Von Oktober bis Dezember 2018 haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GeoZentrums Nordbayern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) mit Vibrationsfahrzeugen den Untergrund in Franken auf einer Fläche von etwa 4.000 Quadratkilometern untersucht. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
„Wir haben insgesamt 100 Gigabyte geologischer Daten ausgewertet und verfügen jetzt über ein vollständig neues Bild des Untergrundes in Franken“, erläutert Projektleiter Dr. Wolfgang Bauer. „Dieses erklärt vieles, was bisher mangels Daten nicht verstanden wurde.“ Ausgangspunkt für die Untersuchungen war eine sogenannte Wärmeanomalie zwischen Bamberg und Coburg. Bohrungen in den 1970er Jahren hatten in 1.300 und 1.600 Metern Tiefe deutlich höhere Temperaturen aufgefunden, als zu erwarten gewesen wäre.
Vibro-Trucks liefern eine Kartographie des Untergrunds.
Aufschluss über die Beschaffenheit des Untergrundes in bis zu 6.000 Metern Tiefe und damit auch Erklärungen für die Wärmeanomalie sollte eine groß angelegte 2D-Seismik-Kampagne geben. Neben den generellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Beschaffenheit des Untergrundes war es auch von Interesse, die konkreten Nutzungsmöglichkeiten für die Geothermie im Norden Bayerns zu untersuchen. Projektträger ist der Lehrstuhl für Geologie am GeoZentrum Nordbayern.
Von Oktober bis Dezember 2018 haben seismische Messfahrzeuge vier Messlinien von insgesamt 230 Kilometern Länge befahren. An 2.311 Messpunkten schickten die absenkbaren Stahlplatten am Boden der Fahrzeuge für ca. 16 Sekunden Vibrationen in den Untergrund, die an geologischen Schichtgrenzen reflektiert und an der Oberfläche von Geophonen wieder aufgenommen wurden. Diese aufgenommenen Reflexionen geben Aufschlüsse über die geologische Struktur des Untergrundes. Die wissenschaftliche Auswertung der erzeugten Daten von rund 100 Gigabyte erforderte ein Jahr intensiver Arbeit.
Störungszonen und Granitkörper
Nun stehen erstmals Profilschnitte durch die Erdschichten zur Verfügung, die eine neue Interpretation des Untergrundes in Franken ermöglichen. „Viele der geologischen Störungen sind durch Aufschiebungen im Vorland einer Gebirgsfront, der sogenannten Fränkischen Linie, erklärbar“, beschreibt Bauer die wahrscheinlich in der Kreidezeit erfolgten Erdbewegungen. Im südöstlichen Teil des Landkreises Haßberge wurde zudem ein großer Granitkörper gefunden, welcher sich in der Nähe des Zentrums der Wärmeanomalie befindet.
„Vollständig erklären können unsere bisherigen Befunde die Wärmeanomalie nicht“, so Projektleiter Bauer. „Die Daten bilden jedoch einen guten Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen.“ Diese werden derzeit bereits geplant. So ist vorgesehen, mit einer verdichteten 3D-Gravimetrie den Granitkörper näher zu untersuchen. Einerseits soll seine Ausdehnung erfasst werden, andererseits geht es darum, Bruchzonen innerhalb des Granits zu finden, die möglicherweise wasserdurchlässig sind. Auch in den kreidezeitlichen Aufschiebungen parallel zur Fränkischen Linie ist nicht auszuschließen, dass die Wärmeanomalie aus heißen Tiefengewässern stammt. „Sicher können wir das jedoch noch nicht sagen“, fügt der Projektleiter hinzu. „Weitere Untersuchungen sind daher notwendig und es bedarf hier auch einer oder mehrerer Probebohrungen.“
Geothermisches Potenzial vorhanden
„Der Bedarf an erneuerbarer Wärme ist auch in Franken groß“, erklärt Dr. Wolfgang Bauer den Fokus weiterer Forschungen. „Wir werden im nächsten Jahr zusammen mit der Universität Bayreuth eine Studie durchführen, die den Wärmebedarf über Tage und das geothermische Potenzial unter Tage miteinander vergleicht, um besonders geeignete Standorte für weitere Untersuchungen zu identifizieren.“
Grundsätzlich bestehe auf kommunaler Seite und auch aus der Privatwirtschaft Interesse an den Untersuchungen sowie der Nutzung der Tiefengeothermie. „Preiswerte Energie war schon immer ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Geothermie ist grundlastfähig, regenerativ und klimafreundlich.“
Positive Rückmeldung aus der Bevölkerung
Die Bevölkerung in den betroffenen sechs Landkreisen war den Messungen gegenüber ausgesprochen aufgeschlossen. Es gab keinerlei Proteste und auch nur geringfügige Schäden, wie etwa tiefe Spurrillen durch die Messfahrzeuge in vom Regen aufgeweichten Forststraßen. Alle Schäden wurden nach Abschluss der Messarbeiten unverzüglich wieder instand gesetzt.
„Die positive Resonanz in der Bevölkerung führe ich auch auf unsere Öffentlichkeitsarbeit zusammen mit Enerchange zurück“, resümiert Projektleiter Bauer. „In allen der sechs Landkreise wurden Politik, Behörden und Öffentlichkeit vor Beginn der Messungen informiert und es fand eine gute Zusammenarbeit statt. Zudem wurde eine Website eingerichtet, welche über Absicht und Fortschritt der Messungen informierte.“