Um diesen interessanten Fragen auf den Grund zu gehen, sammelt das INSIDE-Projektteam mit teils erstmalig hierfür eingesetzter Technik umfangreiche Daten über die Vorgänge in der südbayrischen Molasse. Das Ziel des Forschungsprojektes ist es, mehr über induzierte Mikroseismizität und Bodendeformation im Untergrund des Münchner Raums zu erfahren. Die gewonnenen Erkenntnisse über die geologischen und geomechanischen Gegebenheiten sollen dann die Grundlage bilden, damit zukünftige Geothermieprojekte und -anlagen noch besser geplant und betrieben werden können.
Ein wichtiger Meilenstein wurde jetzt erreicht
Ein Forschungs-Ort ist die Geothermieanlage der SWM am Energiestandort Süd. Hier horchen die Fachleute tief ins Erdinnere. Katja Thiemann, Geophysikerin und INSIDE-Projektleiterin bei den SWM, erläutert: Die Geothermieanlage in der Schäftlarnstraße läuft aktuell im Erprobungsbetrieb. Schon 2020, während der Bauphase haben wir in einer 3.750 Meter langen Bohrung sowie in der zementierten Verrohrung einer weiteren Bohrung bis in über 700 Meter Tiefe Glasfaserkabel verlegt. Damit ist uns die permanente Datenübertragung und – auswertung aus diesen Bohrungen gelungen – eine Premiere bei der Messmethodik, die in Fachkreisen für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat.
Die Messmethodik ermöglicht kontinuierliche akustische Messungen in Echtzeit über die gesamte Länge des Glasfaserkabels. Die seismische Überwachung basiert auf der sogenannten „Distributed Acoustic Sensing“ (DAS)-Technologie. Die DAS-Daten werden einmal pro Stunde aus den Bohrungen in die SWM Cloud übertragen. Somit kann nahezu in Echtzeit ins Thermalwasser-Reservoir gehorcht werden. Ereignisse, die aus der gewohnten Frequenz rausfallen, können dann auf ihre Ursache und Dauer untersucht werden.
Die Analyse übernimmt das Karlsruher Institut für Technologie. Geophysiker, Jérôme Azzola, vom KIT erläutert: „Die gewonnenen Daten tragen zu unserem umfassenden Monitoringkonzept bei. Zu den Zielen gehört es, das Reservoir-Verhalten besser zu erfassen und schließlich auch am Computer simulieren zu können.“
Ein weiterer Forschungs-Ort ist die Reinjektionsbohrung Th3 in Pullach. Hier wurden umfangreiche Bohrlochmessungen vorgenommen. Peter Goblirsch, INSIDE-Projektleiter auf IEP-Seite: „Mit den Ergebnissen der VSP-Messung (Vertikales Seismisches Profil) konnten die geologischen Modelle im Münchner Süden maßgeblich verfeinert werden. Das Monitoringnetz ermöglicht uns einen kontinuierlichen Einblick in den Untergrund und erlaubt eine nachhaltigere Bewirtschaftung.“
Neben den Einblicken ins Erdinnere begeben sich die Experten des Forschungsprojektes auch in die Vogelperspektive. So werden mehrere seismische und geodätische Messstationen an der Oberfläche errichtet, die das bestehende Überwachungsnetz weiter verdichten. Die geodätischen Stationen kommunizieren wiederum mit Satelliten. Auf diese Weise lassen sich über die dreidimensionale Abbildungen Bodenveränderungen im Laufe der Zeit verfolgen.
„Von den Forschungserkenntnissen profitieren alle Anlagenbetreiber sowie die Menschen in München und der Region. Denn die Tiefengeothermie als regionale Ökoenergie ist eine Schlüsseltechnik auf unserem Weg in die CO2-neutrale Energiezukunft“, so Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer.
Ein aktueller Film veranschaulicht den jetzt erreichten Meilenstein im Forschungsprojekt INSIDE. Weitere Meilensteine sind auf der Projekthomepage veröffentlicht.
Das Kürzel INSIDE steht für „Untersuchung von Induzierter Seismizität & Bodendeformation als Interferenzaspekte beim Betrieb von Geothermieanlagen im bayrischen Molassebecken“. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, vertreten durch die Projektträger Jülich GmbH (PtJ), gefördert. Es läuft bis August 2023.