Spannender Workshoptag beim Praxisforum Geothermie.Bayern 2023

11.10.2023 | Veranstaltungen | Rachel McRae

Am Nachmittag des 10. Oktobers begann das diesjährige Praxisforum Geothermie.Bayern mit zwei Workshops zu den Themen kommunale Wärmeversorgung und Förderpumpen für Geothermieanlagen. Etwa 40 Teilnehmer:innen verfolgten die Vorträge im Livestream und vor Ort.

Workshop I – Kommunale Wärmeversorgung

In Deutschland stellt die Wärmeversorgung mit über 50 Prozent den Hauptanteil des gesamten Endenergieverbrauchs dar und ist somit für einen Großteil des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Dabei werden bis heute noch immer etwa 80 Prozent der Wärme aus fossilen Brennstoffen wie Gas und Öl gewonnen. Um künftig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu überwinden und eine klimaneutrale Wärmewende zu meistern, gilt es in Form der kommunalen Wärmeplanung die vor Ort jeweils besten und kosteneffizientesten Wege einer klimafreundlichen Wärmeversorgung aufzuzeigen. Bundesweit sollen nun Kommunen mit über 100.000 Einwohner:innen bis zum 30. Juni 2026, sowie Kommunen mit unter 100.000 Einwohner:innen bis zum 30. Juni 2028 eine Wärmeplanung erstellen. Vier Referent:innen des Workshops I gingen auf die Herausforderungen einer solchen Wärmeplanung ein und erklärten auch welche Rolle die Tiefengeothermie hierbei einnehmen könne.

Den Auftakt des Workshops I machte Susanne Ochse (GEF Ingenieur AG) mit ihrem Vortrag „Entwicklung der Wärmeleitplanung“. Dabei gab sie Einsicht in die aktuelle kommunale Wärmeplanung der Stadt Freiburg. Bereits 2019 seien erste Schritte mit der Fernwärmestrategie unternommen worden, welche mit der Beauftragung des Masterplans Wärme Freiburg 2030 fortgeführt wurden. Zielführend sei es gewesen ein strategisches Instrument zu liefern, wie eine klimafreundliche Wärmeversorgung langfristig gewährleistet werden kann.

Im zweiten Vortrag berichtete Dr. Maik Günther von den Stadtwerken München über die Wärmeplanung in München, sowie die Rolle der Geothermie hierbei. Grundlage hierfür bietet das gebäudescharfe Datenmodell „Modell München“, welches anfangs als zentrales Planungswerkzeug durch die Stadtwerke München (SWM) genutzt wurde und daraufhin der Landeshauptstadt München für die Wärmeplanung zur Verfügung gestellt wurde. Auch der Transformationsplan Fernwärme, unter anderem aus Tiefer Geothermie, ist in die kommunale Wärmeplanung integriert. Dabei greift das Modell auf eine Vielzahl von Daten zurück und definiert zudem Fernwärme-Eignungsgebiete.

Michael Perkmann (Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel gKU) referierte über das EU-Förderprojekt Eneregio SOBOS (Südostbayern-Oberösterreich-Salzburg) der Europäischen Union, wobei das Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel federführend agiert. Bislang liegt keine detaillierte grenzüberschreitende Prüfung der Wärmequellen- und Wärmesenkenpotenziale vor. Somit verfolgt das Projekt die Vorsondierung verschiedener Potenziale, wie beispielsweise tiefengeothermische Wärmequellen, industrielle Abwärmequellen, sowie Wärmesenken in der Industrie und Raumwärme.

Zum Abschluss des ersten Workshops stellte Miriam Sepke-Vogt der Technischen Werke Schussenthal GmbH & Co. KG (TWS) Erfahrungsberichte der kommunalen Wärmeplanung der Städte Ravensburg und Weingarten vor. Entsprechend des Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg (KlimaG BW) sind die Städte Ravensburg und Weingarten verpflichtet bis Ende 2023 eine Kommunale Wärmeplanung (KWP) vorzulegen. Dabei beinhaltet die Wärmeplanung eine Bestandsanalyse, eine Potenzialanalyse, die Aufstellung eines Zielszenarios für eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Jahr 2040, sowie eine entsprechende Wärmewendestrategie, wie ein solcher Umbau gelingen kann. Dies soll Kommunen Entscheidungshilfen dienen, um künftig eine klimafreundliche Wärmeversorgung aller Gebäude zu gewährleisten.

Workshop II – Förderpumpen für Geothermieanlagen

Für die Erschließung und Förderung des heißen Tiefenwassers werden Förderpumpen benötigt, welche auch unter extremen Bedingungen effizient und zuverlässig arbeiten. Besonders die hohen Temperaturen, großen Tiefen und chemischen Zusammensetzungen der Tiefenwässer stellen Herausforderungen für den Pumpenbetrieb dar. Fünf Referenten zeigten neben den unterschiedlichen Herausforderungen auch neue Entwicklungen bei der Herstellung und dem Einsatz von Förderpumpen in Geothermieanlagen auf.

