Die Versicherungsbranche zweifelt nach verschiedenen Versicherungsfällen bei Geothermieprojekten im letzten Jahr am bisherigen Konzept der Fündigkeitsversicherung für Geothermieprojekte. Auf der anderen Seite bleibt das KfW-Programm ungenutzt, mit dessen Hilfe sich das Fündigkeitsrisiko mit öffentlichen Geldern reduzieren ließe. Das Informationsportal Tiefe Geothermie sprach mit Benjamin Richter von Rödl & Partner über die aktuell schwierige Situation und über Schritte, die aus dem Dilemma führen könnten.
In Deutschland gibt es aktuell Probleme mit der Fündigkeitsversicherung, nach den Versicherungsfällen in den Projekten Traunreut und Geretsried ist die Versicherungsbranche zurückhaltend. Was ist das Problem und welche Auswirkungen sind hier zu befürchten?
Aktuell existiert keine einheitliche Meinung über die richtige Erschließungsstrategie für den Malm. Zu lange hat die Branche mit den jeweiligen Erfahrungen hinter dem Berg gehalten. Erfreulicherweise scheint es jetzt eine entsprechende Strategie zu geben. Wir benötigen eine einheitliche Meinung über die optimale Aufschlussstrategie, denn dies wird auch dazu führen, dass die Versicherbarkeit der Tiefengeothermie über das öffentliche Programm hinaus wieder zunimmt.
Aber das Programm der KfW wird auch nicht in Anspruch genommen. Hier wäre doch eine Lösung vorhanden?
Vor vier Jahren war die Situation ja ähnlich wie heute, daraufhin hat die Politik reagiert und das Fündigkeitsrisiko öffentlich abgesichert. Grundsätzlich ist die Idee sehr gut, hier wird in der wichtigen frühen Phase des Projektes der Eigenkapitalbedarf signifikant reduziert, wodurch sich bei den guten Projekten auch sehr hohe Renditemöglichkeiten zeigen. Wir brauchen eine deutliche Ausweitung dieses Programms auch auf Projekte außerhalb des Molassebeckens falls die aktuellen Planungen in Bezug auf die EEG-Novellierung Fuß fassen, sogar auf EGS-Projekte.
Allerdings wurde auch im Molassebecken bis heute kein Antrag im Rahmen dieses Programms bewilligt? Geht diese Förderung da nicht in die falsche Richtung?
Aus den Gesprächen mit vielen Beteiligten hat sich herauskristallisiert, dass zum einen die Attraktivität des Programmes für die Hausbanken zu gering ist. Diese sind jedoch notwendig für die Antragstellung. Die Absicherung reicht zum anderen momentan nur bis zu einem Zeitpunkt, zu dem im aktuellen Umfeld noch keine Fremdfinanzierung möglich ist. Das Risiko ist den Banken im Anschluss einfach zu hoch. Die verschiedenen Beschlüsse innerhalb der Finanzbranche der letzten Jahre zum Umgang mit Risiken haben hier den Wettbewerb ausgeschaltet. Wenn das Programm gemeinsam mit den Hausbanken und den Investoren optimiert, sprich an die Bedürfnisse der Hausbanken angepasst und deutschlandweit anwendbar wird, kann das Programm eine Erfolgsstory werden.
Eine Anfrage zur Übernahme der Risiken von Tiefengeothermieprojekten im Dezember beim bayerischen Finanzministerium wurde nach wenigen Tagen negativ beschieden. Kann die Regierung des Freistaates eine Energieerzeugungstechnologie, die den Standort Bayern sichert, vernachlässigen?
Ich bin der Überzeugung, dass die bayerische Staatsregierung die Tiefengeothermie in der aktuellen Legislaturperiode verstärkt unterstützen wird. Grundlage dafür ist allerdings, dass die Förderungen mit dem EU-Beihilferecht und dem Bundesbergrecht vereinbar sind. Ich gehe davon aus, dass eine dieser beiden Voraussetzungen bei der angesprochenen Anfrage nicht gegeben war.
Wie sollte die Branche mit der Absage umgehen?
Wichtig ist zunächst, dass die Branche eine einheitliche Position vertritt. Hier haben der Wirtschaftsforum Geothermie und auch der GtV-BV sicherlich eine zentrale Verantwortung. Aktuell bestehen allein im Molassebecken etwa 70 Erlaubnisfelder. Die dort von den Investoren für Versicherungsprämien und entsprechende Risikobudgets vorgesehenen Summen erreichen eine Größenordnung, die einen ersten Grundstock für eine brancheninterne Lösung bilden kann. Sobald hier ein durchdachtes und schlüssiges Konzept für die Lösung der drängendsten Probleme vorliegt - mir fallen hier die Themen Fündigkeitsrisiko und technisches Bohrrisiko ein - wird sich die Politik einer Beteiligung nicht verschließen können.
Wäre das eine Alternative zur KfW-Lösung oder eine Ergänzung?
Sowohl als auch. Bis zur Definition einer einheitlichen Erschließungsstrategie für den Malm ist die privatwirtschaftliche Versicherungswirtschaft evtuell zurückhaltend. Auf der anderen Seite sollten die aktuell bohrfertigen Projekte bis 2017 in Betrieb sein, um das Risiko der Degression zu vermeiden, wie sie im aktuellen Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vorgeschlagen wird. Ich bin der Meinung, dass eine brancheninterne Lösung am schnellsten umsetzbar ist.
Herr Richter, vielen Dank für das Interview.
Das Thema Fündigkeitsrisiko wird auch im Rahmen eines Forums bei der 10. Internationalen Geothermiekonferenz vom 14. bis 16. Mai 2014 diskutiert. Unter anderem werden auch Modelle zur Absicherung der Fündigkeitsrisikos in anderen Ländern vorgestellt.