Der Anteil an tiefengeothermischer Energiegewinnung weltweit steigt kontinuierlich. Als Nischentechnologie ist sie für viele Länder mittlerweile ein unverzichtbarer Teil zur Stabilisierung der Strom- und Wärmeversorgung. Ein Tiefengeothermieprojekt umzusetzen, ist kostspielig. Der Finanzierungsengpass entsteht überwiegend bei der Kapitalbereitstellung zum Abteufen der ersten Bohrung. Welche Möglichkeiten zur Finanzierung, Risikominimierung und für weitere Investitionen im Allgemeinen bestehen, wurde auf dem weltweit ersten Investmenkongress und Finanzierungsforum zur Tiefengeothermie, der IGC Invest Geothermal, vergangene Woche, am 7.11.2017, in Frankfurt am Main diskutiert. Veranstalter waren die auf Tiefengeothermie spezialisierte Agentur für Veranstaltungsmanagement und Medienöffentlichkeit Enerchange aus München und das Nachrichtenportal ThinkGeoEnergy aus Island.
Der internationale Zuspruch an dem Kongress war groß. Die Teilnehmer – überwiegend Investoren, Banker, Rechtsanwälte und Projektentwickler – kamen aus Indonesien, Singapur, den USA, Türkei, Brasilien und Europa.
Der Präsident der International Geothermal Association (IGA), Alexander Richter, stellte in der Eröffnungssession die weltweite Entwicklung der Tiefengeothermie vor. International werden Tiefengeothermieprojekte entweder aus öffentlicher oder privater Hand finanziert. Eine Kombination aus beidem gibt es bislang so gut wie nicht. Amanda Lonsdale der East Africa Geothermal Facility zeigte die Herausforderungen in der Projektentwicklung und das international bestehende Finanzierungsdefizit für die Bohrphase auf. Welchen großen Nutzen diese Technologie bietet und welche Kapitalerträge daraus erwirtschaftet werden können, erläuterte Benjamin Richter des Kongresspartners Rödl & Partner. Aber jede Entwicklungsphase eines Geothermieprojekts unterliegt auch einer Steigerung in der Wertschöpfungskette, auf die Gunnar Tryggvason von KPMG Island detailliert einging.
Unterstützt wurde die IGC Invest Geothermal vom European Geothermal Energy Council (EGEC). In einem eigenen EGEC Policy Forum wurde der kontinuierliche Ausbau der Tiefengeothermie in verschiedenen Ländern unter Anwendung unterschiedlicher Fördermechanismen intensiv betrachtet. Die Referenten dieses Forums, Philippe Dumas der EGEC, Paolo Bertuzzi, CEO von Turboden sowie Cornelia Viertl, Referentin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, gaben einen Überblick über die Herausforderungen, die für Staatsregierungen in der Technologieförderung bestehen sowie für die Industrie, geothermische Marktanteile zu erwerben. Diskutiert wurde auch die wichtige Frage, wie lange der Einspeisetarif in Deutschland nach dem EEG noch verlängert werden sollte und welche der beiden Möglichkeiten die sinnvollere wäre: eine geringfügige Degression einzuführen oder das abrupte Ende dieser Form der Subvention.
Neben Deutschland investiert auch Frankreich stark in den Ausbau der Tiefengeothermie. Einen Überblick über den derzeitigen Stand, Frankreichs Lernkurve und die internationalen Investmentmöglichkeiten gab Jean-Jacques Graff von ÉS Géothermie und Präsident der AFPG, der französischen geothermischen Vereinigung (Association Française des Professionels de la Géothemie).
