigkeit.
•    Partnerschaften auf Augenhöhe ausbauen: Es braucht starke kommunale Kooperationen auf Augenhöhe in der Region, um eine ausreichende Erzeugungskapazität zu schaffen. Ebenso brauchen die Münchner:innen weitere attraktive Privatkundenlösungen als Einstiegsangebot in die Energie- und Wärmewende insbesondere in Zusammenhang mit der kommenden kommunalen Wärmeplanung.

Das neue Ressort „Regionale Energiewende“
In einem ersten Schritt wird Dr. Karin Thelen ihr neues Ressort aufbauen und vernetzen. Ihre rund 1.000 Mitarbeiter:innen werden weit überwiegend aus anderen SWM Ressorts zusammengezogen, um fokussiert die regionale Energiewende voranzutreiben: Klima und Nachhaltigkeit, Kommunale Kooperationen, Planung und Bau, Dezentrale Erzeugung und Erneuerbare Energien / Erneuerbare Wärme sowie Neue Geschäfte. Damit werden die langjährige Expertise und Erfahrung beim Ausbau erneuerbarer Energie- und Wärmeerzeugung, Implementierung von Technologien und Entwicklung neuer Produkte gebündelt und verstärkt. Durch die Zusammenführung und Neustrukturierung wird die Arbeit an laufenden Projekten nicht beeinträchtigt.

Die neuen Bereiche
•    Nachhaltigkeit und regionale Kooperationen: Bereits heute arbeiten die SWM mit Partnern und Kommunen in der Region zusammen, um die Energie- und Wärmewende zu meistern. Diese Kooperationen sollen ausgebaut werden.

•    Entwicklung regionale Erneuerbare Energieerzeugung: Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Geothermieanlagen, Windkraftanlagen, Batteriespeicher – die SWM planen und bauen weiterhin eigene Anlagen in und um München.

•    Planung und Bau: Die Energie- und Wärmewende stellt neue Anforderungen an die Infrastruktur. Entsprechend werden in diesem Bereich die Erzeugungsanlagen, die Strom- und Leitungsinfrastruktur und die Telekommunikation angepasst und weiterentwickelt.

•    Neue Geschäfte: M-Solar Plus, Mieterstrom, Wärmepumpen, Ladelösungen und Ladestrom für Elektrofahrzeuge, digitale Lösungen – all das und was in Zukunft noch wichtig werden wird, wird hier entwickelt.

Rasche Anpassung der Rahmenbedingungen notwendig
Der Erfolg des verstärkten regionalen Engagements hängt aber nicht nur von den SWM und ihren Fachleuten ab, wie sich in der Vergangenheit bereits gezeigt hat. Für die Beschleunigung der Energie- und Wärmewende zählen die SWM in ihrer Pressemitteilung detailliert auf, wo geänderte politische Rahmenbedingungen vonnöten sind:

So fehlen Übertragungsnetzkapazitäten in Deutschland (z. B. Südlink) und die 10-H-Regelung hat den Windkraftausbau in Bayern nachhaltig zum Erliegen gebracht, um nur zwei zu nennen. In Anbetracht der sich verschärfenden Klimakrise und der Krise der fossilen Energien müssen auch die Rahmenbedingungen zügig angepasst und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden:

 Kommunale Wärmeplanung

•    Grundprämisse muss sein: Wärmenetze mit erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme wo möglich. In München bedeutet das Tiefe Geothermie für die Fernwärme, oberflächennahe Geothermie für Nahwärme.

•    Wo das nicht geht, braucht es Einzelgebäudelösungen mit Wärmepumpe (Grundwasser oder Luft) unter Berücksichtigung der Kapazitäten des Stromnetzes.

Wichtige regulatorische Änderungen für die Geothermie

Einführung eines Geothermieerschließungsgesetzes analog dem „Wind-an-Land-Gesetz" für die Windenergie, das u. a. folgendes regeln sollte:

•    Geothermieprojekte liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.

•    Privilegierung von Geothermievorhaben im Außenbereich (Gleichbehandlung der Geothermie mit anderen erneuerbaren Energienutzungen im Baugesetzbuch)

•    Genehmigungen beschleunigen, z. B. durch strengere Fristsetzung, Standardisierung der Verfahren, elektronische Antragstellung etc.

