Erfolgsmodell geothermische Wärmeversorgung: Anlage in Unterföhring erhält zweite Dublette

Thema im Fokus 05-2013 | Marcus Brian

Vergangene Woche hat der Aufsichtsrat des Unternehmens GEOVOL Unterföhring die zweite Dublette für das neue Heizwerk vergeben, um die seit 2009 bestehende Geothermieanlage mit zwei neuen Bohrungen zu erweitern. Die geothermische Leistung der Anlage erhöht sich damit von jetzt 10 Megawatt auf dann 20 Megawatt (rechnet man Redundanz- und Spitzenlasttechnik hinzu, beträgt die Leistung nach dem Ausbau 60 Megawatt). Das ist eine Novität: Bislang wurde in Deutschland noch kein Projekt nach seiner Inbetriebnahme um eine Dublette und einen Heizkreislauf erweitert. Die neuen Bohrungen sollen im Herbst beginnen und sollen unter der Generalunternehmerschaft eines in der tiefen Geothermie bewährten Bohrunternehmens durchgeführt werden.

Bild entfernt.Grund für die Entscheidung, die Leistung der Anlage auszubauen, ist der Erfolg der geothermischen Wärmeversorgung im Nordosten von München: ZDF, Sky und der Rückversicherer Swiss Re sind entweder schon Wärmekunden der GEOVOL oder stehen kurz vor dem Anschluss ans Wärmenetz. Genauso wie die inzwischen rund 2.000 privaten Haushalte. Aber nicht nur die hohe Nachfrage ist ein Grund für die Ausbaupläne der hunderprozentigen Tochtergesellschaft der Gemeinde Unterföhring – 2020 läuft zudem auch der Konzessionsvertrag zwischen der Kommune und dem Fernwärmeversorger aus, der den südlichen Teil der Gemeinde mit Wärme beliefert. „Wir wollen vorbereitet sein, wenn wir möglicherweise ab 2020 auch das Südgebiet mit regenerativer Wärme versorgen sollen“, erklärt Peter Lohr, Geschäftsführer der GEOVOL Unterföhring. Die Bahnhofstraße in Unterföhring teilt die Kommune in ein südliches und ein nördliches – bereits geothermisch beliefertes – Versorgungsgebiet mit jeweils etwa 20 – 25 Megawatt Anschlussleistung. Hinzu kommen noch die Unternehmen im östlich gelegenen Gewerbepark.

„Grund für die enorme Nachfrage ist zum einen die Umweltfreundlichkeit der Wärme, was zum Beispiel für die Swiss Re wichtig war, zum anderen aber auch die niedrigeren Kosten. Im Vergleich zum Preis laut Preisblatt anderer Fernwärmeversorger kann der Preis pro Megawattstunde deutlich unterboten werden und wir werden trotzdem schwarze Zahlen schreiben “, erläutert Lohr. Interessant: Anstatt der dritten und vierten Bohrung war zur Erweiterung ursprünglich einmal ein Biomasseheizwerk geplant, aber „rauchende Kamine und ein Medien- und Versicherungsstandort passen nicht zusammen“, verdeutlicht Lohr. „Die Geothermie hat uns und unsere Kunden überzeugt, so dass wir mit unseren bisherigen Partnern die Erdwärme weiter erschließen und nutzbar machen wollen.“

Bild entfernt.Tatsächlich sind die Bedingungen für die geothermische Nutzung in Unterföhring hervorragend: Aus der Förderbohrung, die 2.124 Meter tief ist, wird mit der momentanen Pumpe bis zu 85 Liter Tiefengrundwasser pro Sekunde gefördert. Die Temperatur liegt bei knapp 90 Grad Celsius. Erwartet hatte man seinerzeit nur 35 Liter pro Sekunde und etwas niedrigere Temperaturen. Sowohl Förder- als auch Injektionsbohrung wurde vom gleichen Bohrplatz, etwa sieben Meter voneinander entfernt, abgelenkt abgeteuft und liegen Untertage am Endpunkt über zwei Kilometer auseinander. Auch die beiden neuen Bohrungen sollen vom aktuellen Standort der Heizzentrale niedergebracht werden. Die Voraussetzungen hierfür wurden mit einer 2D-Seismik im Juni 2012 geschaffen, deren Ergebnisse die Erwartungen voll erfüllt haben.

Geschäftsführer Peter Lohr ist stolz auf„seine“ Anlage – und das zu Recht. Denn zum einen ist die Heizzentrale mit Photovoltaik-Anlage und Malmi, dem Dinosaurier, optisch ansprechend gestaltet. Zum anderen ist die GEOVOL auch innovativer Vorreiter bei der Nutzung geothermischer Wärme, wie das Beispiel eines geothermisch erwärmten Weißwurstkessels verdeutlicht. Für die neue Heizzentrale hat Lohr geplant, sie im Sommer auch mit Kälte zu versorgen und diese Dienstleistung dann auch den „Wärmekunden“ anzubieten. Zudem sollen künftig Blockheizkraftwerke den Strom für die Pumpen produzieren. Damit will man nicht nur unabhängig von Netzschwankungen werden, sondern durch den Einsatz von Gas im Rahmen einer Kraft-Wärme-Kopplung auch den Primärenergieverbrauch senken. Innovativ ist auch die Steuerung des Fernwärmenetzes und der Pumpen: Über ein Glasfaserkabel sind alle Haushalte direkt an die Heizzentrale angeschlossen, so dass die Netzpumpen und die Tauchkreiselpumpe in Sekundenbruchteilen sich auf ändernde Lastanforderungen einrichten können. Mittlerweile ist dieses Glasfasernetz verpachtet und wird auch für Telefon, Internet und Fernsehen genutzt.

Die Investitionskosten für das bestehende Geothermie-Projekt beliefen sich seit dem Jahr 2008 auf rund 37,5 Millionen Euro. Davon wurden ca. 12,5 Millionen Euro für die Erstellung von zwei Bohrungen benötigt. 10,5 Millionen Euro wurden in Grund, Gebäude und Technik investiert. Der Rest von 14,5 Millionen Euro floss in den Ausbau des aktuell etwa 20 Kilometer langen Fernwärmenetzes. Die Erst-Anschlussquote bezogen auf die Zahl der Gebäude lag bei 57 Prozent mit einem Anschlusswert von mittlerweile rund 23 Megawatt und einer Wärmelieferung von etwa 34 Gigawattstunden pro Jahr.