Die Europäische Entwicklungsbank EBRD (European Bank für Reconstruction and Development) bietet verschiedene Fördersysteme und Beihilferegelungen an zum internationalen Ausbau der Tiefengeothermie. Insbesondere für die Türkei bestehen speziell entwickelte Programme, durch die das Land mittlerweile mehr als ein Gigawatt Strom ins staatliche Netz einspeist. Wie dieses Programm zu dem enormen Marktzuwachs im Land geführt hat, stellte Deniz Yurtsever der EBRD im EGEC Policy Forum vor. Ein nahezu vergleichbares Wachstum erfährt derzeit auch Indonesien. Budi Herdiyanto des indonesischen Ministeriums für Energie und Rohstoffe, verdeutlichte als Gastreferent die aktuelle Marktsituation, Geschäftsperspektiven und eine Vorschau des geplanten Kapazitätsausbaus für sein Land.
Das Thema Risikominimierung ist allgegenwärtig in der geothermischen Projektentwicklung. In der themenspezifischen Session III am frühen Mittag des Kongresstages stellte Maria Ueltzen von Rödl & Partner die bestehenden Möglichkeiten durch landespezifische Förderprogramme in der intenationalen Projektentwicklung vor. Jens Wirth der KfW Entwicklungsbank erörterte im Nachgang detailliert die Förderprogramme für Afrika und Lateinamerika. Auch für Indonesien, das weltweit führende Land in der geothermischen Energieerzeugung, bestehen spezielle Risikominimierungsprogramme, die von Ilham Nugroho, Vertreter des indonesischen Finanzministeriums und Pradana Murti von PT SMI, dem staatlichen Finanzierungskonzern für Infrastrukturaufbau, vorgestellt wurden.
Der Nachmittag des Kongresses wurde geprägt durch einen lebhaften Austausch in zwei verschiedenen Diskussionsveranstaltungen. Interessante Beiträge aus der Sicht von Projektentwicklern, Energieversorgern und Investoren lieferten Johan Larssen von Climeon, Tim Jackson des MW Sponsors InfraCo Africa, Eirikur Bragason von KS Orka sowie Adel Baba Aissa des KW Sponsors GeoTermico in der Podiumsdiskussion zum Thema Früh- und Projektfinanzierung. Die Gesprächsrunde zeigte Ansätze auf, wie Projektentwicklung durch kleinere Anlagen im modularen Baustil noch schneller gestaltet werden kann und wie zusätzliche Einnahmequellen, beispielsweise in Form von zusätzlichen Wärmeprojekten, geschaffen werden können. Im zweiten Teil der Podiumsdiskussion präsentierte Hezy Ram von GreenMax Capital Advisors Möglichkeiten zur Projektfinanzierung. Hartwig Schröder von enpros consulting schloss Session IV mit dem Verweis auf die Dringlichkeit von Due Diligences für die geothermische Kraftwerksentwicklung.
In dem Blended Finance Round Table, der zweiten Diskussionsveranstaltung und gleichzeitig auch letzten Session des Tages, präsentierte Andrew Johnstone von Climate Investor One sein Modell zur kombinierten Projektfinanzierung aus Private Equity und Öffentlicher Hand für Erneuerbare Energie Projekte. Das größte Hemmnis, die Tiefengeothermie in den großen Energiemix aus verschiedenen erneuerbaren Technologien einzubinden, besteht bislang immer noch in dem vergleichsweise hohen Investitionsrisiko. Wie damit umgegangen werden könnte, erörterten die Statementgeber Tim Jackson (InfraCo Africa), Deniz Yurtsever (EBRD), Hezy Ram (GreenMax) und Amanda Lonsdale (East Africa Geothermal Facility) in lebhaften Diskussionsbeiträgen mit den Kongressteilnehmern.
Das Fazit der ersten IGC Invest Geothermal zeigt, dass die Finanzbranche international ein großes Interesse hat, weiterhin in tiefengeothermische Projekte zu investieren, aber dass auch neue Finanzierungswege gegangen und potenzielle Beteiligungen über verschiedene Partnerschaftsmodelle ermöglicht werden müssen.
Die Teilnehmer der IGC Invest Geothermal erhalten freien Zugang zu den Präsentationen in den nächsten Tagen. Andere Interessenten können die Präsentationen und eine Dokumentation für 150 EUR (zzgl. MwSt) erwerben. Kontakt über Email an agentur [at] enerchange.de