Erste Erdwärmeanlage mit geschlossenem Kreislauf in Ungarn errichtet

07.04.2021 | Anlagentechnik | Karin Jehle
WeHEAT - schematische Darstellung

Das ungarische Unternehmen MS Energy Solutions installiert mit seiner WeHEAT-Technologie die erste geothermische Wärmeanlage an einer stillgelegten Ölquelle.

Wie unser Partnerportal ThinkGeoEnergy berichtete, gab die ungarische Firma MS Energy Solutions bekannt, dass sie Ungarns erste geothermische Wärmekraftanlage mit geschlossenem Kreislauf an einem aus der Öl- und Gasförderung stammenden Bohrloch errichtet hat.

Die Bohrung in Kiskunhalas (Ungarn) stammt aus den 1960er Jahren. Statt Öl und Gas soll sie nun mit 0,5 Megawatt Leistung Wärme bereitstellen. Beispielsweise sei das ausreichend für die Beheizung eines Gebäudekomplexes mit einer Grundfläche von etwa 20 bis 30.000 Quadratmetern oder für Gewächshäuser mit einer Fläche von 1 bis 1,5 Hektar.

Technologischer Durchbruch nach vier Jahren Entwicklung

Das mit Unterstützung des ungarischen Nationalen Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsfonds durchgeführte Projekt gilt als technologischer Durchbruch. Fast 9.000 nicht mehr genutzte tiefe Bohrlöcher gibt es derzeit in Ungarn, von denen die meisten technisch für die Implementierung dieser Technologie geeignet seien.

Nach vierjähriger Entwicklungszeit präsentieren die Ingenieure von MS Energy Solutions nun das System WeHEAT (Wells for Heat Exchanging. Advanced Technology). Der geschlossene Kreislauf ermöglicht es, aus stillgelegten oder nicht-fündigen Tiefbohrungen Wärme zu gewinnen, ohne dabei das Formationswasser aus der Tiefe fördern zu müssen.

Es sei ein zu 100 Prozent „grünes“ System zur Erzeugung erneuerbarer Energie, frei von jeglichen Emissionen und erreiche einen Wirkungsgrad von 96 Prozent, wenn es direkt zum Heizen verwendet werde. Der Betrieb benötige keine Energie aus fossilen Brennstoffen und der Lebenszyklus erstrecke sich über Generationen menschlichen Lebens.

Keine Wasserentnahme erforderlich, weniger Risiken, niedrigere Kosten

Nahezu fast alle aktuell genutzten geothermische Technologien basieren auf der Wassergewinnung, bei der Formationswasser als Arbeitsmedium verwendet wird. Dies beinhaltet zwar eine signifikante höhere Enthalpie, bringt aber auch Probleme mit sich: Mangelnde Sorgfalt bei den Wasseraufbereitungsprozessen, Produktionssysteme ohne Reinjektion, die Einleitung von unzureichend aufbereitetem Wasser in Oberflächengewässer sowie gelegentlich die Freisetzung von Hilfsgasen (Methan, Kohlendioxid) können erhebliche Schäden an den betroffenen Ökosystemen verursachen. Eine ordnungsgemäße Wasseraufbereitung ist hingegen ein wesentlicher Ausgabenposten bei den wirtschaftlichen Berechnungen solcher Projekte.

Die von MS Energy Solutions Ltd. entwickelte WeHEAT-Technologie erfordert dagegen wegen des vollständig geschlossenen Kreislaufs keine Wasserentnahme. Zwar kann WeHEAT weniger Energie als ein herkömmliches geothermisches System fördern, es ist nach Angaben von MS Energy Solutions jedoch weitaus vorhersehbarer, risikoärmer und auch deutlich kostengünstiger. Die Firma spricht von Kosten, die im Vergleich mit anderen Geothermieprojekten lediglich zehn Prozent betragen sollen.
 
Die Entwicklung der neuen Technologie werde sowohl dem Geothermiesektor als auch der Kohlenwasserstoffindustrie große Vorteile bringen. Denn es gibt zahlreiche Stellen, an denen gute Schichten mit heißem Formationswasser nicht zugänglich sind. Die Wiederverwendung von bereits niedergebrachten und bezahlten Bohrlöchern, die aber „trocken“ und damit nicht nutzbar sind, könnte eine sinnvolle Investition für ein durchschnittliches inländisches landwirtschaftliches oder industrielles Unternehmen darstellen.