Gutachten zum Masterplan Geothermie veröffentlicht

31.10.2022 | Publikationen | Enerchange

Rund drei Jahre nach der Initiierung des „Masterplans Geothermie Bayern“ von Seiten der Bayerischen Staatsregierung im Oktober 2019, hat das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) nun eine Zusammenfassung des durch die Geothermie Allianz Bayern (GAB) erstellten Gutachtens zum Masterplan veröffentlicht. Die Initiierung des Masterplans ist ein erster Schritt auf dem Weg zum Ziel, bis ca. 2050 ein Viertel des bayerischen Wärmeverbrauchs über Geothermie zu decken. Dafür soll unter anderem der geförderte Bau von neuen Fernwärme-Verbundleitungen gestartet werden, um überschüssige Wärme vom Süden Münchens in die Stadt zu den Verbrauchern zu transportieren. Die GAB wurde vor diesem Hintergrund zur Begutachtung aufgerufen, ob der Transport von Wärme im großen Stil insbesondere unter techno-ökonomischen Aspekten eine Option darstellt.

Etwa ein Drittel der CO2-Emissionen Bayerns entfallen auf den Gebäudesektor, wobei die meisten Emissionen durch die Bereitstellung von Wärme verursacht werden. Deshalb kommt der erneuerbaren Wärmebereitstellung, z.B. durch Tiefengeothermie, eine große Rolle auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität zu. Um den Ausbau der Tiefengeothermie in Bayern voranzubringen, hat die Geothermie-Allianz Bayern im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ein Gutachten zum Masterplan Geothermie Bayern erstellt, dessen Zusammenfassung am Freitag veröffentlicht wurde. Das Gutachten enthält eine Analyse zur Optimierung des geothermischen Potentials durch Wärmeverbundleitungen und untersucht, in wieweit die Tiefengeothermie zur Transformation im Wärmesektor in Bayern beitragen kann. Das vollständige Gutachten ist hier zu finden.

Wärmebedarf und tiefengeothermisches Potential

Tiefengeothermie eignet sich insbesondere für die Wärmeversorgung über Fernwärmenetze in Ballungszentren, weil hier hoher Wärmebedarf auf geringer Fläche vorhanden ist. Die in der Studie berechnete jährliche Nachfrage für Raumwärme und Warmwasser in Bayern beträgt knapp 160 TWh (ohne Industriewärme). Basierend auf der räumlichen Wärmenachfrage wurden rund 100 Fernwärmebedarfsgebiete in Bayern identifiziert, in denen Fernwärme sinnvoll zur Versorgung genutzt werden kann. Mit 76 TWh beinhalten diese Gebiete knapp 50 % der Wärmenachfrage Bayerns. Bislang werden erneuerbare Energien nur zu ca. 8 % direkt in Fernwärmenetzen genutzt: Dies bedeutet für die Dekarbonisierung ein entsprechend hohes Potential, selbst wenn man nur schon bestehende Netze betrachtet.

Im Süden von Bayern (Bayerisches Molassebecken) herrschen im Untergrund außerordentlich gute Bedingungen für die Tiefengeothermie. In den letzten 20 Jahren wurden hier 25 Geothermieprojekte erfolgreich umgesetzt, die größtenteils Wärme in Fernwärmenetze einspeisen. Das in dieser Studie berechnete technische Potential für Tiefengeothermie entspricht allein im Bayerischen Molassebecken 40 % (7.655 MWth) des Wärmebedarfs Bayerns (vgl. Abbildung 1). Allerdings liegen die Gebiete mit hohem Wärmebedarf (schwarz umrandete Wärmecluster in Abbildung 1) zum Teil deutlich außerhalb des für Geothermie besonders gut geeigneten Bereichs. Abhilfe können hier Wärmeverbundleitungen schaffen.

Mehrwert von Verbundleitungen zwischen Geothermieprojekten in Südbayern

Verbundleitungen ermöglichen eine optimale Nutzung der Tiefengeothermie. Es können sowohl Gebiete innerhalb wie auch außerhalb des Potentialgebietes bei optimaler Wärmeausschöpfung versorgt werden. Durch den Verbund einzelner Geothermieanlagen und Fernwärmenetze lassen sich außerdem die Volllaststunden steigern, zeitgleich die Spitzenlasterzeugung bei allen Anlagen verringern und außerdem Redundanz schaffen. Damit haben Verbundleitungen auch außerhalb von großen Wärmeclustern attraktive Vorteile. Sowohl die Effizienz der Fernwärmeversorgung, als auch jeder einzelnen Geothermieanlage lässt sich durch den Verbund optimieren: Dadurch vergrößert sich das Verhältnis von geothermischer Energieausbeute zu Wärmegestehungskosten. Bei einer angestrebten Grundlastdeckung der Wärmenachfrage über Tiefengeothermie lassen sich fast zwei Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr einsparen. Bei höherer Abdeckung der Wärmenachfrage, sind die Einsparpotentiale entsprechend höher. Kaskadennutzung in Industrie und Landwirtschaft, der Einsatz von Industriewärmepumpen sowie die Kälteproduktion sind weitere sinnvolle technische Lösungen, um die Auslastung zu erhöhen und zur Wirtschaftlichkeit von Geothermieprojekten beizutragen.

In dünn besiedelten Gebieten, die etwa die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs in Bayern ausmachen, kann die oberflächennahe Geothermie ihre Stärken ausspielen. Sie ist zum allergrößten Teil sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht in ganz Bayern umsetzbar, wodurch sich tiefe und oberflächennahe Geothermie gut ergänzen.

Tiefengeothermie in Nordbayern

Nördlich der Donau kann für die Geothermie nicht auf die hervorragenden Bedingungen des Malm-Aquifers wie im Bayerischen Molassebecken zurückgegriffen werden. Für eine fundierte Abschätzung des tiefengeothermischen Potentials in Nordbayern und auch in geringdurchlässigen Gesteinen in Südbayern ist noch wissenschaftliche Forschung, auch in Form eines Pilotprojektes, nötig. Gelingt es, in Nordbayern ein nutzbares geothermisches Vorkommen nachzuweisen, würde Bayern, neben dem Molassebecken, über eine weitere „world-class“ Ressource verfügen.

Das vollständige Gutachten der Geothermie Allianz Bayern zum Masterplan Geothermie ist hier zu finden.

Quelle:

www.geothermie-allianz.de

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