SWM plant größtes Fernkältenetz Europas

12.08.2022 | Projekte | Rachel McRae
Bilfinger übernimmt Rohrleitungsbau

Bis Ende 2023 möchten die Stadtwerke München (SWM) in Zusammenarbeit mit dem Industriedienstleister Bilfinger das bislang größte Fernkältenetz Europas realisieren. Die Fernkälte soll dabei durch geothermische Wärme und Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden. Bis zu 70 Prozent des Stromverbrauchs könne so gegenüber dezentralen konventionellen Klimaanlagen eingespart werden.

In einer Pressemitteilung vom 9. August kündigten die Stadtwerke München (SWM) die Planung des bislang größten Fernkältenetzes innerhalb Europas an. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt verfügt die SWM über ein rund 22 Kilometer langes Fernkältenetz, welches künftig um 8 Kilometer wachsen und um eine eigene Fernkältezentrale mit 36 Megawatt Leistung ergänzt werden soll. Für die Fernkälteerzeugung solle geothermische Wärme sowie Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) genutzt werden.

Nach Angaben des Versorgers kann die nachhaltige Kälte ab Ende 2023 vom Energiestandort Süd in München-Sendling über die Isarvorstadt und Ludwigsvorstadt bis in die Innenstadt transportiert werden. Somit könne eine Vielzahl gewerblicher Abnehmer von der klimafreundlichen Kälte profitieren. Die SWM geht dabei von einer möglichen Kälteversorgung von über 100 Bürogebäuden im Stadtgebiet München aus. Darüber hinaus lässt sich durch die, auf Geothermie und KWK basierende, Kälte gegenüber konventionellen und dezentralen Klimaanlagen bis zu 70 Prozent des Stromverbrauchs einsparen. Damit einhergehend verringert sich auch der CO2-Fußabdruck.

Für den Rohrleitungsbau wurde der österreichische Industriedienstleister Bilfinger beauftragt. Die Dienstleistungen umfassen die Planung und Installation der Anlagenausrüstung, welche zahlreiche Armaturen, Pumpen und Wärmetauscher beinhaltet. Zudem wird Bilfinger die SWM künftig bei der Inbetriebnahme des Fernkältenetzes unterstützen.

Einbezug des Isarwerkkanals

„Neben der Fernwärme ist auch die Fernkälte ein wichtiger Faktor für die CO2-neutrale Energieversorgung unserer Stadt. Der Umweltnutzen dieses innovativen Kühlsystems ist hoch: Weil die Kälte zentral erzeugt wird und obendrein der Stadtbach als Kühlmittel aushilft, werden wertvolle Ressourcen geschont”, so Helge-Uve Braun, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke München.

Für die geplante Kältenetzzentrale wird die natürliche Kälte des Isarwerkkanals in München-Sendling genutzt. Da dies ein geschlossenes System darstellt, werden keine unmittelbaren Eingriffe in die Wasserökologie durchgeführt.

Prinzip Fernkälte

Das Prinzip der Fernkälte verläuft ähnlich wie bei der Fernwärme. Laut der Pressemitteilung wird am Energiestandort Süd 6 bis 10 Grad Celsius kaltes Wasser in das geplante Fernkältenetz eingespeist. Daraufhin nimmt der Wärmetauscher in den angeschlossenen Gebäuden die Energie aus der Gebäudeklimatisierung auf. Das nun erwärmte Wasser fließt daraufhin in einem geschlossenen Kreislauf an den Energiestandort Süd zurück. Dort wiederholt sich der Vorgang und das kalte Wasser strömt erneut zu den Anschlussgebäuden.

Positive städtebauliche Auswirkungen

Die klimaneutrale und nachhaltige Kälteerzeugung bietet darüber hinaus auch eine Vielzahl städtebaulicher Vorteile. Beispielsweise seien so weitere Kühlaggregate auf Dächern im innerstädtischen Bereich vermeidbar. Außerdem verbessere sich das Mikroklima in der Innenstadt, da die Fernkälte anders als konventionelle Kühleinrichtungen keine Emission von Abwärme erfordere. Somit könne nicht nur eine Gesamterwärmung Münchens vermieden werden, sondern zudem der wachsende Kältebedarf klimafreundlich gedeckt werden.

„Fernkälte ist eine innovative und energieeffiziente Klimatisierungslösung und damit ein Baustein, um die Energiewende voranzutreiben und die europäischen Energie- und Klimaziele zu erreichen“, erklärt Thomas Schulz, Group CEO von Bilfinger. „Mit dem Projekt für die Stadtwerke München konnten wir uns in dem stetig wachsenden Bereich der Fernkälte als zuverlässiger Anbieter von nachhaltigen Industriedienstleistungen etablieren.“

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