Gastland des IGC Forums 2016 war die Türkei, derzeit geothermischer Hotspot in Europa. Mit Ausgaben von mehr als 50 Milliarden US Dollar im Jahr 2012 für fossile Energieimporte will die Türkei sich durch den steigenden Ausbau der Erneuerbare-Energie-Branche zunehmend unabhängig von ihren Nachbarländern machen. Sowohl die gesetzlich geregelten Einspeisetarife als auch die schnelle Verfügbarkeit von 37 landeseigenen Bohranlagen und die deutliche Entwicklung in der Turbinenherstellung forciert den Erfolg der Tiefen Geothermie in der Türkei. Die günstigen geologischen Voraussetzungen erlauben sowohl den Einsatz verschiedener Flashprozesse als auch von ORC-Anlagen. Jedoch bietet der teilweise lückenhafte Ausbau des Stromnetzes und der Infrastruktur Reibungspunkte in der Projektentwicklung.
Das Forum zu den neuen Bohrtechnologien verdeutlichte, dass die Erschließung von Festgesteins-Reservoiren sowohl von dem Kostendruck als auch durch die fehlende standardisierte Technologie limitiert wird. Die Neuentwicklung von schmelzproduzieren Bohrverfahren des Flame-Jet-Drilling der ETH Zürich und des Elektro-Impuls-Verfahrens TU Dresden wurden bereits erfolgreich getestet und werden demnächst onsite in realen Projekten auf ihre Belastbarkeit geprüft. Das wassergeführte Laser-Jet-Drilling-Verfahren des Geozentrums Bochum bewies bereits seine Machbarkeit in der ersten Testung. Für die nahe Zukunft werden jedoch voll automatisierte Bohranlagen die Technologieentwicklung voranbringen. Neben einer Standardisierung erfordern sie eine völlig neue Konzeption in Zusammenarbeit mit Service Firmen, Bohrkontraktoren und Betreibern.
Betriebserfahrungen liefern die Basis für eine innovative Weiterentwicklung von neuen Projekten, zeigte das Forum über Internationale Projekte. Die Vorträge zeigten die erfolgreiche Weiterentwicklung in der Erschließung der Fernwärmeanlage München-Freiham der Stadtwerke München, das innovative Biomasse- und Geothermie-gekoppelte italienische Hybrid Kraftwerk Cornia 2 in der Toskana von Enel, Wellhead-Plants von Grenn Energy als Alternative für wirtschaftlich unterentwickelte Länder in Afrika, technische Feinheiten zur Erschließung von Niedertemperatur-Reservoiren unter 60 Grad Celsius im Pariser Becken vorgestellt von Engie, die neuen Modellierungen der EGS-Reservoire von Electricité de Strasbourg im französischen Illkirch und Rittershofen im Vergleich mit den Erfahrungen des Projektes in Soultz-sous-Forêts sowie die seismischen Ereignisse im Schweizer Projekt Sankt Gallen vorstellt durch die Stadtwerke St. Gallen. Diese Präsentationen verdeutlichten, wie wichtig es ist, Ergebnisse von Projektentwicklungen detailliert und differenziert auszuwerten, um Qualität zu sichern, Fehler zu vermeiden und die Effizienz von Anlagen unter Kostenminimierung voranzutreiben.
Mit abschließenden Betrachtungen zur Anwendung von neuen Methoden zur Exploration und damit zur Risikominimierung endete das IGC Forum am Nachmittag des 25. Februar 2016. Der Einsatz von kostengünstigeren Slim Hole Wells in der Exploration ermöglicht petrologische und hydrochemische Untersuchungen des Untergrunds zur Reservoir-Charakterisierung und damit vertiefende Einblicke die die. Wie wichtig Stressfeldanalysen zur Bestimmung von Störungssystemen und damit zur Anbindung an wasserführende Störungszonen sind, zeigten Modellierungen von Projekten aus Süddeutschland und der Schweiz. Sie minimieren das Fündigkeitsrisiko deutlich, ebenso wie der mittlerweile standardisierte Einsatz von 3D-Seismik in Kombination mit gravimetrischen Untersuchungen. Besonders die von Versicherungen geforderten POS-Studien benötigen eine gesicherte und fundierte Datenlage, die ggf. über Aufschlussanalogien mit übertragender Tiefenmodellierung erstellt werden könnten. Engagierte Diskussionen über die Notwendigkeit von privatwirtschaftlichen Versicherungslösungen sowie das Ungleichgewicht in der Datenlage zwischen Projektentwicklern und Versicherungskonzernen zeigten, wie wichtig es ist, zukünftig über ein Datensharing bzw. deren Freigabe nach einer bestimmten Zeit nachzudenken, wie es beispielsweise bereits in den Niederlanden oder der Schweiz angewandt wird.
Der Workshop-Charakter der einzelnen Spezialforen auf der diesjährigen IGC-Forum hat verdeutlicht, wie wichtig intensiver Erfahrungsaustausch mit konstruktiven Diskussionsmöglichkeiten für die Branche ist, ein Format, das großangelegte Tagungen nicht bieten können. Diese Nische wird das IGC Forum auch wieder nächstes Jahr belegen, am 14. Und 15. Februar 2017 in Offenburg, im Vorfeld der GeoTHERM expo & congress.