München baut auf geothermische Fernkälte statt stromfressenden Klimaanlagen

17.04.2020 | Marktentwicklung | Jochen Schneider

Die Stadtwerke München (SWM) treiben die Energiewende mit dem Ausbau von Fernkälte, die unter anderem mit geothermischer Wärme am Energiestandort Sendling erzeugt wird, über separate Leitungen in die Innenstadt voran.

Keine stromfressenden Klimaanlage auf dem Dach und trotzdem wohltemperierte Räume für Gewerbe, Handel und Wohnungen. Das ist das Ziel von M-Fernkälte, einem weiteren Energieprodukt der Stadtwerke München (SWM). Nach Angaben des Unternehmens steigt die Nachfrage und so bauen die SWM das Fernkältenetz in der Innenstadt weiter aus. Bisher versorgen drei Kältezentralen seit Jahren kontinuierlich das bestehende Fernkältenetz. Jetzt beginnen die Arbeiten für den Anschluss eines weiteren Erzeugungsstandorts: Ab Ende 2021 soll unter anderem mit Geothermie erzeugte Kälte vom Energiestandort Süd in Sendling durch die Isarvorstadt und Ludwigsvorstadt in die City strömen.

„Lange Leitung“ gegen die Wärmeglocke
In den Sommermonaten erwärmt sich gerade die Innenstadt deutlich. Ein Mittel dagegen ist Fernkälte. „Wir erzeugen die Fernkälte zentral und verteilen sie über Rohrleitungen an die Abnehmer", verdeutlicht Helge-Uve Braun, Technischer Geschäftsführer der SWM. "Erneuerbare Energien leisten einen erheblichen Beitrag zur Kälteerzeugung. Dadurch sinkt die CO2-Belastung deutlich. Zudem entfallen individuelle Klimaanlagen in den Gebäuden und deren Abwärme vor Ort. Damit wirkt die Fernkälte der sommerlichen Hitzeglocke über der Innenstadt sowie der Gesamterwärmung Münchens entgegen.“

Die Fernkältetrasse in die Innenstadt
Die rund 5 Kilometer lange Kälte-Transportleitung wird von der Schäftlarnstraße durch die Lagerhaus-, die Dreimühlen-, die Reifenstuelstraße und Thalkirchner Straße zur Zenettistraße verlaufen, weiter durch Tumblinger- und die Kapuzinerstraße zur Lindwurmstraße, via Kaiser-Ludwig-Platz durch die Herzog-Heinrich- und die Paul-Heyse-Straße zur Schwanthalerstraße und durch diese bis zum Anschluss ans Innenstadtnetz am Stachus.

Vorarbeiten laufen bereits seit Ende März an der Kreuzung Schwanthaler- und Goethestraße. In den Wochen nach Ostern beginnen die Hauptmaßnahmen. Die Verlegung der weiteren Leitungsabschnitte erfolgt dann schrittweise in den kommenden Monaten. Die gesamte Baumaßnahme soll bis Herbst 2021 abgeschlossen sein.

Helge-Uve Braun: „Die Fernkälte-Arbeiten werden mit den vielen anderen Baumaßnahmen in der Stadt abgestimmt durchgeführt. Deshalb gelten hier herausfordernde Zeitpläne. Dazu kommt, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die Baubranche erreicht haben. Es kann hier also teils zu Verzögerungen kommen, die eine Neuplanung der Abläufe und der Bauzeiten notwendig machen. Wir wissen, dass Baustellen Einschränkungen für Anwohner, Gewerbetreibende und Autofahrende mit sich bringen. Wir versuchen, durch vorausschauende Planung und möglichst flexible Durchführung, diese so gering wie möglich zu halten. Vor dem Hintergrund des erheblichen positiven Klimaeffekts der Fernkälte für alle Münchnerinnen und Münchner bitten wir um Verständnis für die temporären Auswirkungen.“

Fernkälte ist gefragt
Schon mehr als 60 Hotels, Bürogebäude und Warenhäuser allein in der Innenstadt werden von den SWM mit klimafreundlicher M-Fernkälte versorgt, der Anschluss von rund 60 weiteren Immobilien ist bereits in der Projektierung. Das Innenstadtnetz ist aktuell gut 12 Kilometer lang und wächst jedes Jahr weiter. Hier wird in bislang drei Fernkältezentralen die natürliche Energie des unterirdisch fließenden Westlichen Stadtgrabenbachs genutzt – im Winter ausschließlich, sonst unterstützt von Kompressionskältemaschinen. Die Nutzung des kalten Bachwassers ermöglicht hier die Energieeinsparung gegenüber individuellen Kälteanlagen von rund 70 Prozent.

Energiestandort Süd: Hier wird Wärme auch zu Fernkälte
Am Energiestandort Süd erzeugen die SWM bislang Strom und Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Helge-Uve Braun: „Im Heizkraftwerk Süd erzeugen unsere erdgasbetriebenen Turbinen Strom, die heiße Abwärme wird in Fernwärme umgewandelt.“ Zur Heizsaison 2021 wird die Wärmeerzeugung durch Deutschlands bislang größte Geothermieanlage unterstützt, die die SWM derzeit direkt daneben an der Schäftlarnstraße errichten. Sie wird Fernwärme für mehr als 80.000 Münchnerinnen und Münchner erzeugen.

Am Energiestandort Süd wird die vorhandene Wärme aus Geothermie und KWK aber auch zur Fernkälteerzeugung genutzt. In Absorptionskältemaschinen wird die vorhandene Wärme in Fernkälte umgewandelt und über die neu entstehende Transportleitung den Kundinnen und Kunden entlang der Trasse sowie in der Innenstadt zur Verfügung gestellt.

Quelle:

SWM

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