Windkraft voranbringen

•    Alle politischen Ebenen, Verwaltung und Windenergiebranche müssen gemeinsam daran arbeiten, die durchschnittliche Dauer der gesamten Projektentwicklung von aktuell sieben auf höchstens vier Jahre zu reduzieren.

•    Kommunen und Behörden müssen entsprechend befähigt werden, Projekte schneller und rechtssicher genehmigen zu können. Das ist notwendig, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

•    Der Wind-an-Land-Ausbau benötigt dringend Flächen: Einige Bundesländer zeigen derzeit, dass Planungsverfahren sehr schnell abgeschlossen werden können. Zurückhaltende Länder können bis Ende 2027 alles beim Status-Quo belassen. Daher muss das gesamte 2-%-Flächenziel aus dem WindBG auf Ende 2025 ohne Zwischenetappen für alle Länder vorgezogen werden.

•    Parallel zu mehr Flächen und rechtssicheren Genehmigungen muss der Netzausbau dringend vorangetrieben und beschleunigt werden. Ein wirtschaftlich realisierbarer Netzanschluss stellt bei den aktuellen Projekten eine große Hürde dar und ist entscheidend für eine schnelle Realisierung der benötigten installierten Leistung für Windenergie an Land

 Auch die Photovoltaik braucht dringend Flächen

Für mehr Freiflächenanlagen:
•    Erweiterung der Flächenkulisse
•    Beschleunigung des Planungs- und Genehmigungsverfahrens durch Erleichterungen bei Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren
•    Netzanschlüsse vereinfachen und beschleunigen
•    Einführung eines Wegenutzungsrechts für Anschlussleitungen
•    Fristsetzungen für den Netzanschlussprozess durch die Netzbetreiber
•    Abbau steuerrechtlicher Hürden (Zuordnung von Freiflächen mit PV-Anlagen zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen)

Für mehr Dachanlagen:
•    Bundesweite und einheitliche Solarpflicht für Gewerbegebäude
•    Netzanschlüsse vereinfachen und beschleunigen
•    Mieterstrom vereinfachen
•    Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ermöglichen
•    Abbau steuerrechtliche Hürden (z. B. bei der Gewerbesteuer)

Dr. Karin Thelen ist sich der derzeit noch bestehenden Hindernisse bewusst. Zugleich ist sie optimistisch: „Wir haben die Riesenchance, die Energie- und Wärmewende und damit unsere Zukunft und die nachfolgender Generationen zu gestalten. Politik, Wirtschaft und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger müssen zusammenarbeiten. Gemeinsam können wir vieles möglich machen. Auch wenn wir vielleicht nicht gleich im ersten Anlauf alles erreichen, was wir uns vornehmen – hochgesteckte Ziele sind wichtig, damit wir uns als Gesellschaft bewegen. Die Transformation unserer Wirtschaft hin zur Dekarbonisierung ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Bayern und München. Vor allem der massive Ausbau erneuerbarer Energien ist essenziell, denn die bayerische Industrie braucht mehr Ökostrom für eine CO2-neutrale Produktion. Die SWM sind dabei Aktivator und Motivator – und als Münchner Traditionsunternehmen und Energieexperte der verlässliche Partner der Region.“

Zur Person
Die gebürtige Münchnerin Dr. Karin Thelen, Jahrgang 1976, ist promovierte Biologin und hat berufsbegleitend ein wirtschaftswissenschaftliches MBA-Studium abgeschlossen. Sie arbeitet seit 11 Jahren bei den SWM. Zuletzt leitete sie mehrere Jahre lang die Technische Qualitätssicherung mit rund 100 Beschäftigten. Damit war sie in alle relevanten technischen Prozesse der konventionellen und regenerativen Energieerzeugung sowie der Netze eingebunden und für deren Qualität und tägliche Betriebsstabilität mitverantwortlich. Ebenso war sie bei Planung, Bau und Weiterentwicklung der erneuerbaren Energieerzeugung involviert.

Quelle:

SWM