Erstes Kalina Kraftwerk Deutschlands geht in Unterhaching ans Netz

Thema im Fokus 05-2009 | Enerchange

Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Probebetrieb ist für die modernste Stromerzeugungsanlage der Welt im Niedertemperaturbereich am Dienstag nun der offizielle Startschuss für die Inbetriebnahme gefallen. Durch die innovative und in Deutschland erstmals eingesetzte Kalina-Technologie wird in Unterhaching Strom aus geothermischer Energie gewonnen. Mit einer Spitzenleistung von 3,36 Megawatt elektrisch bzw. 70 Megawatt thermisch – in der Endausbaustufe - wird die Anlage zukünftig die knapp 23.000 Einwohner der Gemeinde mit Strom und Wärme versorgen.

Im September 2001 wurde das Projekt unter der Leitung von Altbürgermeister Erwin Knapek (SPD) - inzwischen im Aufsichtsrat der Geothermie Unterhaching GmbH - ins Leben gerufen. Nach der ersten Tiefenbohrung im Februar 2004, konnte man im Herbst 2004 in einer Tiefe von 3.350 Metern 123 °C heißes Thermalwasser mit einer Schüttung von 150 Litern pro Sekunde erschließen. Die zweite Tiefenbohrung im Januar 2007 ergab in einer Tiefe von 3.864 Metern Thermalwasser von 133 °C. Seit 2007 wurde das Wärmenetz der Gemeinde Unterhaching erschlossen und mit dem Bau des ersten Kalina-Kraftwerkes in Deutschland durch die Siemens Industrial Solutions AG begonnen. Hierfür lieferte und installierte Siemens die kompletten oberirdischen Anlageteile. Im April 2009 erfolgte nach erfolgreichem Probebetrieb die endgültige Abnahme. Das Kraftwerk hat eine Maximalleistung von bis zu 3,36 MW elektrisch. Das im Kraftwerkskreislauf verwendete Arbeitsmedium besteht aus einem Wasser-Ammoniakgemisch.

Zum offiziellen Startschuss für das Kraftwerk waren neben lokalen Gemeindevertretern auch Bundesumweltminister Siegmar Gabriel (SPD) nach Unterhaching gekommen. Unterhaching habe mit der ganzheitlichen geothermischen Wärmeversorgung und Stromerzeugung nicht nur ein Optimum bei der Nutzung der Ressource Geothermie erreicht, sondern auch eine wirtschaftliche und saubere Perspektive für eine ganzjährig verfügbare Energieversorgung geschaffen, würdigte Gabriel das Leuchtturmprojekt. In seiner Rede betonte Gabriel auch, dass die Geothermie eine Technologie ist, die nicht von der Finanz- und Wirtschaftkrise erfasst wurde. Im Gegenteil, in der gesamten erneuerbaren Energiebranche sind mittlerweile bis zu 280.000 Arbeitsplätze entstanden.

Die Gesamtleistung der aus dem heißen Thermalwasser gewonnenen Wärme beträgt momentan ca. 31 MW. In der Endausbaustufe sind bis zu 70 Megawatt thermisch möglich. Hierfür ist in diesem Sommer der Austausch der Förderpumpe geplant, um eine höhere Pump- und somit auch höhere thermische Leistung zu erzielen. Das Projekt wird wärmeseitig geführt. Mit der überschüssigen Wärme wird elektrischer Strom produziert. Die Kalina-Anlage kann jährlich bis zu 21.500 Megawattstunden Strom erzeugen und damit den CO2-Ausstoß langfristig um 40.000 Tonnen pro Jahr verringern.

Das Investitionsvolumen für die geothermische Anlage beläuft sich auf etwa 80 Mio. Euro (davon 16 Mio. Euro für die Kalina-Anlage inklusive Wartung auf 10 Jahre). Bezuschusst wurde das Projekt durch finanzielle Mittel der Bundesregierung, des Bundesumweltministeriums, des Freistaats Bayern und dem KfW-Programm für Erneuerbare Energien. Der Amortisationszeitraum der Investitionen ist auf 15 Jahre angelegt. Dies ist vor allem der wärmeseitigen Führung der Anlage, der damit möglichen Erhöhung der thermischen Leistung sowie des novellierten EEG zu verdanken.

Wie der Projektverlauf in Unterhaching zeigt, stellt ein Geothermieprojekt hohe Anforderungen an das Projektmanagement, insbesondere müsse es konsequent unter wirtschaftlichen Aspekten aufgezogen werden, damit es auch für Kommunen attraktiv und beherrschbar bleibe, so Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching. „Unterhaching beweist, dass es möglich ist, das Klima zu schützen und dabei wirtschaftlich zu handeln“, erklärt Anton Berger, Partner von Rödl & Partner, die das gesamte Projekt wirtschaftlich und rechtlich geleitet haben. „Die Energieerzeugung aus Geothermie ist nicht nur ein Gewinn für die Umwelt, sie wird der Gemeinde auch eine nachhaltige Rendite einbringen. Dies ist der Garant für die weitere Entwicklung der Geothermie.“

Im Freistaat Bayern sind für die kommenden Jahre mehr als 100 Projekte geplant. Mindestens elf davon sollen noch 2009 in die Bohrphase gehen. Um die Geothermie weiter voranzutreiben, wird Bayern ab Sommer 2009 im Rahmen eines landeseigenen Tiefengeothermie-Wärmenetz Programms zusätzlich über 12 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

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