Frank Heipl (Stadtwerke München GmbH) eröffnete den zweiten Workshop mit einem Vortrag über die unterschiedlichen Pumpenstrategien der Stadtwerke München (SWM). Durch den Einsatz von Pumpen verschiedener Hersteller in einer Geothermieanlage können sowohl die Stadtwerke als auch Hersteller wichtige Erfahrungswerte zur Weiterentwicklung der Markttechnologie sammeln.  Gleichzeitig soll geprüft werden, ob eine Änderung der Förderstrategien den Einsatz anderer Technologien ermöglicht. Beispielsweise könne eine reduzierte Fördermenge gegebenenfalls den Einsatz von Gestängepumpen (LSP, Line Shaft Pump) in geringeren Einbautiefen gewährleisten.

Neben gemeinsamen F&E-Projekten mit der Industrie führen die SWM zudem „Peripherie“-Projekte durch. Hierbei werden Randfaktoren untersucht, welche Auswirkungen auf die Langlebigkeit von Pumpen haben. Ein weiteres wichtiges Standbein stellt darüber hinaus die politische Arbeit dar. Dabei soll zum einen die Genehmigungsfähigkeit künftig erleichtert und zum anderen ein Bewusstsein für den Handlungsbedarf geschaffen werden, da die Pumpen maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit der Geothermieanlage sind. Auch die Förderung für F&E-Projekte in der Geothermie soll künftig priorisiert und erleichtert werden.

Im Zweiten Vortrag referierte Dennis Duwe von Baker Hughes über Tauchkreiselpumpen (ESP, Electrical Submersible Pump) und deren Verwendung als Generator zur Stromerzeugung (ESG, Electrical Submersible Generator). Mithilfe zweier Feldversuche sei es gelungen die elektrische Leistung der ESG zu verbessern sowie infolge von Designänderungen die Laufzeit bei gleichbleibender Leistung zu optimieren.

Christian Scholz-Stahlhofen (Igatec GmbH) stellte im zweiten Teil des Workshops II die Gestängepumpen (LSP) des US-Unternehmens Ormat Technologies vor. Neben dem Betrieb von geothermischen Anlagen, vor allem in den USA und Kanada, entwickelt das Unternehmen zusätzlich Kraftwerkskomponenten, wie beispielsweise Förderpumpen. Mittlerweile setzt Ormat etwa 60 eigens hergestellte Pumpen in den eigenen Geothermie-Kraftwerken ein. Auch in Deutschland werden an zwei Standorten die sogenannten Ormat Production Pumps (OPP) genutzt. Die Förderpumpen weisen eine vielseitige Anwendung im geothermischen Betrieb auf und sind an die jeweiligen Gegebenheiten individuell angepasst.

Über die Anforderungen des geothermischen Betriebs an Tauchkreiselpumpen, die damit einhergehenden Herausforderungen und deren Optimierungspotenzial sprach Adam Waniek von Oil Dynamics. Neben der Erzeugung eines hohen Förderdrucks und der Mobilisierung eines hohen Fördervolumens, müssen die Tauchkreiselpumpen eine lange Nutzungsdauer und eine hohe Energieeffizienz aufweisen. Besonders der Einsatz in der Geothermie erfordert pumpentechnisch eine maßgeschneiderte Lösung, da sich die jeweiligen Bedingungen von geothermischen Anlagen unterscheiden. So können beispielsweise nicht nur die Bohrlochgeometrien und -tiefen variieren, sondern auch die Fördermedien, -höhen und -raten deutlich voneinander abweichen.

Im letzten Vortrag ging Jörg Baumgärtner der Firma Bestec auf die Innovationen von Gestängepumpen in der Geothermie ein. Besonderes Augenmerk galt der Wellenschmierung und anschließender Ölrückführung. Damit die für den Antrieb der Pumpe erforderliche Welle der hohen Umdrehungszahl standhalten kann, wird diese mithilfe von Öl geschmiert. Um eine Kontaminierung des Untergrunds zu vermeiden müssen die Öle wieder an die Oberfläche rückgeführt werden. Aktuell wird ein Öl-Rücksystem entwickelt, welches neben positiven umwelttechnischen Aspekten zudem Rückschlüsse über den Zustand der Pumpe ziehen lässt. Gleichzeitig können so Geld und Ressourcen eingespart werden, da das Öl wiederverwendet werden kann.

Als Abschluss des ersten Tages des Praxisforums Geothermie.Bayern hatten die Teilnehmer:innen und Referent:innen die Möglichkeit sich beim abendlichen Icebreaker-Event weiter auszutauschen.